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09.06.2022 | 07:24 | Klimapolitik 

Schwarzer Tag für EU-Klimapaket?

Straßburg - Eine Reform des EU-Emissionshandels, das Herzstück der europäischen Klimapolitik, ist im Europaparlament zunächst gescheitert.

Emissionshandel
Es hätte ein entscheidender Tag für die Klimapolitik in Europa werden können, dann scheitert eine wichtige Reform des EU-Emissionshandels vor dem Europäischen Parlament. Andere Vorhaben wurden verschoben. Hängt nun das ganze EU-Klimapaket in der Schwebe? (c) proplanta
Eine Mehrheit der Abgeordneten lehnte eine geplante Ausweitung des Systems auf Gebäude und Verkehr am Mittwoch ab. Das Gesetz wurde zurück an den Umweltausschuss verwiesen, um einen neuen Kompromiss zu finden, der von einer Mehrheit getragen werden kann. Auch wichtige Abstimmungen über einen CO2-Zoll an den EU-Außengrenzen und den Klimasozialfonds für einkommensschwache Haushalte wurden verschoben.

Die Umsetzung wichtiger Teile des EU-Klimapakets «Fit for 55», das Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen letztes Jahr präsentiert hatte, wird damit verzögert. Ziel des Pakets ist es, klimaschädliche Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. Damit die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Gesetze in Kraft treten können, müssen sowohl das Parlament als auch die EU-Länder zustimmen.

«Ich halte das für eine Schande», sagte der Abgeordnete Peter Liese (CDU), der für die Verhandlung des Dossiers im EU-Parlament zuständig ist, zum Ergebnis der Abstimmung. «Heute ist ein schwarzer Tag für die Klimaanstrengungen des Europäischen Parlaments», kommentierte der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken. «Dadurch verlieren wir wichtige Zeit im Kampf gegen den Klimawandel», sagte Martin Schirdewan von den Linken.

Die Schuld schieben sich die Parteien - wie so oft - gegenseitig zu. «Die Sozialdemokraten und die Grünen sind ihrer Verantwortung für Klimaschutz nicht gerecht geworden», kritisierte CDU-Politiker Liese die Parteien, die gegen seinen Text stimmten. «Der Vorschlag hat an vielen Stellen den Kommissionsvorschlag verschärft und bedeutet mehr Klimaschutz.»

Für die Grünen und Sozialdemokraten war der Text schlussendlich nicht ehrgeizig genug. «Das Europäische Parlament lehnt den von der fossilen Lobby und Allianz aufgeweichten Emissionshandel ab», sagte Grünen-Politiker Michael Bloss. Der Umweltausschuss hatte zuvor dafür gestimmt, die vom ETS abgedeckten Emissionen bis 2030 um 67 Prozent zu senken.

Eine Mehrheit im Parlament stimmte letztendlich jedoch für einen Änderungsvorschlag der konservativen EVP für eine Reduktion von 63 Prozent. «Die christdemokratische EVP hat mit der rechten Seite des Hauses versucht, den Kommissionsvorschlag zu verwässern, wo es nur möglich war», sagte Wölken von der SPD.

Der Emissionshandel ist eines der wichtigsten Instrumente zur Senkung von klimaschädlichen Emissionen und im Kampf gegen den Klimawandel. Dabei müssen etwa Teile der Industrie oder Stromproduzenten für den Ausstoß von Gasen wie Kohlendioxid (CO2) bezahlen.

Vorgesehen war unter anderem die Ausweitung auf kommerzielle Gebäude und den Verkehr sowie eine schnellere Drosselung der Emissionen. Auch der geplante EU-Grenzausgleichsmechanismus - eine Art Importzoll auf CO2-Emissionen von Waren - und der Klimasozialfonds für einkommensschwache Haushalte liegen erstmal auf Eis, da sie eng mit dem Emissionshandel zusammenhängen.

Wie lange es dauern könnte, bevor das Parlament über einen neuen Kompromiss abstimmen kann, ist offen. Schon die vorangegangenen Diskussionen waren mühsam. «Dieser neue Deal könnte heute Nachmittag, in zwei Wochen oder in Juli gemacht werden. Ich weiß es noch nicht», sagte der Vorsitzende des Umweltausschusses, Pascal Canfin.

Für den Abend war unter anderem noch eine Abstimmung angesetzt über ein mögliches Verbot, ab 2035 neue Autos und Transporter mit klassischem Verbrennermotor zu verkaufen. Es war bis zuletzt unklar, ob sich im Parlament eine Mehrheit dafür findet. Zwar könnte ein Verbrenner auch mit klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen angetrieben werden. Kritiker warnen jedoch, dass es von diesen «grünen» Kraftstoffen schon zu wenig für Luft- und Schifffahrt geben werde, die beide weniger leicht als Autos oder Transporter elektrisch betrieben werden können.
dpa
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