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27.02.2010 | 10:00 | Flächennutzung  

Grünland ausreichend geschützt?

Braunschweig - In den letzten Jahren hat sich die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen dynamisch entwickelt.

Grünland ausreichend geschützt?
Veränderungen der Flächennutzung, zum Beispiel die Umwandlung von Grünland in Ackerland, können jedoch unerwünschte Auswirkungen auf den Natur-, Boden- und Klimaschutz haben. In einem vom Bundesamt für Naturschutz aus Mitteln des Bundes­umweltministeriums geförderten Projekt untersuchte eine Arbeitsgruppe des Johann Heinrich von Thünen-Instituts (vTI), wie sich die landwirtschaftliche Flächennutzung seit dem Jahr 2005 verändert hat.

Dabei standen flächenbezogene Ziele des Umwelt- und Naturschutzes im Mittelpunkt. Die Untersuchungen wurden am Beispiel der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz durchgeführt. Methoden und Ergebnisse wurden nun in einem Arbeitsbericht des vTI-Instituts für Ländliche Räume veröffentlicht.

Einen Schwerpunkt der Analysen bildete die Bilanzierung der Grünlandflächen. In den vier Bundesländern sind die Grünlandflächen nach Förderstatistik zwischen 2005 und 2007 um ca. 80.000 Hektar zurückgegangen. Rund die Hälfte dieser Fläche (40.000 ha) ist nachweislich zu Ackerland umgewandelt worden, das Schicksal der übrigen Fläche lässt sich aus den Daten nicht erkennen. Es ist kann durchaus sein, dass es sich vielerorts weiterhin um Grünland handelt, für das nur keine Förderung mehr beantragt wurde.  Wichtigste Ackerkultur auf umgebrochenem Grünland ist Mais.

Der Grünlandrückgang ist auch agrarpolitisch relevant, weil die Länder gemäß geltender Regeln der sogenannten „Cross-Compliance“ sicherstellen müssen, dass das Grünland erhalten bleibt. Verpflichtungen für Einzelbetriebe sind in Deutschland aber erst dann zwingend zu ergreifen, wenn der Grünlandanteil auf Landesebene gegenüber 2003 um mehr als 5 % zurückgegangen ist. Die 5 %-Marke wurde bisher in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein (2008) sowie Niedersachsen (2009) überschritten. Wird in diesen Ländern Grünland umgebrochen, muss nun die Neueinsaat von Grünland auf einer Ersatzfläche nachgewiesen werden.

Die bestehende Cross-Compliance-Regelung kann bis zum Erreichen der 5 %-Marke naturschutzfachlich wertvolles Grünland nicht ausreichend schützen. Für den Landwirt besteht sogar ein Anreiz, Grünland umzuwandeln, da er erwarten kann, dass dies künftig genehmigungspflichtig wird. Zwar bestehen weitere politische Maßnahmen zum Schutz bestimmter Grünlandflächen im Rahmen des Umweltrechts. Jedoch zeigte sich, dass eine Umwandlung von Dauergrünland auch auf ökologisch sensiblen Standorten durchaus stattfand, zum Beispiel in Natura 2000-Gebieten, auf Moorstandorten sowie in Wasserschutzgebieten. Hingegen blieb das Grünland in Naturschutzgebieten und Nationalparks, in denen ein höherer Schutzstatus gilt, nahezu vollständig erhalten.

Diese Ergebnisse legen nahe, dass es in einigen Fällen Regelungslücken gibt, Vollzugsdefizite bestehen oder bestehende Regelungen unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht mehr greifen. Sowohl die Umwelt- als auch die Agrarpolitik sind hier angesprochen. So empfehlen die Autoren, die deklarierten Schutzziele des Natur- und Wasserschutzes zu konkretisieren und ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Die Gemeinsame Agrarpolitik beeinflusst durch ihre Förderpolitik einen Großteil der Grünlandflächen. Mit dem Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKoS) hat die Agrarpolitik ein sehr genaues und zeitnahes Monitoringinstrument an der Hand; mit den Cross-Compliance-Regelungen lassen sich Grundanforderungen durchsetzen und die Agrarumweltmaßnahmen bieten positive Anreizinstrumente, mit deren Hilfe eine gezieltere Flächennutzungspolitik schon heute umsetzbar wäre.

Für die Analysen nutzten die vTI-Wissenschaftler die Flächennachweise des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoS). Diese Flächennachweise müssen Landwirte erbringen, um Fördermittel zu erhalten. Weiterhin wurden Fachkarten zu Schutzgebieten und Zielkulissen des Natur- und Wasserschutzes sowie Informationen zu Bodentyp und Hangneigung herangezogen und in einem geographischen Informationssystem (GIS) zusammengeführt. „Im Rahmen der Agrarförderung werden jedes Jahr mit erheblichem Aufwand aktuelle und hoch aufgelöste Daten über die landwirtschaftliche Flächennutzung in Deutschland zusammengetragen“, hebt Bernhard Osterburg vom vTI-Institut für Ländliche Räume hervor. „Diese Daten sind notwendig für die Direktzahlungen, lassen sich aber auch weit darüber hinaus verwenden.“ (vTI)
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