Das Parlament billigte am Donnerstag (1.12.) den
Gesetzentwurf der Bundesregierung mit einer breiten Mehrheit von 559 Ja-Stimmen. CETA war bereits im September 2017 vorläufig an den Start gegangen. Das
Freihandelsabkommen kann jedoch erst dann vollständig in Kraft treten, wenn es von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert wurde, weil einige Teile des Abkommens in deren Zuständigkeit liegen.
In der EU fehlte bislang noch die Zustimmung aus zwölf Staaten, darunter Deutschland. Gegen das Votum der Opposition nahm das Parlament außerdem eine Entschließung an, in dem die Bundesregierung unter anderem dazu aufgefordert wird, „umfassend zum frühestmöglichen Zeitpunkt und fortlaufend über den Vollzug von CETA zu unterrichten“. Einen mit dem Regierungsentwurf wortgleichen Antrag der Koalitionsfraktionen und einen Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion erklärte das Parlament einstimmig für erledigt.
Das CETA-Abkommen zielt laut Regierung und Koalition darauf ab, „die Möglichkeiten für den Handel und für Investitionen zwischen der EU und Kanada zu steigern“, vor allem durch einen besseren Marktzugang für Waren und Dienstleistungen sowie klare Handelsregeln. Auch sollen gemeinsam mit Kanada neue Standards für künftige „faire Handelsabkommen“ gesetzt werden.
Hindernisse des Marktzuganges sollen abgebaut und Wettbewerbsnachteile für europäische und deutsche Unternehmen beim Marktzugang nach Kanada gegenüber anderen Ländern - insbesondere den USA und Mexiko - verhindert werden. Regierung und Koalition wollen eine missbräuchliche Anwendung von materiell-rechtlichen Investitionsschutzstandards begrenzen, heißt es. Dieser Punkt war bis zuletzt sehr kontrovers diskutiert worden.
Weitere Abkommen sollen folgenVerena Hubertz von der
SPD räumte ein, dass der Weg zur CETA-Ratifizierung zu lange gedauert habe. Man habe jedoch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts warten müssen. Nun könne man endlich die Schiedsgerichte hinter sich lassen, bilanzierte die Sozialdemokratin. Die Bündnisgrüne Katharina Dröge sieht mit der Ratifizierung ein „neues Kapitel der Handelspolitik“ eingeläutet, das „Nachhaltigkeit und
Klimaschutz in den Mittelpunkt stellt“.
Klimaschutz und
Nachhaltigkeit würden künftig mit einklagbaren Standards versehen. FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte, dass Deutschland „mehr
Freihandel mit den Demokratien der Welt“ wolle und brauche. „Es bestehen Abhängigkeiten, die gefährlich geworden sind, die unseren Wohlstand bedrohen“, so Dürr. Er betonte, dass als nächstes Handelsabkommen mit Chile und Mexiko und „schnellstmöglich“ auch das Mercosur-Abkommen abgeschlossen werden sollten. Zudem wolle man einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen mit den USA starten.
„Grüne Beruhigungsspille“Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner, warf der Regierung ein Verschleppen der Entscheidung vor. Die CETA-Ratifizierung sei längst überfällig gewesen. „Das ist ein guter Tag für den Freihandel“, so Klöckner zu der Entscheidung.
Jetzt müsse die Regierung endlich den „Freihandels-Turbo“ zünden und die Ratifizierung weiterer Abkommen - etwa mit Mercosur, Australien oder Chile - vorantreiben. Eine von den Grünen eingeforderte Interpretationserklärung an den Gemeinsamen CETA-Ausschuss nannte Klöckner eine „grüne Beruhigungsspille“. Der Unions-Berichterstatter für Handelspolitik, Stefan Rouenhoff, monierte, das in der Interpretationserklärung nur das wiederholt werde, was ohnehin im CETA-Vertragstext enthalten sei.
Aushöhlung von Verbraucherrechten?Scharfe Kritik an der Ratifizierung kam hingegen vom
BUND Naturschutz in Bayern (BN), der mit CETA eine Aushöhlung von Verbraucherrechten sowie Umwelt- und Klimastandards befürchtet. Die Elemente des CETA-Abkommens würden die politische Souveränität von europäischen Parlamenten und Entscheidungsorganen untergraben, so der Landesvorsitzende Richard Mergner. Mit dem sogenannten Investment Court System (ICS) solle eine rein privatwirtschaftliche Gerichtsbarkeit ohne demokratische Kontrolle, aber dennoch mit Rechtsverbindlichkeit geschaffen werden. Dadurch könnten in Europa geltende Umwelt-, Klimaschutz- und Sozialstandards umgangen werden.
Paralleljustiz für KonzerneEine Warnung sprach auch die Verbraucherorganisation foodwatch aus: „CETA ist kein harmloses Handelsabkommen, das lediglich
Zölle senkt und den Handel fördert. Der Handelsvertrag schafft eine Paralleljustiz nur für Konzerne, verbannt den
Bundestag bei wichtigen Fragen auf die Zuschauerbank und untergräbt den Verbraucher- und
Umweltschutz in der EU“. Daran änderten auch Zusatzerklärungen und weitere Papiere nichts.
Foodwatch kündigte an, eine erneute Verfassungsbeschwerde gegen CETA intensiv zu prüfen.