Die Behörde sandte am Donnerstag ein entsprechendes Schreiben nach Berlin. Angesichts der Verweigerungshaltung Bayerns bleibe keine andere Wahl, hieß es zur Begründung. Das Vertragsverletzungsverfahren kann zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) führen und hohe Strafgelder für die Bundesregierung nach sich ziehen. Bundesagrarministerin Ilse
Aigner (CSU) sagte dem Deutschlandfunk, sie werde Bayern die Aufforderung zur Veröffentlichung der Daten weiterleiten.
Aigner sagte, die Bauern hätten nichts zu verbergen. Die Direkthilfen aus Brüssel seien keine Geschenke, sondern ein Ausgleich für die Leistungen der Landwirte. Eigentlich hätten alle Empfänger der Milliarden-Subventionen am 30. April im Internet veröffentlicht sein müssen. Einzig Bayern weigert sich wegen rechtlicher Bedenken weiter, die Namen und Daten offenzulegen. Auch alle anderen 26 EU- Staaten haben bereits veröffentlicht. Die
EU-Kommission kann aber nur gegen nationale Regierungen vorgehen, nicht gegen einzelne Bundesländer. Die Bundesregierung hat jetzt zunächst einen Monat Zeit zu reagieren.
Der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut
Brunner (CSU) sagte zu dem Verfahren: «Wir bedauern, dass die EU-Kommission nicht zuvor die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes abgewartet hat.» Bayern wolle Rechtssicherheit in der Frage, ob eine Veröffentlichung der Daten gegen grundsätzliches EU-Recht zum
Datenschutz verstoße. Genau dieses prüfe derzeit der Gerichtshof.
Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Hans- Michael Goldmann, sprach von einer Blamage für
Agrarministerin Aigner. Sie werde einmal mehr von ihrer eigenen Partei vorgeführt. Das EU-Verfahren könne teuer für alle Steuerzahler in Deutschland werden. «Die CSU nimmt durch ihre Weigerungshaltung alle Bundesbürger in Sippenhaft. Das ist unverantwortlich», sagte er. Es sei zudem «nicht akzeptabel», dass die Bundesregierung den Freistaat «aus parteitaktischer Rücksichtnahme» nicht zur Verantwortung ziehe.
Eine Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums sagte, das Ministerium appelliere weiter an Bayern, die Empfänger von EU-
Agrarsubventionen in die Datenbank einzustellen, damit das geltende EU-Recht in Deutschland vollständig umgesetzt werde. Zu dem Inhalt des Schreibens selbst äußerte sich die Sprecherin nicht - es sei noch nicht im Ministerium eingegangen, hieß es am Donnerstagnachmittag. Im Jahr 2008 erhielt Deutschland mindestens 4,87 Milliarden Euro Agrarhilfen aus Brüssel zuzüglich der fehlenden Angaben aus Bayern. Die Veröffentlichung der Liste hatte ergeben, dass zahlreiche Großunternehmen
EU-Subventionen erhalten - als direkte Beihilfe oder zur ländlichen Entwicklung. (dpa)