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07.07.2023 | 14:02 | Fischereiverband 

Ungewisse Zukunft für Ostseefischer

Rendsburg - Die Fischer in Schleswig-Holstein blicken in eine ungewisse Zukunft.

Heringe
Dorsch und Hering - das waren einmal die «Brotfische» für die Ostseefischer. Zurzeit dürfen sie nur noch stark eingeschränkt gefangen werden. Der Landesverband der Fischer spricht von einer sehr angespannten Lage. Minister Schwarz sagt Unterstützung zu. (c) proplanta
«Das ist im Moment eine sehr kritische Lage», sagte der Vorsitzende des Landesfischereiverbandes, Lorenz Marckwardt, der Deutschen Presse-Agentur, anlässlich der Mitgliederversammlung seines Verbandes am Freitag in Rendsburg. Die größte Sorge bereiteten die niedrigen Fangquoten. «Den Dorsch dürfen wir in der Ostsee nicht mehr gezielt fangen, sondern nur als Beifang, und den Hering nur noch in geringen Mengen mit Stellnetzen.»

Etwas Licht am Ende des Tunnels gebe es für die Ostseefischer derzeit nur beim Plattfisch. «Alle bekennen sich zwar zur Küstenfischerei, aber es hängt alles von den zukünftigen Quoten ab», sagte Marckwardt. «Es sieht nicht rosig aus, sondern eher dunkelrot.»

Marckwardt verwies auch auf Folgen des Klimawandels: «Der Dorsch wandert in tiefere Regionen, wo er kühleres Wasser hat». Zudem gebe es zu viele Kormorane, die Jungfische fressen. Doch letztlich würden die Fischer angeprangert wegen angeblicher Überfischung. «Aber wir halten uns strikt an unsere Vorgaben.»

Im Blick auf die Zukunft treibt die Fischer im Norden neben den Quoten besonders der geplante Nationalpark Ostsee um. Da in den Kernzonen die Fischerei untersagt werden solle, würde dies einem «Berufsverbot» für die ortsansässigen Fischer gleichkommen, sagte Marckwardt.

Ein Nationalpark werde die Ostsee nicht retten, an der die schleswig-holsteinischen Gewässer nur einen Anteil von 0,06 Prozent hätten. «Packt erst einmal die Altlasten an, und dann sehen wir weiter!», sagte Marckwardt. Aus seiner Sicht sollten zuerst die Kriegsmunition aus der Ostsee entsorgt sowie Nährstoff- und Giftstoffeinträge minimiert werden.

Laut dem Jahresbericht des Verbandes landeten die hiesigen Fischer im vergangenen Jahr 28.927 Tonnen Fisch, Speisekrabben und Miesmuscheln im Wert von 52,6 Millionen Euro an. 2019 waren es noch 40.780 Tonnen und 69,8 Millionen Euro. Dorsch und Hering wurden demnach in der Ostsee kaum gefangen, sondern hauptsächlich Plattfisch, aber auch nennenswerte Mengen an Sprotten.

Die Situation der Betriebe an der Ostsee bleibe sehr angespannt. Für 2023 sei dort keine Besserung in Sicht, da die Quoten unverändert seien, hieß es weiter. Einzig die Quote bei der Scholle sei um 25 Prozent auf 900 Tonnen angehoben worden.

«Die Zukunft des gesamten Sektors steht auf dem Spiel», schreibt der Verband. «Ist die regionale Fischerei der Ostsee überhaupt noch gewollt?» Laut schwarz-grünem Koalitionsvertrag solle die handwerkliche Fischerei zwar erhalten werden, doch mit einem Nationalpark Ostsee werde dies nicht mehr möglich sein, heißt es vom Verband.

Dem Bericht zufolge wurde 2022 Erwerbsfischerei an Nord- und Ostsee von 465 Fahrzeugen ausgeübt, nachdem es 2021 noch 486 gewesen seien. Die Zahl der erwerbstätigen Fischer sei von 786 auf 758 (413 im Haupterwerb und 345 im Nebenerwerb) gesunken.

Auch aus Sicht von Fischereiminister Werner Schwarz steht die Fischerei vor immensen Herausforderungen. In der Ostsee sei sie in der größten Krise seit der Nachkriegszeit, äußerte der CDU-Politiker in einem Grußwort an die Fischer. Die wirtschaftlich wichtigen Fischbestände von Dorsch und Hering seien zusammengebrochen und als Folge der jahrzehntelangen Nährstoffeinträge nähmen sauerstofffreie Gebiete zu.

Hinzu kämen der Klimawandel, die Zunahme fischfressender Prädatoren (Beutegreifer), der Verlust von Fanggebieten durch den Ausbau der Offshore-Windkraft oder auch aus Naturschutzgründen. «Wir erleben seit Jahren einen immer schnelleren Strukturwandel in der Fischerei, und ein Ende der Krisen ist bislang nicht in Sicht.» Die Landesregierung sei parteiübergreifend darin einig, die Fischerei im Land erhalten zu wollen.

Im Zusammenhang mit den Plänen von Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) für einen Nationalpark Ostsee sagte Schwarz im Blick auf mögliche Einschränkungen für die Fischerei, beschlossen sei noch gar nichts und sein Haus werde den weiteren Prozess kritisch begleiten.

Er werde sich für die berechtigten Interessen der Fischer bestmöglich einsetzen, sagte Schwarz zu. Er verwies auch auf die Vereinbarung im schwarz-grünen Koalitionsvertrag, dass die regionale, traditionelle Krabbenfischerei erhalten bleiben soll.
dpa/lno
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