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23.05.2009 | 09:41 | Gentechnik  

Die Gentechnik bleibt ein strittiges Feld

Berlin - Als Rivalinnen sehen sie sich nicht.

Gentechnikgegner
(c) proplanta
Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) und Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) lächeln sich beim ersten Runden Tisch zur Gentechnik am Mittwoch mehrfach an. Die beiden Unionsfrauen, die sich duzen, suchen einen Ausweg aus dem Streit über das Anbauverbot für Genmais. Die Kernfrage ist: Soll Deutschland angesichts ungeklärter Risiken durch genveränderte Pflanzen auf Chancen für den Forschungsstandort Deutschland verzichten? Dabei geht der Konflikt quer durch die Union. Am größten ist der Widerstand gegen Gentechnik in Bayern. Die Proteste auf den Feldern nehmen zu.

Aigner und Schavan sind im Grundsatz gar nicht auseinander. «Der Mensch darf nicht alles, was er kann», sagt die Theologin Schavan. «Keine Technologie darf ohne Rücksicht auf Verluste produziert werden.» Sie spricht von Verantwortung, die alle Seiten haben. Das würde auch Aigner unterschreiben. Doch eines soll nach Ansicht von Schavan auch klar sein: Es gehe nicht mehr um ein Ja oder Nein zur die Gentechnik, sondern um eine bessere Aufstellung der deutschen Forschung. Schavan verweist auf den Koalitionsvertrag, in dem Union und SPD das Ziel festgeschrieben haben, Forschung und Anwendung zu fördern. Dabei soll der Schutz von Mensch und Umwelt obenan stehen.

Schavan ist in einem Dilemma. Sie will kein «Weiter, so!» und meint damit, die Forschung zu stärken, aber auch Vorbehalte auszuräumen. Schavan sieht sowohl die Forderungen der Forschung als auch die ethischen Fragen der Gegner. Ihre CSU-Kollegin ist ebenfalls in einer Art Zwickmühle. Als ehemalige Forschungspolitikerin kann sie die Argumente der Wissenschaft nachvollziehen. Doch sie weiß: Der Widerstand in Bayern gegen Gentechnik wächst. Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer sowie Umweltminister Markus Söder (CSU) wollen den Freistaat zu einer «gentechnikanbaufreien» Zone machen.

Der Streit ist nicht neu, doch erst knapp vier Monate vor der Bundestagswahl kommt es zu diesem Runden Tisch. Ein neues Gentechnikgesetz von Ex-Agrarminister Horst Seehofer (CSU) konnte die Konflikte nicht lösen. Die Debatte flammte mit Aigners Genmais-Verbot für MON 810 des US-Konzerns Monsanto wieder auf. Die Forschung und die Industrie warnen vor Abwanderung. Es könne nicht nur Forschung geben und dann sei Schluss, warnt die BASF. Deutschland mache Sicherheitsforschung für die Welt und die Produkte würden dann aus dem Ausland importiert.

Die Gräben sind tief. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warnt vor unwägbaren Risiken. «Die Verbraucher sagen in der Mehrheit Nein zur grünen Gentechnik», sagt Verbraucherschützer Stefan Etgeton. Die Bischofskonferenz fürchtet eine massive Auseinandersetzung in den Dörfern ähnlich wie beim Streit über Mobilfunkantennen. Es dürfe nicht zu Hass kommen, warnt der Vertreter der katholischen Kirche beim Runden Tisch in Berlin. Er sehe aber auch die Chancen, um Hunger zu bekämpfen. Die Evangelische Kirche sieht in der Gentechnik nicht das vielfach beschworene Wundermittel gegen Unterernährung. Sie fordert die Wissenschaftler auf, die Vorzüge besser zu erklären.

Worum geht es genau? Der Einbau künstlicher Gene soll helfen, dass Pflanzen gegen Schädlinge und gegen den Klimawandel widerstandsfähiger sind. Gentechnik soll verstärkt im Kampf gegen den Hunger eingesetzt werden. Die Bundesregierung gibt in dieser Wahlperiode knapp 30 Millionen Euro für Pflanzen- und Sicherheitsforschung zu Gentechnik aus. Doch was nützt die Forschung, wenn es nicht auch Anwendung gibt, warnt die Biotechnologiebranche.

In der EU darf bisher nur der Genmais MON 810 kommerziell angebaut werden. In den USA sind es einer BASF-Studie zufolge mehr als 70 Gen- Pflanzen, die zum Anbau zugelassen sind. Die Verbraucher haben vor allem Bedenken gegen Gentechnik in Lebensmitteln. Versteckt gibt es dies in Deutschland aber bereits etwa über Futtermittel. Für Schavan jedenfalls war der Auftakt zum Dialog eine Debatte voller Chancen. «Die Atmosphäre heute war leidenschaftlich», sagt Schavan. Aigner widerspricht ihr nicht. (dpa)
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