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28.06.2017 | 16:50 | Müller-Brot-Skandal 
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Kot im Brot: Ekel-Funde in Bäckereien wurden nicht veröffentlicht

München - Schaben, Schimmel, Maden, Mäuse: Auch in den Jahren nach dem Müller-Brot-Skandal von 2012 haben Kontrolleure in bayerischen Bäckereien Hygienemängel entdeckt. Doch die Verbraucher erfuhren davon nichts, wie die Organisation Foodwatch bei der Vorstellung ihres neuen Reports am Mittwoch in München kritisierte.

Lebensmittelskandal
Da gibt es nun extra Kontrollen von Lebensmittelbetrieben - und sie bringen auch immer wieder Missstände zutage. Aber der Verbraucher erfährt davon oft nichts. Die Organisation Foodwatch hat Ekliges herausgefunden. (c) proplanta
«Verstöße gegen das Lebensmittelrecht sind nicht hinnehmbar. Die Betriebe haben eine besondere Verantwortung gegenüber den Verbrauchern», sagte Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf (CSU). Vor dem Start der neuen zentralen Kontrollbehörde für komplexe Betriebe 2018 hätten bereits Sonderkontrollen in Großbäckereien und Schlachthöfen begonnen, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten.

Das Ministerium habe zudem beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) einen Lagebericht angefordert und Vertreter des Bäckereihandwerks zu Gesprächen eingeladen.

Mehr Transparenz für Verbraucher wird es aber auch mit der neuen Kontrollbehörde nicht geben. Für die Bekanntmachung von Kontrollergebnissen habe der Gesetzgeber einen strengen Rahmen gesetzt, erläuterte Scharf. Zwar war 2012 nach dem Müller-Brot-Skandal eine Vorschrift geschaffen worden, die eine Veröffentlichung vorsieht, auch wenn keine Gesundheitsgefahr besteht. Jedoch habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof - wie oberste Verwaltungsgerichte anderer Länder - den Vollzug 2013 vorläufig gestoppt. Das Bundesverfassungsgericht prüfe nun die Vorschrift.

Foodwatch forderte ein bundesweites Transparenz-System. Da die Lebensmittelkontrolle Ländersache sei, könnten auch die Länder per Gesetz für entsprechende Veröffentlichungen sorgen, argumentiert die Verbraucherschutzorganisation. «Lebensmittelkontrollen werden aus Steuergeldern finanziert, der Steuerzahler erfährt aber nicht, was dabei herauskommt», sagte Foodwatch-Experte Johannes Heeg der «Süddeutschen Zeitung». Der Verbraucher habe ein Recht auf die Ergebnisse, «damit er dann selbst entscheiden kann, ob er in einem Betrieb weiter einkaufen will oder eben nicht».

Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks lehnt hingegen Veröffentlichungen von Einzelfällen ab. Die öffentliche Anprangerung einzelner Betriebe sei aus seiner Sicht nicht förderlich für die Lebensmittelsicherheit oder -hygiene, teilte der Verband mit.

Die Lebensmittelkontrolleure hätten ausreichende Befugnisse, um bei einer Gefährdung für die Verbraucher Maßnahmen zu ergreifen, wie etwa die Betriebsstilllegung oder eine öffentliche Produktwarnung.

«Anstatt einen Betrieb, in dem einmalig ein Hygieneverstoß ohne eine Gesundheitsgefährdung entdeckt wurde, durch eine öffentliche Anprangerung in den Ruin zu treiben, setzen sowohl wir als auch die amtliche Lebensmittelüberwachung auf eine rasche Beseitigung der Mängel und Schulungen über die Einhaltung des Hygienerechts.»

Foodwatch hatte über das Verbraucherinformationsgesetz Auskunft zu Kontrollen und Mängeln in acht bayerischen Großbäckereien erwirkt. Demnach ergaben 69 Kontrollen zwischen 2013 und 2016, dass es bei allen Betrieben Beanstandungen gab. Beispielsweise entdeckten die Kontrolleure im «Feinen Weihnachtsgebäck» einer Großbäckerei Nagerkot, Haare und Fraßspuren.

In einem Fall tropfte Kondenswasser auf Kuchen, in einem Raum schimmelte es. In einem anderen Fall krochen Käfer durchs Mehl und hinterließen dabei ihre Spuren, ein Kotklümpchen eines Nagers war in ein Weizenbrötchen eingebacken. In einem Apfelzimtkuchen waren Metallspäne, in einem «Gourmet Brot» ein 20 Zentimeter langer Plastikstreifen. In einer Krapfenanlage hausten Schaben und Käfer.

Die drei besonders betroffenen Bäckereien erklärten inzwischen, dass sie die Mängel umgehend beseitigt hätten. Man habe alle Beanstandungen der Kontrollbehörden unverzüglich abgestellt, teilte die schwäbische Bäckerei Ihle aus Friedberg bei Augsburg mit. «Wir möchten uns bei unseren Kunden für die Verunsicherung durch die Fälle in der Vergangenheit entschuldigen.»

Die Erlanger Bäckerei «Der Beck» mit 150 Filialen in der Region betonte, es sei nie verschimmeltes Brot an Filialen geliefert worden. Die Bäckerei Bachmeier aus dem niederbayerischen Eggenfelden teilte mit: Die «Berichte über Hygienemängel beziehen sich auf Vorfälle aus dem Jahr 2015 und spiegeln in keiner Weise die aktuelle Situation wider».

Die aufgedeckten Zustände seien sicher kein Einzelfall oder ein spezifisch bayerisches Problem, erläuterte Foodwatch weiter. Ähnliche Missstände fanden die Kontrolleure immer wieder auch in anderen Bäckereien. «Bei amtlichen Lebensmittelkontrollen wird in Deutschland Jahr für Jahr etwa jeder vierte Betrieb beanstandet, vor allem aufgrund von Hygienemängeln», schreibt Foodwatch.

Die Behörden stehen vor einem Spagat: Bei Veröffentlichungen drohen Klagen der betroffenen Unternehmen. Die Öffentlichkeit wird somit zumeist nur informiert, wenn eine Gesundheitsgefahr besteht.
dpa/lby
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Kommentare 
cource schrieb am 01.07.2017 05:49 Uhrzustimmen(26) widersprechen(11)
solche harmlosen verstöße sollen von dem eigentlichen problem der backwaren ablenken, dabei entlarvt sich foodwatch als komplize der ernährungsindustrie/lobby. alle getreide/körnerprodukte werden u.a. für die zerstörung der darmfunktionen mit der folge von immunschwäche/allergien/autoimunkrankheiten/krebs und depressionen/autismus verantwortlich gemacht. die ernährungswissenschaften sind der ernährungsindustrie hörig/ausgeliefert, deshalb kann nur jeder für sich selbst ausprobieren ob der totale entzug zu einer verbesserung der lebensqualität/leistungsfähigkeit führt
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