Kommission plant einheitliche Definition des Begriffs „Bodengesundheit“ - Festlegung eines Überwachungsrahmens. (c) proplanta
Dazu enthält der Vorschlag eine Definition des Begriffs „Bodengesundheit“. Geplant ist es, einen Überwachungsrahmen festzulegen. Gleichzeitig sollen Regeln für eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung und die Sanierung kontaminierter Standorte festgeschrieben werden.
Dem Kommissionsvorschlag zufolge sollen die Mitgliedstaaten zunächst den Gesundheitszustand aller Böden in ihrem Hoheitsgebiet bewerten und anschließend überwachen. Ausgehend von den Bodenuntersuchungsergebnissen sollen die Behörden und Landbesitzer gegebenenfalls Maßnahmen zur Verbesserung der Bodenqualität ergreifen. Laut der Brüsseler Behörde geht es dabei unter anderem um die Art und Weise der landwirtschaftlichen Praktiken.
Genannt werden unter anderem die Stichworte Anbaudiversifizierung, Präzisionslandwirtschaft und Pflanzenentwicklung. Die Kommission zeigt sich überzeugt, dass mit diesem Vorgehen die Landwirte wirkungsvoll dabei unterstützt werden, die Fruchtbarkeit der von ihnen bewirtschafteten Böden und damit auch die Erträge zu erhalten beziehungsweise zu steigern. Überdies werde der Wasser- und Nährstoffverbrauch minimiert.
Die Bodendaten werden laut der EU-Behörde auch eine bessere Analyse von Trends hinsichtlich Dürren, Wasserrückhalt und Erosion ermöglichen. Dies werde auch die Prävention und das Management von Katastrophen verbessern, heißt es in dem Vorschlag.
Bis zu 70 Prozent der Böden ungesund?
Nach Angaben der Kommission befinden sich aktuell etwa 60 % bis 70 % aller Böden in der EU in einem „ungesunden“ Zustand. Überdies würden sich die Degradationsprozesse weiter fortsetzen. Die Brüsseler Behörde rechtfertigt den EU-weiten Ansatz damit, dass die Ursachen dafür und die Folgen über die Ländergrenzen hinausgehen.
Auch müssten die daraus resultierenden Risiken für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Klima, die Ernährungssicherheit und die Wasserqualität koordiniert angegangen werden. Der aktuelle Richtlinienvorschlag ist der zweite Versuch Brüssels, einen EU-Rahmen zum Bodenschutz zu setzen. Die Kompetenz liegt hier eigentlich bei den Mitgliedstaaten.
Vor rund einem Jahrzehnt war ein geplanter Vorschlag der Kommission für ein EU-Bodenschutzregelung bereits im Vorfeld am vehementen Widerstand einiger Mitgliedsländer gescheitert, darunter Deutschland. Was Berlin angeht, kann die Kommission diesmal mit Unterstützung rechnen. Im Koalitionsvertrag der Ampel heißt es: „Auf EU-Ebene werden wir uns für einen verbesserten Schutz der Böden und verbindliche Regelungen einsetzen.“
Kein zusätzlicher Nutzen
Wenig zufrieden mit den Ideen aus Brüssel zeigte sich der Deutsche Bauernverband (DBV). Wer es mit dem Bodenschutz ernst meine, müsse zuallererst den Flächenfraß wirksam reduzieren, kommentierte DBV-Präsident, Joachim Rukwied die von der Kommission vorgestellten Pläne. Allein in Deutschland würden im Durchschnitt immer noch rund 55 ha pro Tag für Siedlungen, Gewerbegebiete und Straßen in Anspruch genommen.
Diese Flächen gingen für die Natur und die Erzeugung von Nahrungsmitteln dauerhaft verloren. „Der Kommissionvorschlag sieht hierfür jedoch keine konkreten Instrumente zur Reduktion vor und regelt daher vollkommen an den Erfordernissen vorbei“, beklagte Rukwied. Laut dem DBV-Präsidenten müssen die landwirtschaftlichen Böden nicht vor den Bauern, sondern vor Umnutzung, Überbauung und Versiegelung für Siedlungen und Verkehrsflächen geschützt werden.
„Der Erhalt fruchtbarer Böden ist unsere Existenz- und Arbeitsgrundlage und liegt im fundamentalen Eigeninteresse von uns Landwirten und Grundeigentümern“, stellte der Bauernpräsident klar. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass der Schutz der Böden bereits jetzt über eine Vielzahl von europäischen und nationalen Regelungen geregelt sei. Die Vorschläge der Kommission für ein Bodenüberwachungsgesetz führten daher nur zu bürokratischen Doppelregelungen ohne echten zusätzlichen Nutzen.
Rechtstatus für Böden wichtig
Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) begrüßten im Grundsatz die Initiative der Kommission für mehr Bodenschutz. Aber auch sie kritisierten, dass das Thema Flächeninanspruchnahme nur unzureichend in den Vorschlägen behandelt werde. „Es ist bedauerlich, dass die Rechtsvorschrift keine strengen Zielvorgaben für die Mitgliedstaaten enthält, um den ständigen Entzug von land- und forstwirtschaftlichen Flächen durch Flächenverbrauch und Bodenversiegelung sicherzustellen“, erklärten COPA und COGECA.
Positiv bewertete der Europäische Düngemittelverband (Fertilizers Europe) die Brüsseler Vorschläge. „Der Vorschlag der Kommission erkennt die entscheidende Rolle an, die gesunde Böden bei Europas Bemühungen um Ernährungssicherheit spielen“, erklärt dessen Generaldirektor Antoine Hoxha. Die Verleihung eines Rechtsstatus für Böden sei ein wichtiger Schritt zur Verringerung der Nährstoffverluste in die Umwelt.
Weit mehr als Produktionsgrundlage
Kritisch gegenüber der geplanten Richtlinie zeigte sich der Agrarsprecher der Grünen/EFA im Europaparlament, Martin Häusling. Ohne einen Fahrplan und rechtsverbindliche Ziele bleibe unklar, wie die Kommission das Ziel gesunder Böden bis 2050 erreichen wolle. Auch Häusling monierte, dass es keine Zielvorgabe für eine Eindämmung des Flächenverbrauchs gebe. Jedes Jahr führe die Bodenversiegelung in der EU zum Verlust von mehr als 100.000 ha produktiver Flächen.
Die Denkfabrik Farm Europe kritisierte indes, dass die Verschmutzung der Böden durch Mikroplastik im Vorschlag der Brüsseler Behörde nicht aufgegriffen worden sei. Dabei bestünden aber gerade bei diesem Thema besonders große Sorgen. Auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) sieht Nachbesserungsbedarf. Laut Präsident Jörg-Andreas Krüger startet der Entwurf mit einer „Fehleinschätzung“.
Der Kommission warf er vor, Boden vor allem als eine geologische Gesteinsschicht zu behandeln, die sich durch das richtige Maß an Bearbeitung, Düngung und Pestizide beherrschen ließe. „Die elementare Bedeutung der Bodenbiodiversität für Humusaufbau, Bodenfruchtbarkeit, Wasserspeicherkapazität und damit für die Ernährungssicherung werden vernachlässigt“, monierte Krüger. Böden seien aber weit mehr als eine Produktionsgrundlage.