Ganz anders sieht es dagegen aufgrund von
Ernteeinbußen durch Frost,
Hagelschäden und
Starkregen in der Europäischen Union und auch in Deutschland aus. Gemäß der vom Statistischen Bundesamt (Destatis) am Mittwoch (22.9.) vorgelegten endgültigen Schätzung zum Stichtag 20. August wurden 2021 im Bundesgebiet insgesamt 38.400 t Kirschen eingebracht; das wären 11.600 t oder 23,2 % weniger als in der Vorsaison. Das Zehnjahresmittel wurde ebenfalls deutlich verfehlt, nämlich um 19,9 %.
Erste vorläufige Schätzungen zum Stichtag 10. Juni waren noch von einem wesentlich moderateren Rückgang von 4,4 % im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt ausgegangen. Den Wiesbadener Statistikern zufolge lag die diesjährige deutsche Süßkirschenernte bei 27.300 t und damit um 25,8 % unter dem Niveau von 2020.
Im Vergleich zum durchschnittlichen Pflückergebnis der vergangenen Dekade von 32.700 t lag das aktuelle Ergebnis um 16,4 % tiefer. Bedeutendstes Bundesland beim Anbau von Süßkirschen ist Baden-Württemberg. Mit einer geschätzten
Erntemenge von 12.500 t wurden dort jedoch 38,8 % weniger dieser Steinfrüchte eingebracht als ein Jahr zuvor.
Im Gegensatz zu den Süßkirschen, deren Ernteschätzungen laut Destatis größeren witterungsbedingten Unsicherheiten unterliegen, hat sich die geringe Sauerkirschenproduktion bereits früh abgezeichnet. Der endgültigen Schätzung zufolge blieb die diesjährige Ernte mit rund 11.000 t um 2.160 t oder 16,4 % unter dem Vorjahresniveau. Der Schwerpunkt des Sauerkirschenanbaus liegt in Rheinland-Pfalz, wo das Aufkommen mit 4.717 t im Vergleich zur Vorsaison „nur“ um 6,1 % rückläufig war.
Dämpfer für die TürkeiDen aktuellen Schätzungen des USDA zufolge soll sich das Kirschenaufkommen in den wichtigsten Produzentenländern 2021/22 auf etwa 4,02 Mio t summieren und damit das Vorjahresergebnis um 38.000 t oder 1,0 % übertreffen. Innerhalb einer Dekade wäre die weltweite Erzeugung damit um rund 1 Mio. t oder ein Drittel gewachsen.
Dafür sorgten vor allem Chile, die Türkei und China mit starken Produktionszuwächsen; aber auch Usbekistan oder Russland trugen mit einer gestiegenen Erzeugung dazu bei. Weltweit wichtigster Kirschenproduzent wird 2021/22 den Washingtoner Analysten zufolge die Türkei bleiben. Allerdings muss dort erstmals seit sieben Jahren eine rückläufige Vermarktungsmenge verkraftet werden; gegenüber der Vorsaison soll diese um 54.000 t oder 5,9 % auf 860.000 t sinken.
Grund sind
Frostschäden während der Blüte in den wichtigen Anbauregionen Izmir und Manisca. Die kleinere Ernte hat bereits die Preise steigen lassen, was zusammen mit der geringen Verfügbarkeit laut Prognose zu einem inländischen Verbrauchsrückgang um fast 5 % führen soll.
Auch der in den vergangenen Jahren stetig gewachsene Kirschenexport der Türkei wird einen kräftigen Dämpfer bekommen. Das USDA erwartet gegenüber 2020/21 einen Rückgang der türkischen Frischkirschenausfuhr um 16.000 t oder 18 % auf 72.000 t. Dabei dürften weniger Kirschen nach Russland als wichtigstem Auslandskunden geliefert werden. Aber auch die Ausfuhr nach Deutschland dürfte aufgrund des kleinen Angebots geringer ausfallen.
Missernte in FrankreichAuch der Kirschenanbau in vielen EU-Mitgliedstaaten war in diesem Frühjahr von Frostschäden beziehungsweise Hagel und Starkregen betroffen. Die Folge ist, dass das USDA ein gegenüber 2020/21 um 37.000 t oder 5,3 % auf 665.000 t abnehmendes Angebot von Süß- und
Sauerkirschen für die Gemeinschaft erwartet. Das wäre der dritte Ernterückgang in Folge.
Mit am schlimmsten von den widrigen Aufwuchsbedingungen war Frankreich betroffen. Schätzungen des Statistischen Dienstes beim Pariser
Landwirtschaftsministerium (Agreste) lagen zuletzt bei einer Pflückmenge von 16.200 t; das wäre jeweils gut die Hälfte weniger als das Vorjahresergebnis und das langjährige Mittel.
Das französische Kirschenaufkommen würde damit auf den geringsten Stand seit 50 Jahren sinken. Die geringere Verfügbarkeit an Kirschen dürfte laut den US-Analysten in der EU zu einer Abnahme des Verbrauchs um gut 4 % auf 705.000 t führen, während der Export auch aufgrund lukrativer Absatzmöglichkeiten im Vereinigten Königreich und der Schweiz bei rund 15.000 t stabil bleiben soll. Bei den EU-Kirschenimporten wird mit einem Anstieg von fast 6 % auf 55.000 t gerechnet.
Verbrauch in China verdoppeltIm Ranking der weltweit wichtigsten Anbauländer für Kirschen hat sich China in den vergangenen Jahren auf Rang drei vorgeschoben und dabei die USA überholt. Im aktuellen Wirtschaftsjahr soll die chinesische Erzeugung um weitere 15 % auf die neue Rekordhöhe von 600.000 t zunehmen. Dazu trug laut USDA auch bei, dass auf erweiterten
Anbauflächen neue Kirschbäume in die Produktion gegangen sind.
Trotz der stetig wachsenden Eigenerzeugung ist China weltweit mit Abstand der größte Kirschenimporteur; die Einfuhrmenge soll 2021/22 mit 335.000 t in etwa auf dem Vorjahresniveau liegen. Bei den chinesischen
Konsumenten werden Kirschen immer beliebter, weshalb sich der Verbrauch in den vergangenen sechs Jahren auf 935.000 t mehr als verdoppelt hat. Der
Konsum ist damit stärker gewachsen als die Eigenerzeugung.
Chile ExportweltmeisterIn den USA werden nach mehreren Jahren mit rückläufigen Ernten aufgrund günstigerer Witterungsbedingungen 2021/22 wieder mehr Kirschen erwartet; das Aufkommen soll laut USDA um gut 11 % auf 392.000 t steigen. Während global die Türkei bei der Produktion und China beim Verbrauch führend sind, hat diese Position bei den Exporten Chile inne.
Bei voraussichtlich weiter zunehmender Erzeugung - das Vermarktungsjahr 2021/22 beginnt in Ländern der
Südhalbkugel erst im November - sollen die Kirschenausfuhren Chiles gegenüber der Vorsaison um gut 3 % auf 365.000 t zunehmen. Aufgrund des hohen Bedarfs ist China wichtigster Abnehmer für chilenische Kirschen geworden. In Russland wird hingegen die Lücke zwischen Eigenerzeugung und Verbrauch vorwiegend durch Importe aus Usbekistan und Kasachstan geschlossen. Die Gesamteinfuhr Russlands soll 2021/22 erstmals auf 100.000 t Kirschen steigen.