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20.08.2023 | 07:24 | Milchmarkt 

Preiscrash im globalen Handel trifft Neuseeland

Auckland - An der internationalen Handelsplattform Global Dairy Trade (GDT) hat sich der Absturz der Preise für Standardmilcherzeugnisse beschleunigt.

Crash am Milchmarkt
Preise für Milchprodukte an der GDT geben weiter deutlich nach. (c) proplanta
Bei der Auktion am Dienstag (15.8.) brach der zusammenfassende Index der fünf gehandelten Produkte um 7,4 % gegenüber der vorherigen Handelsrunde von Anfang August ein. Vor zwei Wochen war bereits ein deutliches Minus von 4,3 % verzeichnet worden. Innerhalb eines Jahres ist der Index damit um ein Viertel gefallen und hat mittlerweile das tiefste Niveau seit November 2018 erreicht.

Dies trifft durch die geringeren Exporteinnahmen Neuseeland als einen der führenden Anbieter am Weltmarkt besonders. Fonterra hat deshalb vorige Woche bereits zum zweiten Mal in diesem Monat seine Milchpreisprognose für die Saison 2023/24 gesenkt. Die geringeren Milchgelderlöse bei den Farmern werden laut Analysten die wirtschaftliche Entwicklung vor allem auf dem Land schwächen. Für Exportanbieter aus der Europäischen Union wird nun der Preiswettbewerb härter.

Schwacher Chinaexport

Hauptgrund für die Preiskrise an der GDT ist den Analysten zufolge die schwache Importnachfrage Chinas wegen dessen höherer Eigenproduktion, dem dortigen Abbau von Lagerbeständen und der sich verschärfenden Konjunkturflaute. Preisschwächend wirkte sich laut dem Agrarexperten der Westpac Bank, Nathan Penny, auch aus, dass Fonterra im Vorfeld der Auktion angekündigt hatte, seine Angebotsmenge um 11 % zu erhöhen sowie in den kommenden zwölf Monaten insgesamt um 6 % zu steigern. Laut Penny versuchen immer mehr Einkäufer die Ware am Spotmarkt zu kaufen, da sie dort bei ausreichendem Angebot aktuell günstiger als bei normalen Kontraktabschlüssen ist.

Vollmilchpulver so billig wie 2016

Am stärksten betroffen vom Preissturz an der GDT ist Vollmilchpulver als Hauptexportprodukt Fonterras, das hauptsächlich nach China geliefert wird. Über alle Qualitäten und Liefertermine hinweg ließ sich das Pulver bei der jüngsten Auktion im Vergleich zu Anfang August nur mit einem Abschlag von 10,9 % auf 2.331 Euro/t verkaufen. Das bedeutete zugleich das niedrigste Niveau seit 2016. Vor allem die vorderen Fälligkeiten im September und Oktober verloren überdurchschnittlich an Wert.

Zudem gab der durchschnittliche Auktionspreis für Magermilchpulver um 5,2 % auf 2.134 Euro/t nach. Hier war auch der europäische Anbieter Arla von dem Wertverlust betroffen. Bei Butter ergab sich im Vergleich zur Handelsrunde vor zwei Wochen ein mittlerer Preisrückgang von 3,0 % auf 4.153 Euro/t; im Vorjahresvergleich wurde das Fetterzeugnis auch „nur“ mit einem Abschlag von 12,8 % gehandelt. Einziges Produkt, für welches die Kunden bereit waren mehr Geld zu zahlen, war Cheddarkäse. Dieser erlöste bei der GDT-Versteigerung im Mittel 3.776 Euro/t, was gegenüber der Auktion vor zwei Wochen ein Plus von 5,8 % bedeutete. Binnen Jahresfrist hat sich aber auch Cheddar um 17,5 % verbilligt.

Schlag für die Milchwirtschaft

Der starke Abwärtstrend an der GDT mit negativen Folgen für die Milcherzeugerpreise löste in Neuseelands Politik und Wirtschaft Besorgnis aus. Landwirtschaftsminister Damien O'Connor sprach von „einem harten Schlag für die Milchwirtschaft“, welche der größte Exporteur des Landes und wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung in den ländlichen Regionen sei. Er rief die Banken dazu auf, sich nun verantwortungsvoll gegenüber den Landwirten mit Krediten zu verhalten, „die ohne eigenes Verschulden einen Abwärtstrend bei den weltweiten Milchpreisen erleben“.

Der Minister sprach zudem von einer zu hohen Exportabhängigkeit vom chinesischen Markt. Er wies auf die neuen Freihandelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich und der EU hin, welche der Industrie neue Absatzmöglichkeiten böten. Nicht ganz so vielversprechend sieht das der Milchpräsident des Bauernverbandes Federated Farmers (FF) Richard McIntyre. Die neuen Freihandelsabkommen würden nur begrenzte Exportsteigerungen erlauben. Es müssten auch die Verkäufe nach Süd- und Mittelamerika sowie in den Nahen Osten ausgebaut werden.

Preisprognose unter 7 NZ-Dollar

Laut der neuesten Schätzung des Milcherzeugerverbandes DairyNZ dürfte der kostendeckende Milchpreis in der laufenden Saison 2023/24 in Neuseeland bei 7,51 NZ$ (4,10 Euro) je Kilogramm Milchfeststoff liegen. Der von DairyNZ erwartete Erzeugerpreis liegt aktuell jedoch nur bei 7,34 NZ$ (4,01 Euro); er könnte jedoch niedriger ausfallen. Fonterra hatte seine Milchpreisprognose Anfang August um 1,00 NZ$ (0,54 Euro) auf ein Spannenmittel von 7,00 NZ/kg (3,82 Euro) Milchfeststoff gesenkt. Vergangene Woche teilte das Unternehmen mit, dass es angesichts der jüngsten Entwicklung an der GDT nur noch mit einem mittleren Preis von 6,75 NZ$ (3,69 Euro) rechne. Das wäre das geringste Auszahlungsniveau seit 2018/19.

Hohe Einkommensverluste

„In Anbetracht des Rückgangs am globalen Milchmarkt müssen wir mit Einkommenseinbußen in den nächsten zwölf bis 18 Monaten rechnen“, erklärte Sarah Speight von DairyNZ. Der Verband hatte nach der Senkung der Milchpreisprognose von Fonterra Anfang August den gesamtwirtschaftlichen Verlust auf rund 2,7 Mrd. Euro geschätzt. Laut dem FF-Milchpräsidenten wird im Mittel jeder Milcherzeuger fast 110.000 Euro verlieren. „Es wird viele ländliche Gemeinden geben, die darunter leiden“, so McIntyre. Denn das fehlende Geld bei den Milchfarmern wird durch geringere Ausgaben auch Menschen betreffen, die nicht direkt mit der Landwirtschaft zu tun haben.

Noch keine Auswirkungen in Deutschland

In Deutschland blieb der Absturz der Milchpulverpreise an der GDT zunächst ohne Folgen, sie konnten sich vergangene Woche hierzulande sogar leicht erholen. Laut Preisfeststellung der Süddeutschen Butter- und Käsebörse in Kempten ließ sich Vollmilchpulver bei Neuabschlüssen im Schnitt um 2 Cent teurer verkaufen; es kostete zwischen 3,35 Euro/kg und 3,45 Euro/kg. Verglichen mit den Verkaufspreisen Fonterras an der GDT ist das gut 1 Euro/kg mehr. „Am Weltmarkt ist europäische Ware weiterhin kaum konkurrenzfähig“, stellte die Zentrale Milchmarkt Berichterstattung (ZMB) entsprechend fest.

Bei Magermilchpulver zog hier und da die Nachfrage nach dem Ende einiger Schulferien etwas an, blieb insgesamt aber noch ruhig. Die Futtermittelware erlöste im Verkauf je Kilogramm 1 Cent mehr als in der Vorwoche und wurde zwischen 2,08 Euro und 2,11 Euro gehandelt. Bei der Lebensmittelware verschwanden die günstigsten Partien vom Markt; der untere Spannenwert stieg deshalb um 3 Cent auf 2,20 Euro/kg. Während es bei den Käsenotierungen keine Änderungen gab, tendierte die Butter schwächer. Die Päckchenbutter wurde in Kempten um 4 Cent auf 4,64 Euro/kg bis 4,80 Euro/kg herabgesetzt. Die Notierung für die Blockbutter gab um 3,5 Cent auf 4,35 Euro/kg bis 4,45 Euro/kg nach.

Umrechnungskurs: 1 NZ$ = 0,5463 Euro
AgE
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