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15.01.2023 | 11:00 | Özdemir nur ein Ankündigungsminister 

Cem Özdemir nur ein Ankündigungsminister - Tägliche neue Vorschläge, aber keine Umsetzung

Berlin - Die Union bekräftigt ihre Kritik an „Ankündigungsminister“ Cem Özdemir. Der Minister kündige täglich neue politische Gedanken oder Initiativen an, kommentierte der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Albert Stegemann, die Vorschläge, die Özdemir in den vergangenen Wochen in der Öffentlichkeit unterbreitet hat.

Cem Özdemir nur ein Ankündigungsminister?
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Tägliche neue Vorschläge, aber keine Umsetzung. Wer in einer Suchmaschine „Özdemir will“ eintippt, bekommt über 100.000 Treffer. (c) proplanta
Von einer Umsetzung sei aber nach wie vor nichts zu sehen. Özdemir sei gut beraten, sich erstmal mit der Praxis, der Wissenschaft, seinem Ministerium und den anderen Ressorts auszutauschen, „ob, und wenn ja wie seine Ankündigungen überhaupt umgesetzt werden können und was diese dann auch für die Landwirte und die Bürger Positives bedeuten“, erklärte der CDU-Politiker.

„Wer in einer Suchmaschine „Özdemir will“ eintippt, bekommt über 100.000 Treffer“, berichtete Stegemann. Wer aber „Özdemir setzt um“ eingebe, erhalte keine Ergebnisse. Beispielsweise scheiterten seine Gedankenspiele, die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse abzusenken, am Bundesfinanzminister, sein Plädoyer für ein rasches Ende von Biosprit aus Nahrungspflanzen am Bundesverkehrsminister.

Stegemann erinnerte zudem daran, dass der Landwirtschaftsminister bislang erst vier Gesetze in den Bundestag eingebracht habe. Das sind neben der Änderung des Hopfengesetzes und des Agrarstatistikgesetzes die Novelle des Tierarzneimittelgesetzes sowie der Entwurf für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz.

Unterdessen kündigte Özdemir an, dass er sich gemeinsam mit Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann dafür einsetze, künftig Strafverfahren wegen des sogenannten „Containers“ einzustellen, wenn dies die Umstände im Einzelfall zulassen.

Praktikable Lösung

In einem gemeinsamen Schreiben an die Justizminister der Länder werben die beiden Ressortchefs um Unterstützung für den Vorschlag des Bundeslandes Hamburg, der eine entsprechende Änderung der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) vorsieht.

Aus Sicht der Bundesregierung wäre dies eine praktikable Lösung auf Ebene der Verwaltungsvorschriften zum Verfahrensrecht, ohne dass das materielle Recht berührt würde. „Containern“ bedeutet die Entnahme von Lebensmitteln aus dem Müll eines Supermarktes und steht bislang unter Strafe. Länder gefordert Im Bundestag löste der Vorstoß ein gespaltenes Echo aus. Die Sprecherin der Grünen für Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, begrüßte die Initiative.

Allerdings seien die notwendigen Rechtsänderungen kompliziert: „Eigentumsfragen können schwerlich isoliert für den Bereich von Lebensmitteln geregelt werden“, gab die Juristin zu bedenken. Hingegen sei die Verwaltungsvorschriften für das Straf- und Bußgeldverfahren die Richtlinien, mit denen die Bundesländer allgemein das Verhalten von Staatsanwaltschaft regeln.

Künast plädiert deshalb für eine Regelung, die das reine Containern nicht mehr mit aufwändigen Verfahren belegt, sondern die regelmäßig zu einer Einstellung des Verfahrens führt. Auch die Aktivitäten der Justiz müssten mit dem Ziel in Einklang stehen, keine Lebensmittel zu verschwenden. „Die Länder haben ein Werkzeug an der Hand, sie müssen es jetzt nutzen“, betonte die Grünen-Politikerin.

Gefährliche Anreize

Kritik kam hingegen aus der Union. Fraktionsvize Steffen Bilger sprach von einer „Scheinlösung zur Gesichtswahrung von Bundesankündigungsminister Özdemir, die mehr Fragen aufwirft als sie Antworten gibt.“ Er wies darauf hin, dass sich die meisten Container in abgesperrten Bereichen befinden. Für ein Eindringen dorthin könne es in einem Rechtsstaat keinen Freibrief geben. Außerdem fielen fast 60 % der Lebensmittelabfälle in Privathaushalten an und nicht im Lebensmittelhandel mit 7 %.

Entrüstet reagierte der CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger: „Containern ist der Diebstahl fremden Eigentums.“ Das nicht mehr unter Strafe zu stellen, setze gefährliche Anreize, warnte der CSU-Politiker. Nach seinem Dafürhalten sollte die Bundesregierung die Menschen nicht dazu verführen, Straftaten zu begehen. Das Grundproblem sei eine grassierende Wegwerfmentalität. „Dagegen hilft Containern nicht. Hier ist die gesamte Gesellschaft in der Pflicht“, so Straubinger.

ISN wirft Özdemir Heuchelei vor

Die Pläne der Bundesregierung zum Umbau der Schweinehaltung stoßen bei der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) auf ein vernichtendes Urteil. Sollten die drei Rechtsvorhaben staatliche Tierhaltungskennzeichnung, Anpassung des Baugesetzbuchs und das Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der Tierhaltung wie vorgesehen umgesetzt werden, seien Betriebsaufgaben und eine Verlagerung der Schweinehaltung ins Ausland sicher, teilte die ISN am vergangenen Freitag (13.1.) mit.

Damit verfolge Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir offenbar das Ziel, die Schweinehaltung abzubauen und nicht zu transformieren. Die Interessengemeinschaft wirft deshalb dem Minister „Heuchelei“ vor. „Noch nie war die Angst der Bauern um ihre Betriebe so groß“, beschreibt ISN-Vorsitzender Heinrich Dierkes die aktuelle Situation in der Schweinehaltung. Die Politik diskutiere seit mehr als zehn Jahren über den Umbau der Tierhaltung, und nachdem mit dem Borchert-Konzept ein breit getragener Konsens erreicht worden sei, werde nun in Berlin wieder alles zerschlagen.

„Das Vertrauen in die Politik von Landwirtschaftsminister Özdemir ist durch sein Handeln komplett verlorengegangen“ beklagt Dierkes. Alle drei Rechtsvorhaben seien komplett unabgestimmt, kritisiert der ISN-Vorsitzende. Das betreffe sowohl Beratungsgremien wie das Borchert-Kompetenznetzwerk als auch die fehlende Rückkopplung mit den betroffenen Bauern. Dass es von vielen Seiten und auch aus dem Bundesrat einhellige und massive Kritik an den Vorhaben gebe, scheine den Minister aber nicht zu interessieren.

Özdemir stellte sich selbst als Macher dar, der die Ärmel hochkrempele und Perspektiven und sichere Einkommen für die Landwirte schaffen wolle. „Doch wenn man den wohlklingenden Worten des Ministers seine Taten gegenüberstellt, ist das genaue Gegenteil der Fall“, monierte Dierkes.

Bundesprogramm für wenige Betriebe

Laut dem ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack zeigt sich dies unter anderem an den Eckpunkten des Bundesprogramms zur Förderung des Tierwohlumbaus. Die geplante Förderung sei für die Mehrheit der Schweinehalter aufgrund der gesetzten Hürden kaum erreichbar, und Kalkulationen zeigten, dass bei Sauenhaltern die Kosten zur Einhaltung der Kriterien den Förderbetrag überträfen.

„Diese Förderung dient nur wenigen Betrieben - beispielsweise Biobetrieben - die aufgrund der bereits bestehenden Betriebsstruktur einen Mitnahmeeffekt nutzen können“, erklärte Staack. So könnten die Schweinehalter den Umbau nicht bezahlen und umsetzen, insbesondere wenn sich deutliche Preissteigerungen für Tierwohlleistungen nicht am Markt durchsetzen ließen.

Özdemir muss ehrlich sein

Beim Entwurf zum staatlichen Tierhaltungskennzeichnungsgesetz kritisiert die ISN insbesondere, dass imAusland erzeugte Ware mit geringeren Standards nicht gekennzeichnet werden müsse. Die kostengünstigereAuslandware werde dann deutsche Herkünfte verdrängen. Gemäß der Änderung des Baugesetzbuchs zur Erleichterung von Tierwohlumbauten wären bauliche Veränderungen nur in der bestehenden Gebäudehülle möglich. Der Umbau könne so nur mit einem deutlichen und teuren Bestandsabbau erfolgen. Für Dierkes zeigt sich daran, dass es dem Minister nicht um die Transformation, sondern ausschließlich um den Abbau der Tierzahlen und die Verdrängung der schweinehaltenden Betriebe gehe.

„Hier muss sich Herr Özdemir endlich ehrlich machen. Also Schluss mit der Heuchelei“, fordert der ISN-Vorsitzende. Wer vorhabe, die tierhaltenden Betriebe in Deutschland abzuschaffen, der sollte den Bauern dabei in die Augen schauen und ihnen das - genauso wie der Öffentlichkeit - auch ehrlich sagen.

Kahlschlag droht

Die ISN erinnerte zudem daran, dass speziell die schweinehaltenden Betriebe seit mehr als zwei Jahren wirtschaftlich „auf dem Zahnfleisch gehen“. Werde nun obendrein das Paket dieser drei Rechtsvorhaben unverändert umgesetzt, dann sei das Aus vieler Betriebe sicher. Dieser Kahlschlag gehe jedoch einher mit erheblichen Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzverlusten auch im vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereich des ländlichen Raums.

„Minister Özdemir wird sich dann fragen lassen müssen, warum er trotz aller begründeter und fachlicher Kritik von allen Seiten trotzdem so gehandelt hat“, machte Staack deutlich. Hier gehe es schließlich um Bauernfamilien, die ihr Einkommen und somit ihre Existenzgrundlage verlören.
AgE
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