(c) proplanta In Mexiko hat das schwerwiegende Folgen. Die Tortilla, das Grundnahrungs-mittel der Mexikaner, ist aus Mais, und es ist wesentlich teurer geworden. Für ein Kilo der dünnen Maisfladen müssen die Mexikaner nun bis zu 15 Peso (1,10 Euro) zahlen, davor war es weniger als die Hälfte. Schon jetzt hat die Opposition der Linken Demonstrationen und Proteste gegen die seit Dezember amtierende Regierung angekündigt. Präsident Calderon seinerseits kündigte Maßnahmen an, um die Preise wieder in die mexikanische Realität zurückzuholen. So werden nun 650 000 Tonnen Mais zollfrei importiert.
Wenn in Mexiko eine Stadt oder ein ganzer Industriezweig lahm gelegt wird, kümmert das (fast) nur die Betroffenen. Doch wenn die Tortilla teurer wird, wird das ganze Land nervös. «Für viele Mexikaner ist die Tortilla eine Frage von Leben und Tod», schrieb der Publizist Manuel Jánregui in der Tages-zeitung «Reforma». «Die Nation muss sich denen zuwenden, die der Fortschritt nicht erreicht hat, ohne die wirtschaftlichen Regeln zu verletzen.»
Ob die Regierung diesen Appell verinnerlichen kann, ist nicht gewiss. Als am Freitag der vergangenen Woche 200 Hausfrauen und Anhänger des oppositionellen Schattenpräsidenten Andrés Manuel López Obrador wegen der teuren Tortilla auf die Straßen gingen, kündigte die Regierung rasch an, größere Mengen US-Mais zollfrei zu importieren, um die vom Preisanstieg besonders hart betroffenen Regionen notfallmäßig zu versorgen und durch die Beseitigung der Maisknappheit den Preis für die Tortilla zu drücken.
Auch soll die Produktion angekurbelt werden. Die Nationale Maiskammer forderte am Wochenende sogar, dass die Regierung eine strategische Notreserve an Industriemais anlegen solle, um von dem Auf und Ab der Weltmarktpreise unabhängiger zu werden. Auch solle die Kette «Maiz-Tortilla» unter die Aufsicht des Staates gestellt werden, um dem Zwischenhandel auf die Finger zu sehen.
Appelle von Fachleuten, es nicht mit Subventionen und Preiskontrollen zu versuchen, finden derzeit wenig Gehör. Es ist schon jetzt abzusehen, dass für die Tortilla die Grundregeln der freien Marktwirtschaft in Mexiko ausgehebelt werden müssen. Die Opposition will in der kommenden Woche einen «Kreuzzug zur Verteidigung der Tortilla» mit Märschen, Demonstrationen und anderen Aktionen beginnen.
Die Tortilla ist demnach nicht nur das Grundnahrungsmittel der Mexikaner, wie das Brot in Deutschland und Spaghetti in Italien. Sie ersetzt darüber hinaus das Besteck und den Teller, mit dem man Fleisch, Käse, Pilze, Spinat oder Speck zu sich nimmt. Jeden Tag verspeisen die 104 Millionen Mexikaner mehr als 300 Millionen Tortillas. Viele Menschen in den armen und wirtschaftlich unterentwickelten Regionen haben nichts anderes zu essen.
Mexiko erzeugt selbst in zwei Ernten 20 Millionen Tonnen Mais pro Jahr, davon sind 1,3 Millionen gelber und der Rest weißer Mais. Vor allem die Produktion des weißen Mais ist ausreichend für den Konsum in Mexiko. Aber, so schrieb das Wirtschaftsblatt «El Financiero», der Mais werde auch im großen Mengen zu Tierfutter, vor allem für Hühner, verarbeitet. Angesichts der rasant gestiegenen Weltmarktpreise von 2,4 auf 3,5 Dollar pro Bushel (1 Bushel = 35 Liter) sei es zu Panikkäufen in der Landwirtschaft gekommen.
Quelle: dpa 14.01.2007 © dpa
|
|