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10.12.2023 | 07:09 | Agrareinkommen 2023 
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Rekordergebnis: + 45 % - So viel verdienten Landwirte 2022/23 wirklich

Berlin - Die landwirtschaftlichen Einkommen haben sich im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2022/23 deutlich verbessert.

Agrareinkommen 2023
Das „Allzeithoch“ bei den Betriebsergebnissen wird allerdings durch teilweise ausbleibende Investitionen eingetrübt. (c) proplanta
Wie aus dem aktuellen Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) hervorgeht, erzielten die Haupterwerbsbetriebe ein Unternehmensergebnis von durchschnittlich 115.400 Euro je Betrieb. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg um 45 %. Mit Ausnahme der Wein- und Obstbaubetriebe verzeichneten nahezu alle Betriebsformen eine positive Entwicklung, wenngleich in unterschiedlichem Umfang.

Bauernpräsident Joachim Rukwied warnte bei der Vorstellung des Situationsberichts am Donnerstag (7.12.) in Berlin davor, falsche Schlüsse aus den Zahlen zu ziehen. Nach wirtschaftlich schwachen Jahren sei die Erholung der Betriebsergebnisse dringend notwendig gewesen, damit die Landwirte die gestiegenen Marktrisiken und auch die Klimarisiken bewältigen könnten.

Laut Rukwied wird die positive Entwicklung allerdings durch zwei Faktoren getrübt. Zum einen seien die Erzeugerpreise seit dem Jahreswechsel bei wichtigen pflanzlichen und tierischen Produkten wieder im Sinkflug. Zum anderen hätten die Betriebe trotz der erheblich verbesserten wirtschaftlichen Lage deutlich weniger investiert. „Gerade in der Tierhaltung geht der starke Strukturwandel unvermindert weiter und führt zum Verlust von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung“, warnte der DBV-Präsident. Dass die Betriebe kaum in neue Ställe investieren, obwohl wichtige Zukunftsinvestitionen anstehen, nannte er „alarmierend“.

Gegen Haushaltskürzungen

Rukwied betrachtet die wirtschaftliche und agrarpolitische Lage sowie die weitere Entwicklung nach wie vor skeptisch. Keinesfalls dürfe die aktuelle Haushaltskrise dazu führen, dass zusätzliche Sparmaßnahmen im Agrarsektor vorgenommen werden. „Es muss jetzt alles dafür getan werden, den Strukturwandel abzubremsen und Investitionen in die Zukunft der Landwirtschaft zu fördern“, mahnte der Bauernpräsident.

Am angestoßenen Umbau der Tierhaltung müsse festgehalten und dieser finanziell entsprechend unterstützt werden. Schnellstmöglich müsse zudem die nationale Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) „korrigiert und auf praktikable Füße gestellt“ werden. Als „No-Go“ bezeichnete Rukwied Kürzungen an der Agrardieselvergütung oder den Zuschüssen zur Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft.

Mindestlohnerhöhung verhagelt Ergebnisse

Laut Situationsbericht hat das „Allzeithoch“ der Unternehmensergebnisse imWirtschaftsjahr 2022/23 eine Ursache in außergewöhnlichen Preissteigerungen für Nahrungsmittel in Verbindung mit der Entwicklung der Erzeugerpreise.

Ackerbaubetriebe haben demnach ein Betriebsergebnis von durchschnittlich rund 120.000 Euro erzielt und damit etwa 26.500 Euro oder 28,4 % mehr als im Vorjahr. Futterbau und Milchbetriebe konnten ihr Ergebnis im Vorjahresvergleich um 58,3 % oder knapp 53.000 Euro auf rund 143.000 Euro steigern. Gar verdoppeln konnten Veredelungsbetriebe ihr Ergebnis, und zwar von rund 64.000 Euro auf 134.000 Euro.

Im Obst- und Weinbau habe dagegen der gestiegene Mindestlohn zu Buche geschlagen, sagte Rukwied. Durchschnittlich sanken die Ergebnisse dort um rund 16.000 Euro und 17,6 % auf nun knapp 75.000 Euro. Vergleichsweise geringe Ergebnisverbesserungen erzielten die Biobetriebe aufgrund der verhaltenen Entwicklung der Preise für ihre Erzeugnisse. Demnach konnten die Ökobauern im Haupterwerb ihr Ergebnis um 4.900 Euro oder 5 % auf 100.600 Euro steigern.

Gefälle bei den Betriebsergebnissen

Rukwied verwies auf ein Nord-Süd-Gefälle bei den Unternehmensergebnissen, wobei er drei Faktoren als ursächlich ansieht. Erstens seien die Ernten in 2022 im Norden witterungsbedingt besser als die Erträge in den südlichen Bundesländern ausgefallen. Zweitens hätten die durchschnittlich größeren Betriebsstrukturen im Norden der Republik dort höhere Unternehmensergebnisse begünstigt. Und drittens habe der größere Anteil an Sonderkulturbetrieben und deren vergleichsweise schlechten Jahresergebnisse in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz das Gesamtergebnis getrübt.

Während die durchschnittlichen Betriebsergebnisse in Schleswig-Holstein bei etwa 180.000 Euro lagen, betrugen die Ergebnisse in Baden-Württemberg nur knapp 80.000 Euro und in Bayern rund 90.000 Euro. Zu entnehmen ist dem Situationsbericht auch ein Gefälle vom Südwesten in den Osten der Republik. In den von größeren Betriebsstrukturen geprägten ostdeutschen Ländern wurden im Schnitt 170.000 Euro erzielt.

Kaum Investitionen in neue Ställe

Aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage konnten die Haupterwerbsbetriebe ihr Eigenkapital um durchschnittlich 40.700 Euro erhöhen. Laut DBV gelten jährlich pauschal 15.000 Euro bis 25.000 Euro als Voraussetzung für die langfristige Existenzsicherung. Trotz der guten Entwicklung sind die Bruttoinvestitionen der Haupterwerbsbetriebe aber nur um knapp 4 % auf durchschnittlich 80.400 Euro angestiegen, die Nettoinvestitionen um etwa 5 % auf 25.000 Euro.

Die Investitionen in neue Anlagen wie Ställe und Wirtschaftsgebäude sind dem Bericht zufolge 2022/23 um 11 % geringer ausgefallen als im Vorjahr. Die getätigten Ausgaben in diesem Bereich sind vor allem „Erhaltungsinvestitionen“. Die Gründe für die wenigen Stallneubauten sieht der Bauernverband in „unklaren politischen und gesetzgeberischen Rahmenbedingungen.“ Um 19 % zugelegt haben dagegen Investitionen in Maschinen.

Starke Unterschiede zwischen den Betrieben

Laut Situationsbericht muss wegen der starken Gewinnschwankungen die wirtschaftliche Lage der Betriebe auch anhand mehrjähriger Durchschnitte beurteilt werden. So erzielten im Schnitt der Wirtschaftsjahre 2020/21 bis 2022/23 die Haupterwerbsbetriebe ein Unternehmensergebnis von 83.000 Euro. In diesen drei Jahren betrug in knapp 60 % der Betriebe das Unternehmensergebnis mehr als 50.000 Euro und innerhalb dieser Gruppe wiederum durchschnittlich 127.500 Euro. Bei diesen Betrieben lagen auch die Brutto- und Nettoinvestitionen mit knapp 100.000 Euro und gut 32.000 Euro erheblich über dem Durchschnitt aller Haupterwerbsbetriebe.

Bei den Betrieben hingegen, die in den drei Jahren durchschnittlich unter 30.000 Euro Unternehmensgewinn erzielt haben, wurden im Schnitt nur 7.800 Euro Nettoinvestitionen getätigt. In diesen knapp 25 % aller Betriebe fand gleichzeitig kaum noch eine Eigenkapitalbildung statt.

Fehlende Planungssicherheit lähmt Investitionstätigkeit

Die Union sieht die Verantwortung für die teilweise verhaltene Investitionsbereitschaft in der Landwirtschaft bei der Bundesregierung. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir habe es auch nach zwei Jahren im Amt nicht vermocht, „verlässliche Rahmenbedingungen“ zu schaffen, kritisierte der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, in seiner Reaktion auf die Vorstellung des Situationsberichtes. Die guten Unternehmensergebnisse im abgelaufenen Wirtschaftsjahr dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Investitionen auf Eis lägen, so Stegemann. Wesentlicher Grund dafür sei die „fehlende Planungssicherheit“. Anstatt den Betrieben Perspektiven aufzuzeigen, „denkt die Ampel laut über weitere Auflagen und verschärfte Regeln nach“, so der CDU-Politiker.

Kein Geld und keine Planungssicherheit

Der Präsident des Landvolks Niedersachsen, Dr. Holger Hennies, machte deutlich, dass sich das weitgehend positive Wirtschaftsjahr 2022/23 nicht auf die Stimmung in den Betrieben auswirke. „Die Zukunftsaussichten sind aufgrund fehlender Planungssicherheit ungewiss“, stellte Hennies bei der Mitgliederversammlung des Landvolks am Donnerstag (7.12.) in Hannover fest. Dies hemme die Investitionsbereitschaft und damit die Transformation insbesondere im Bereich der tierhaltenden Höfe. „Das Ende der Borchert-Kommission war kein gutes Signal aus Berlin“, betonte der Verbandspräsident. Das Expertengremium habe ein Konzept für den Umbau der Tierhaltung vorgelegt. „Aber ohne Geld und ohne Planungssicherheit scheitert die Umsetzung“, warnte Hennies.
AgE
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Kommentare 
agricola pro agricolas schrieb am 10.12.2023 08:43 Uhrzustimmen(30) widersprechen(5)
„Vertraue nur einer Statistik, die du selbst gefälscht hast!“ - Ein Wink mit dem Zaunpfahl, der keinem guten Statistiker fremd sein dürfte.

Der Apologet Rukwied, der vorgibt, mit seiner alljährlich verbandsintern im Vorfeld systemkonform orchestrierten „EINEN STIMME“ über das gemeine Bauernvolk in eben dieser Art und Weise medial überlaut kommunizierend richten zu dürfen, sollte allerdings so grundehrlich sein, wie vielschichtig das marginale Restvölkchen der heute noch ackernden Bauern überhaupt -zumeist Einzelkämpfer- ist, mit eben ganz unterschiedlichen Profilen innerhalb derer jeweiligen Mikroökonomien. Jeder derselben müsste also, sofern vorstehende Berechnungsgrundlage als solches korrekt ist, sich beim Finanzamt mit über 40% Einkommensteuer im Wirtschaftsjahr beliebt machen. Wenn ihr die Bauern schon knechten wollt, so zieht doch eben diese maßgeblichen Kenngrößen heran, damit jeder Steuerzahler sofort verinnerlichen kann, dass die Prämienzahlungen zum Wirtschaftsjahresende ungeschmälert wieder an unseren Vater Staat zurückfließen. Rein in die eine, direkt wieder raus aus der anderen Tasche.

Daher, hochverehrter Herr Rukwied, als oberster Hüter daselbst sogar auch über unsere Bauernkonten, fordern Sie jetzt unumwunden, dass dieser die Bauern nur noch massiv geißelnde Allrounder-Prämienmoloch SOFORT(!!!) abgeschafft wird - unisono für konventionelle Betriebe und den BIO-Landbau gleichermaßen. Die Wiedergeburt des freien Unternehmers an unseren Weltmärkten. Wenn Sie das nicht tun -ich gehe davon aus, das eigene Hemd ist Ihnen näher als der Rock- sind Sie nichts weiter als ein Scheinheiliger, wo für mich jedwede Toleranz an dieser Stelle endet.

So wie Sie die Situation der deutschen Bauern aktuell darstellen, schaffen wir ALLES!?

Gar nicht nachvollziehen kann ich deshalb, warum gegenwärtig so viele Betriebsleiter das Handtuch werfen. Komisch!? Schließen diese ihre Stall- und Hoftore gar wegen überbordendem Reichtum!?

„ Die Lüge ist immer ein Selbstmord des Geistes.“ (Johann Gottlieb Fichte / Theologe)

Wer solche Freunde wie vor sein eigen nennen darf, dem bedarf es keiner weiteren Feinde.

Heute, am 2. Advent, ein sehr schöner Gruß für unsere berufsständischen Granden:

„Advent und Weihnachten ist wie ein Schlüsselloch, durch das auf unserem dunklen Erdenweg ein Schein aus der Heimat fällt.“ (Friedrich von Bodelschwingh)

In tiefster Dankbarkeit wende ich mich an unseren deutschen Bauernverband:

Sie verstehen es wahrlich Jahr um Jahr in Zeiten der emotionalsten Gefühlswelt in unserem Kalender ihr treudoof lemminghaftes Zahlvölkchen mit Glücksgefühlen förmlichst zu überschütten. Ist es Ihnen ein grundlegendes Bedürfnis, gerade in dieser besinnlichen Zeit diesen Toren vermitteln zu wollen, dass Sie noch so einige Sargnägel in petto haben!?

Versuch gestartet - Versuch geglückt. - DANKE, von ganzem Herzen DANKE!!!...
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