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29.10.2022 | 08:13 | Naturzerstörung 

Präsidentenwahl in Brasilien mit großer Bedeutung für das Amazonasgebiet

Manaus - Wenn im fernen Brasilien am Sonntag Amtsinhaber Jair Bolsonaro und Ex-Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva in der Stichwahl um das Präsidentenamt kämpfen, sollte uns in Deutschland das nicht kaltlassen, findet der Klimaforscher Niklas Höhne.

Brandrodung in Brasilien
Unter der Bolsonaro-Regierung haben Abholzung und Brände im brasilianischen Amazonaswald Höchstwerte erreicht. Umweltschützer und Wissenschaftler hoffen, dass der entscheidende Durchgang bei der Präsidentenwahl gegen Lula das Ende der Naturzerstörung einläutet. (c) guentermanaus2 - fotolia.com
Denn: Von der nächsten Regierung hänge es ab, ob der Amazonaswald in seiner jetzigen Form erhalten bleiben kann oder nicht, sagt der renommierte Wissenschaftler von der Universität Wageningen.

Das Amazonasgebiet wiederum, das sich über neun Länder Südamerikas und eine Entfernung wie von Berlin bis Bagdad erstreckt, gilt als die «grüne Lunge» der Erde und hat damit eine entscheidende Bedeutung für das globale Klima. Ein großer Teil des Gebiets, das jede Menge an Kohlenstoff speichert, liegt in Brasilien.

Dem Fachjournal «Nature» zufolge gibt es für das größte Land in Lateinamerika und die Welt bei der Abstimmung über den Präsidenten denn auch nur eine Wahlmöglichkeit. «Eine zweite Amtszeit für Jair Bolsonaro würde eine Bedrohung für Wissenschaft, Demokratie und Umwelt darstellen», heißt es im Editorial der jüngsten Ausgabe.

Bolsonaro ist seit Januar 2019 im Amt. In dieser Zeit sind Abholzung und Brände im brasilianischen Amazonasgebiet nach einem früheren Rückgang wieder sehr stark angestiegen. Kritiker werfen dem rechten Politiker vor, ein gesellschaftliches Klima geschaffen zu haben, in dem sich Farmer, Siedler und andere Menschen zur illegalen Landnahme ermutigt fühlen. Zudem habe er Umwelt- und Kontrollbehörden sowie die Indigenen-Behörde gezielt geschwächt. «Wir können nur hoffen, dass die Stichwahl am Sonntag das Ende der Naturzerstörung einläutet», sagt Roberto Maldonado, Brasilien-Experte des WWF Deutschland.

Zwar war der linke Ex-Staatschef Lula da Silva in seinen ersten beiden Amtszeiten (Anfang 2003 - Ende 2010) nicht gerade als Grüner bekannt, stellte Wirtschaftsinteressen über Naturschutz. Aber nach einem anfänglichen Anstieg ging der Verlust des größten und artenreichsten Tropenwaldes der Welt aufgrund eines umweltpolitischen Maßnahmen-Mixes deutlich zurück. Auch kündigte Lula nun für den Fall seines Wahlsiegs an: «Wir werden den illegalen Goldabbau beenden und gegen die Abholzung kämpfen.»

Beispielsweise könnte der Amazonienfonds zum Schutz des Regenwaldes, an dem auch Deutschland beteiligt ist, wiederbelebt werden. Zudem sollten indigene Gebiete besser geschützt und die Umweltbehörden wieder gestärkt werden.

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Indigene die besten «Hüter des Waldes» im Kampf gegen Umweltschäden und Klimawandel sind. Nur 1,6 Prozent der Entwaldung in Brasilien zwischen 1985 und 2020 entfielen laut dem WWF Deutschland auf indigenes Land. Doch die Lage ist angespannt.

«Kurz vor dem entscheidenden Wahldurchgang herrscht besonders unter Indigenen und Umweltschützern ein Klima der Angst», sagt WWF-Brasilien-Experte Maldonado. Sie fürchteten sich vor radikalisierten Anhängern Bolsonaros, erhielten Morddrohungen und seien teilweise bereits aus dem Land geflohen. Allein im Jahr 2021 wurden nach Angaben von Eliane Fernandes, Referentin der Gesellschaft für bedrohte Völker, 176 Indigene in Brasilien ermordet. Dazu kämen Bedrohungen, Verletzungen, Rassismus und sexualisierte Gewalt.

«Es ist zu einer Serie von Rückschritten gekommen. Wenn Bolsonaro wieder gewählt wird, wird sich das vertiefen», sagt Marcio Astrini, Geschäftsführer des brasilianischen Klima-Thinktanks Observatório do Clima. «Seine Wiederwahl könnte einen Verlust von bis zu 100.000 Quadratkilometern Wald in vier Jahren bedeuten.» Dies wiederum würde das Amazonasgebiet stark in Richtung des sogenannten Kipppunktes treiben, ab dem es sich in Steppe verwandelt.

Die Studie «Amazon Against the Clock», an der unter anderem der Dachverband der indigenen Gruppen im Amazonasbecken (Coica) mitwirkte, zeigt, dass das gesamte Amazonasgebiet sich in einer «Kipppunkt-Krise» befindet. Demnach haben die Abholzung und die starke Schädigung der Wälder zusammen bereits 26 Prozent der Region erreicht. Um die verbleibenden 74 Prozent zu schützen, seien jedoch dringend Maßnahmen notwendig.
dpa
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