Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
16.03.2010 | 17:07 | Landesbauerntag  

Balance zwischen Marktausrichtung und Anforderungen der Gesellschaft wahren

Güstrow - Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommerns, Dr. Till Backhaus zog auf dem heutigen Landesbauerntag in Güstrow eine "eher durchwachsene" Bilanz für den Berufsstand.

Dr. Till Backhaus
Dr. Till Backhaus (c) LU MV / A. Lindenbeck

"Die Einkommen der meisten Landwirte sind im Vergleich zu den Vorjahren trotz guter Erträge und Leistungen dramatisch gesunken. Allein die Milchbauern haben in Deutschland durchschnittlich 45 Prozent weniger Einkommen erzielt, als im Jahr zuvor. Die Finanzkrise hat die Realwirtschaft und damit auch die Landwirtschaft erreicht", erklärte der Minister und verwies auf die von Bundes- und Landesregierung eingeleiteten Hilfsmaßnahmen. "Ich denke insbesondere an die Konjunkturpakete und die Förderprogramme zur ländlichen Entwicklung, die nicht zuletzt durch unser Ressort im Land umgesetzt werden", so Backhaus.

Angesichts der Krise gelte es für die Landwirtschaft die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Weichen entsprechend zu stellen. Deshalb sei es wichtig, rechtzeitig und eindeutig Position zu beziehen, wie die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in Europa nach 2013 aussehen soll.

"Uns allen ist klar, dass die Gemeinsame Agrarpolitik vor einer weiteren Reform steht, von der wir momentan nicht wissen, wie sie im Detail aussehen wird. Mit Sicherheit wird es aber zu einer Absenkung des EU-Agrarhaushaltes insgesamt kommen." Über die Wege und Konzepte gebe es eine große Meinungsvielfalt in den 27 Mitgliedsstaaten.

"Meiner Meinung nach muss mit der GAP auch nach 2013 eine Balance zwischen gesellschaftlichen Anliegen, Entwicklung ländlicher Regionen und Marktausrichtung der Landwirtschaft gewahrt werden. Sie muss den Zielkonflikt zwischen einer fortschreitenden internationalen Marktöffnung einerseits und hohen gesellschaftlichen Anforderungen andererseits ausgleichen. Eine Fortführung dieser Agrarpolitik erfordert daher weiterhin eine ausreichende Finanzierung der GAP bei Aufrechterhaltung beider Säulen!"

Bund und Länder hätten sich mehrheitlich darauf verständigt, in Brüssel zunächst eine Verteidigungsposition des status quo im Interesse der deutschen Landwirte einzunehmen. "Doch wer den Landwirten vorgaukelt, es werde alles so bleiben wie es ist, handelt grob fahrlässig", so der Minister.

"Ich bin der Auffassung, dass sich Deutschland aktiv in die Diskussionen einbringen sollte. Direktzahlungen sind mittelfristig noch unverzichtbar. Sie machen derzeit 40 - 65 Prozent des landwirtschaftlichen Einkommens aus. Würden sie abrupt abgeschafft oder sofort übermäßig reduziert, wäre das das wirtschaftliche Aus für eine Vielzahl von Betrieben. Aber wir müssen schrittweise von dem hohen Niveau der direkten Stützung wegkommen. Der Markt muss stärker die Funktion der Preisbildung übernehmen", so der Minister. 

Er schlägt ein  Stufenmodell vor, das zukunftweisend und mehrheitsfähig in Europa sei. Es bestehe

  • in der ersten Stufe aus einem europaweit einheitlichen Sockelbetrag, der bis spätestens 2020 Europa weit angestrebt werden sollte. Diese Grundvergütung wird für Leistungen gewährt, welche die europäische Landwirtschaft vom Weltmarkt abheben.
  • In der zweiten Stufe können definierte Leistungen aus einem Leistungskatalog der EU, insbesondere für regionale Besonderheiten, für das Krisenmanagement, für den Ausgleich standörtlicher Benachteiligungen in den Mitgliedsstaaten ausgewählt werden.
  • Die dritte Stufe beinhaltet regionale Ansätze einer integrierten ländlichen Entwicklung.

Die Position Mecklenburg-Vorpommerns decke sich in vielen Punkten mit dem Standpunkt von Bund und Ländern und der Beschlusslage der AMK.

"Dennoch ist, wie bei jedem bisherigen Reformschritt davon auszugehen, dass es Verteilungskämpfe und harte Diskussionen auch zwischen den Bundesländern geben wird, je näher der Tag der Entscheidung rückt", so der Minister und fasste nochmals seine grundlegenden Positionen zusammen:

  1. Nur eine zukunftsfähige Gemeinsame Agrarpolitik stärkt die Wettbewerbsposition der Landwirtein EuropaDie GAP wird umso zukunftssicherer, je besser es gelingt, sie zu einer Politik für die integrierte Entwicklung ländlicher Räume umzubauen. Eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft bleibt dabei ein Kernbestandteil.
  2. Auch nach 2013 sollte es zwei Säulen der GAP geben. Wichtig ist: die vollständig entkoppelten Direktzahlungen auf angemessenem Niveau  erhalten.
  3. Angleichung des Direktzahlungsniveaus in Europa auf regionaler und  nationaler Ebene langfristig anstreben (Ziel 2020). Das ist wichtig, um Mehrheiten in Europa zu finden.
  4. Die Höhe und Verteilung der Direktzahlungen bedürfen einer nachvollziehbaren gesellschaftlich akzeptierten Legitimierung und klarem Leistungsbezug!
  5. Die zweite Säule sollte als Instrument der integrierten ländlichen Entwicklung weiter ausgebaut und finanziell gestärkt werden. Die strikte Vorgabe von Schwerpunkten mit jeweiligen Mindestanteilen sollte entfallen. Die Regionen können besser entscheiden, wie sie den Mitteleinsatz am sinnvollsten strukturieren.
  6. Den Herausforderungen des Klimawandels für die Landwirtschaft und des demografischen Wandels in den ländlichen Räumen sollte über die GAP insgesamt stärker Rechnung getragen werden.

"Die Landwirte müssen sich zukünftig noch viel mehr als heute den schnell wechselnden Bedingungen des Marktes stellen und ihre wirtschaftliche Stellung als oftmals einzig potentes Unternehmen in der Gemeinde auch als Dienstleister in den ländlichen Räumen verstehen! Wettbewerbsfähige Landwirtschaftsbetriebe und vitale ländliche Räume sind aus Sicht der Landesregierung  Mecklenburg-Vorpommern zwei gleichrangige Ziele, die mit der GAP nach 2013 erreicht werden müssen", bekräftigte der Minister. (PD)

Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Ukraine-Beitritt würde strategische Lage auf Agrarmärkten verbessern

 Bauerntag: Wendorff will Verbandspräsident bleiben

 FAO-Preisindex: Agrarpreise geben weiter nach

 Niedrigere Agrarpreise drücken Umsatz von Agravis

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken