Da musste wohl der Frust raus: In einem großen Rundumschlag ist Bauernpräsident Joachim Rukwied hart mit der Politik der Ampelkoalition ins Gericht gegangen. In Berlin werde falsch entschieden, zu spät oder gar nicht. Und das auf Kosten der Bauern. (c) proplanta
Der Strukturbruch in der Schweinehaltung und sinkende Betriebszahlen beim Milchvieh seien ein Ergebnis der Auseinandersetzungen zwischen SPD, Grünen und FDP in Berlin, sagte Landesbauernpräsident Joachim Rukwied am Dienstag bei der Mitgliederversammlung seines Verbands in Fellbach. Viele Tierhalter hätten bereits die Reißleine gezogen und seien ausgestiegen. «Somit geht wieder ein Stück Regionalität für immer verloren», sagte Rukwied. Die Bauernfamilien bräuchten Planungssicherheit, gute Betriebsstrukturen müssten erhalten bleiben.
In Baden-Württemberg wurden im Juni 1,27 Millionen Tiere im Schweinebestand gezählt, ein Rückgang von rund 82.000 Sauen, Ebern und Ferkeln oder sechs Prozent. Das ist nach Angaben des Statistischen Landesamts der zweitniedrigste Stand in der Landesgeschichte. Auch die Anzahl der schweinehaltenden Betriebe ging im betreffenden Zeitraum deutlich zurück - mehr als jeder zehnte Hof gab auf. Im Mai 2023 gab es demzufolge noch gut 1.550 Höfe, die Schweine hielten. Der Schweinebestand in Baden-Württemberg war nach der Landesgründung 1952 zunächst kontinuierlich gestiegen und hatte in den 1980er Jahren einen Wert von rund 2,4 Millionen Tieren erreicht.
«Der Strukturbruch in der Schweinehaltung geht rasant weiter», sagte Rukwied. «Von politischer Seite kamen kaum brauchbare Entscheidungen, um diese Entwicklung aufzuhalten. Die Zukunft eines einst starken und traditionellen Betriebszweiges steht vor dem Aus.» Er kritisierte unter anderem das Gesetz zur Tierhaltungskennzeichnung, das seines Erachtens nicht weit genug reicht, weil es bisher nur frisches Schweinefleisch umfasst. Nach dem im Juni beschlossenen Bundesgesetz soll beim Fleischkauf im Supermarkt künftig auch ein staatliches Logo über die Form der Tierhaltung informieren. Das Logo soll den Wandel zu höheren Haltungsformen unterstützen.
Laut Rukwied verzögert sich auch der Umbau der Tierhaltung seit langem und sei unzureichend. Dauer und Fördersumme deckten nicht annähernd die tatsächlichen Umbaukosten und könnten jederzeit vom Gesetzgeber willkürlich gekürzt werden. «Die Tierhalter brauchen aber eine Garantie, dass sie nach dem Umbau auch die höheren laufenden Kosten gedeckt bekommen», forderte Rukwied. Der Bund beabsichtigt, die Landwirte mit insgesamt einer Milliarde Euro beim Umbau ihrer Ställe zu höheren Tierhaltungsstandards und bei laufenden Mehrkosten zu unterstützen.