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27.12.2020 | 14:04 | Zukunftsfähigkeit 

Deutschland muss dringend modernisiert werden

Berlin - Spitzenverbände von Wirtschaft und Gewerkschaften fordern von der Bundesregierung, im neuen Jahr die Weichen für die Modernisierung des Landes zu stellen.

Aufholbedarf bei Infrastruktur und Bildung
Folgt auf die Milliardenhilfen in der Pandemie die Ausgabenbremse? Gewerkschaften und Wirtschaft sagen: Der Staat muss teilweise sogar mehr investieren. Aber woher soll das Geld kommen? (c) proplanta
DGB-Chef Reiner Hoffmann sagte der Deutschen Presse-Agentur, es müssten Investitionen in Milliardenhöhe getätigt werden. «Die digitale Infrastruktur in Deutschland hat in manchen Regionen den Status eines Entwicklungslandes. Das ist unerträglich.» Industriepräsident Dieter Kempf sagte: «Ich befürchte, dass die Infrastruktur- und Investitionslücke in der Krise weiter aufreißt. Deutschland muss auch angesichts von Corona mehr investieren.»

Unterschiedliche Positionen gibt es bei Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften aber zur Frage, welche Folgen die Krise auf den Staatshaushalt hat. Der Bund hat in den Haushalten 2020 und 2021 immense neue Schulden eingeplant. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wurde ausgesetzt.

Forderungen zur Staatsverschuldung



Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte eine «Ausgaben-Diät». «Die Schuldenbremse stellen wir nicht in Frage, sie war die Voraussetzung dafür, dass wir handlungsfähig bleiben. Es gilt nun, die konsumtiven Ausgaben auf Diät zu setzen um Freiräume für Zukunftsinvestitionen zu haben», sagte er der dpa.

Sobald sich die Pandemielage verbessere, müsse auch die staatliche Fürsorge nachlassen, forderte Dulger. Klar ist, dass die Schulden, die jetzt aufgenommen worden sind, irgendwann zurückgezahlt werden müssen. Und zwar von denjenigen, die im nächsten Jahr den Aufschwung organisieren und finanzieren sollen.» Dies könne nur funktionieren, wenn der Konjunkturzug wieder Fahrt aufnehme.

Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke verlangte hingegen, die Aussetzung der Maastricht-Kriterien der EU zur Begrenzung der Verschuldung für längere Zeit beizubehalten. «Dann können Deutschland und die anderen europäischen Länder durch eine positive wirtschaftliche Entwicklung aus der Verschuldung herauswachsen, ohne dass es zu Einschnitten bei der sozialen Sicherung, der Bildung oder dem Gesundheitswesen kommt und sich der ohnehin schon bestehende Investitionsstau verstetigt», sagte er. Nach der Finanzmarktkrise 2009/2010 habe Deutschland sogar 80 Prozent Verschuldung gehabt - nicht nur 72 Prozent wie derzeit.

DGB-Chef Hoffmann sagte: «Wer jetzt den Gürtel enger schnallen will, der verspielt unsere Zukunftsfähigkeit.» Er bezifferte die staatlichen Investitionsbedarfe auf rund 45 Milliarden Euro pro Jahr. Es sei ökonomischer Unfug, dass sich Deutschland eine höhere Staatsverschuldung nicht leisten könne, sagte der DGB-Vorsitzende. «Da die Zinsniveaus unterhalb der Wachstumsraten liegen, kriegt der Staat Geld zum Nulltarif.

Modernisierung in Deutschland



Die Gewerkschaften fordern, der Staat solle die Modernisierung des Landes antreiben. Die Schulen hätten wegen Corona oft ohne die technischen Voraussetzungen schließen müssen, kritisierte Hoffmann.

«Bei Berufsschulen ist die technische Ausstattung oft einfach katastrophal.» Für die Mobilitätswende und mehr Schiene seien zudem massive Investitionen im öffentlichen Fern- und Nahverkehr nötig. «Was wir uns nicht leisten können, ist den jungen Menschen eine marode Infrastruktur zu hinterlassen.»

Auch die Wirtschaft setzt auf Modernisierungen. Etwa bei der Bildung müsse Deutschland endlich aus dem «Winterschlaf» aufwachen, forderte Dulger. «Unsere Kinder sind die Köpfe von morgen - wir müssen also unser Bildungssystem Weltspitze machen.»

Doch Dulger und Kempf setzen vor allem auf die Erneuerungskraft der Wirtschaft. «Warum kann Deutschland nicht Spitzenreiter in der Technologieoffenheit werden?», so Dulger. «Und zwar bei Lösungen für Klimaschutz, nachhaltige Mobilität und Energieeffizienz.» Für nötig halten die Spitzenfunktionäre steuerliche Entlastungen.

Diskussionen um Steuererhöhungen seien wachstumsfeindlich und der falsche Weg, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Sie würden die Wirtschaft «abwürgen», warnt der Arbeitgeberpräsident.

Dulger sagte: «Weg mit den Bremsklötzen, wie ein Rechtsanspruch auf Homeoffice, Einschränkung von befristeter Beschäftigung oder ein Lieferkettengesetz.» Dulger pocht auf ein «Belastungsmoratorium». Die Wirtschaft brauche mehr Flexibilität etwa beim Arbeitszeitgesetz.

Was Dulger erhofft, befürchtet Werneke. «Völlig offen ist aus meiner Sicht, ob die Koalition noch den Willen hat, sachgrundlose Befristungen einzudämmen und Kettenarbeitsverträge zu verhindern», so der Verdi-Chef. «Und das, obwohl es dazu eine klare und detaillierte Verabredung im Koalitionsvertrag dazu gibt und gerade jetzt dringender Handlungsbedarf entsteht.» Wo wieder eingestellt werde, seien Befristungen teils die Regel. «Das geschieht in großem Umfang in den Bereichen Zustellung, Logistik und Transport.»
dpa
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