Längst streichen auch große Konzerne oder ihre Tochterunternehmen Millionen aus Brüssel ein - und das ganz legal. Bodenbesitzer sind eben nicht nur Landwirte. Direkte Beihilfen fließen je nach Fläche als Ausgleich für hohe Standards beim Umweltschutz, Tierschutz oder Verbraucherschutz. Es gibt aber auch Beihilfen in Form von Nahrungsmittelhilfen, Lager- und Verarbeitungshilfen oder für staatlichen Ankauf, wenn zu viel von einem Produkt am Markt ist. Dazu kommen Gelder für die ländliche Entwicklung oder auch Exporterstattungen.
Zu den Großempfängern zählen zahlreiche Unternehmen aus der Lebensmittelwirtschaft: Südzucker, Doux Geflügel, Gausepohl, Tönnies,
Campina, Ferrero, sie alle gehören zu den Firmen, die im vergangenen Jahr mehr als eine Million Euro an Subventionen aus Brüssel erhalten haben. Aber auch
BASF, Bayer, Merck, RWE, Salzgitter und ThyssenKrupp stehen auf der Empfängerliste von Hilfen der Europäischen Union.
Deutschland hat die Empfänger fast zwei Monate zu spät veröffentlicht. Aus Bayern fehlt ein Großteil der Namen und Zahlen, weil sich der Freistaat wegen rechtlicher Bedenken weigert, die Informationen weiterzuleiten. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel will aber, dass alle Empfänger genannt werden. Deshalb riskiert Deutschland nun EU-Strafen und eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Der EuGH soll bereits prüfen, ob die Offenlegung gegen Datenschutzrecht verstößt oder nicht.
Die Veröffentlichung entfacht den Streit über Subventionen neu. Die Grünen-Bundestagsfraktion begrüßt die Offenheit, die die EU von allen Mitgliedstaaten einfordert, will aber eine Neuausrichtung: «Hohe Subventionen für Großkonzerne wie
Südzucker und
RWE sind Ausdruck einer verfehlten Agrarpolitik», sagt Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn. «Agrarzahlungen sollten nicht einfach Größe belohnen, sondern verstärkt gesellschaftliche Leistungen wie Klima- und Naturschutz.» Die Organisation Oxfam kritisiert: «Die Exportsubventionen drücken die Preise auf dem Weltmarkt.»
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) - ein Zusammenschluss von Kleinbauern - kritisiert seit mehreren Jahren die Subventionspraxis der Europäischen Union. Der AbL-Bundesvorsitzende Friedrich Wilhelm Gräfe zu Baringdorf - Grünen-Politiker im EU- Parlament - bekam im Jahr 2008 selbst knapp 25.000 Euro EU-Hilfen für seinen Betrieb. Verheimlichen schaffe Misstrauen, meint er. «Die Bundesregierung und die Länder-Agrarminister betonen, die Zahlungen flössen für die gesellschaftlichen Leistungen der Bauern. Dann sollten diese Leistungen auch genannt werden.»
Die Debatte um Subventionen hat ohnehin innerhalb der EU-Staaten gerade wieder so richtig begonnen. Denn einige Länder wie Schweden wollen die Hilfen senken. Dagegen will sich Bundesagrarministerin Ilse
Aigner (CSU) wehren. Für ihr Heimatland ist allerdings weiter großenteils offen, wer die Gelder aus Brüssel bekommt. (dpa)