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07.01.2010 | 10:56 | Nachhaltiges Agrarmodell 

Zukunftsbranche Landwirtschaft braucht unternehmerische Freiräume

Frankfurt/Main - „Landwirtschaft ist eine Zukunftsbranche, weil sie unternehmerisch, innovativ und verantwortungsvoll ist“. Dieses Fazit zieht der Präsident der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft), Carl-Albrecht Bartmer, hinsichtlich der zukünftigen Perspektiven im Agrarsektor.

Zukunftsbranche Landwirtschaft
(c) proplanta
Im Vorfeld der DLG-Wintertagung wies er vor der Presse in Berlin darauf hin, dass die Landwirtschaft durchaus in der Lage ist, die globalen Herausforderungen Nahrungsmittelproduktion und Biomasseerzeugung zu bewältigen. Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO erfordere das rasche Wachstum der Weltbevölkerung eine Verdoppelung der weltweiten Lebensmittelproduktion bis 2050. Gleichzeitig schrumpfe die pro Kopf verfügbare Ackerfläche weltweit, zudem seien die Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen. Der Landwirtschaft komme daher weltweit zunehmende Bedeutung und Verantwortung zu. „Sie ist die Schlüsselbranche zur Lösung der Probleme. Sie braucht allerdings verlässliche Rahmenbedingungen und unternehmerische Freiräume“, betonte der DLG-Präsident.

Im Vorfeld der 2013 anstehenden Neujustierung der EU-Agrarpolitik würden derzeit die Diskussionen um ein weiterentwickeltes „Europäisches Agrarmodell“ intensiviert – nach Bartmers Ansicht ebenso legitim wie strategisch notwendig. Allerdings gebe es wichtige Grundpfeiler, die in einem „Nachhaltigen Agrarmodell“ Berücksichtigung finden müssen. Der DLG-Präsident fasste diese in fünf Eckpunkte zusammen:


1. Bekenntnis zu Unternehmertum, Sicherung der globalen Wettbewerbsfähigkeit

Die Zukunft der ländlichen Räume liegt in landwirtschaftlichen Unternehmen, häufig eigentümergeführte Familienbetriebe, deren Vernetzung mit regionalen Wirtschaftskreisläufen den ländlichen Raum stärkt – wie umgekehrt dieser den Betrieb. Diese Unternehmer sichern die wichtigsten Funktionen der ländlichen Räume: Versorgungssicherheit, flächendeckende Bewirtschaftung und wettbewerbsfähige Arbeitsplätze. Landwirte brauchen allerdings Freiräume für ihre unternehmerischen Entscheidungen –  wie sie umgekehrt die Konsequenzen ihrer Entscheidungen tragen müssen, ohne Eingriffe von außen einzufordern. „Ist es nicht ein Abgeben von Eigenverantwortung, wenn wir als landwirtschaftliche Unternehmer den Staat und seine bürokratischen Institutionen beauftragen, die Kriterien unseres Wirtschaftens gegen entsprechende Zuwendungen zu definieren?“ fragte Bartmer.


2. Aufgaben des Staates neu definieren

Für Bartmer geht es dabei keineswegs um die Forderung „Agrar ohne Staat“:  Wie in allen Wirtschaftssektoren fallen dem Staat auch im Agrarbereich fundamentale Aufgaben zu. Als Beispiele nannte er die Gewährleistung einer leistungsfähigen Infrastruktur, die Schaffung der Voraussetzungen für internationale Wettbewerbsfähigkeit sowie flankierende Maßnahmen zur Anpassung an veränderte agrarpolitische Rahmenbedingungen. Unverzichtbar sei deshalb die Kompensation von Kosten durch höhere Standards, die durch besondere Nachhaltigkeit des Wirtschaftens und ausgeprägte Qualitätsansprüche von der EU-Landwirtschaft gefordert werden.


3. Existenzgrundlage ländlicher Räume sichern

„Die Existenzgrundlage ländlicher Räume muss eine wirtschaftliche sein“, forderte Bartmer: „Die Zukunft der ländlichen Räume liegt in den Händen der dort lebenden Menschen, in engagierten Unternehmern, die nachhaltig bereit sind, sich in Strukturen und Technologie immer wieder flexibel weiterzuentwickeln und so das Kulturgut ländlicher Raum in seiner Vielfalt auch durch Veränderung erhalten.“ Dabei verlangte Bartmer eine offene Diskussion darüber, ob die immer wieder aufgeführten „multifunktionalen Aufgaben der Landwirtschaft“ öffentliche Güter sind, die erst durch staatliche Nachfrage und damit durch öffentliche Mittel flächendeckend produziert werden. Das Dilemma, dass gesellschaftlich gewünschte Bewirtschaftungskonzepte nicht nach dem Stand des Wissens und der Technik ausgerichtet sind, weil man die Kosten des Verzichts auf Fortschritt nicht kennt, müsse gelöst werden.


4. Innovationen fördern

Technischer Fortschritt sei ein unverzichtbares Werkzeug für landwirtschaftliche Unternehmer, so Bartmer. Daher müsse er gefördert werden: Eine nachhaltige, artgerechte und ökologisch verantwortliche Produktivitätssteigerung sei nur über moderne und standortangepasste Technologien zu erreichen. „Die Agrarwelt von morgen muss sich fundamentalen Herausforderungen stellen“, sagte Bartmer. „Technologie und Innovation sind die Kernbestandteile für eine nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum.“


5.  Forschung in Freiheit und Verantwortung

Um die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens dauerhaft zu sichern, sind für Bartmer vermehrte Investitionen in die angewandte Agrarforschung unabdingbar. In den letzten Jahren sei dieser Bereich faktisch „abgeschmolzen“, mit der Folge unbesetzter Lehrstühle und eingeschränkter oder praxisferner Forschungen. „Der Erfolg unserer Systeme ist auch ein Erfolg der Köpfe und Innovationen, die aus einer unabhängigen Forschung kommen“, erinnerte Bartmer: „Der einzige, wirklich zu vermehrende Faktor, mit dem wir die Knappheit der endlichen Ressourcen kompensieren können, ist Wissen und Können.“ (dlg)
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