An der Matif ist der Mitte Juli eingesetzte
Preisverfall zumindest vorrübergehend zum Stillstand gekommen, nachdem es zuvor scheibchenweise um 10 Euro/t nach unten gegangen war. Der Septemberkontrakt für Weizen ist am Donnerstag (13.8.) mit gut 178 Euro/t aus dem Handel gegangen.
Ob es mitten in der Ernte tatsächlich zu einer nachhaltigen Gegenbewegung bei den Weizenpreisen kommt, muss nach Ansicht von Marktanalysten allerdings abgewartet werden. Das USDA hat seine Weizenschätzung für die Europäische Union einschließlich des Vereinigten Königreichs in seinem August-Bericht zwar um 4 Mio t auf 135,5 Mio. t zurückgenommen; diese Kürzung wird jedoch durch Aufwärtskorrekturen für die Ernten in Russland, der Ukraine sowie den USA selbst nahezu ausgeglichen.
Das
US-Landwirtschaftsministerium begründete die starke Rücknahme der Weizenernteschätzung für die EU mit einer niedrigeren Flächenangabe aus Frankreich, die mitten im Drusch um weitere 300.000 ha reduziert wurde. Damit fehlen dort weitere 2 Mio t Weizen, die bisher vom Handel fest eingeplant waren. In Frankreich war es zur Aussaat im Herbst 2019 so nass gewesen, dass der Winterweizen vielerorts nicht in den Boden gebracht werden konnte. Mittlerweils geht das Pariser Agrarressort davon aus, dass landesweit die kleinste Fläche seit 1994/95 mit Weizen gedrillt wurde.
Weltmarkt aber komfortabel versorgtIn Deutschland macht sich derweil die anhaltende Trockenheit negativ bei den Weizenerträgen bemerkbar. Das USDA hat seine Schätzung für die hiesige Ernte deshalb jetzt um 800.000 t auf 20,9 Mio. t herabgesetzt. Der Deutsche
Raiffeisenverband (
DRV) sieht diese bei 21,1 Mio. t. Hitze während der Kornfüllungsphase hat auch den heranwachsenden Weizen in Südosteuropa geschädigt.
Die Ertragseinbußen in Bulgarien und Rumänien beziffert das Ministerium auf zusammen 1,0 Mio t. Trotz der Ausfälle in Europa bleibt der globale
Weizenmarkt 2020/21 jedoch mehr als komfortabel versorgt. Insgesamt dürften den Washingtoner Fachleuten zufolge weltweit rund 766 Mio. t Weizen eingefahren werden, sollte es im Saisonverlauf nicht noch zu weiteren
Wetterkapriolen kommen.
Dem steht in der laufenden Kampagne ein globaler Verbrauch von 750 Mio. t des wichtigsten Nahrungsgetreides gegenüber. Die globalen Weizenbestände werden gemäß dem August-Bericht des USDA durch den Angebotsüberhang im Saisonverlauf um 16 Mio. t auf 316,8 Mio. t wachsen. An der Welt-Leitbörse von Chicago reagierte der Terminweizen denn auch mit leichten Kursverlusten auf die insgesamt „bärischen“ Zahlen aus dem US-Agrarressort. Der Preis für ein Bushel
Futterweizen verharrte in der abgelaufenen Handelswoche weiter unter der psychologisch wichtigen Marke von 5 $ (153 Euro/t).
Chicago im Auge des SturmsUnterdessen richtete im Mittleren Westen der USA ein heftiger Sturm schwere Schäden in der Landwirtschaft an. Der Nationale Wetterdienst meldete zu Beginn der vorigen Woche einen
Tornado, der mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 160 km/h von West nach Ost die Bundesstaaten Nebraska, Iowa, Wisconsin und Illinois durchquerte, mit Ausläufern Richtung Michigan und Indiana östlich der Great Lakes.
Im Auge des Sturms befand sich Chicago, Sitz der Welt-Leitbörse für Agrarrohstoffe; die Handelsmetropole wurde durch den selbst für US-Verhältnisse heftigen Sturm ebenfalls stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Mittlere Westen, auch bekannt als amerikanischer „Cornbelt“, ist das Zentrum des amerikanischen Maisanbaus. Durch den Sturm wurden viele fast druschreife Bestände zum Teil total verwüstet.
Schätzung „pulverisiert“Wenige Tage nach dem verheerenden Sturm war es für eine detaillierte Bestandsaufnahme noch zu früh; für viele Farmer im Mittleren Westen dürften die Schäden aber existenzbedrohend sein. Hinzu kommt, dass zahlreiche Logistikeinrichtungen wie Silos zerstört wurden, was den Abfluss der im September anlaufenden
Maisernte behindern wird.
Auf vielen Flächen haben die Ackerbauern im Mittleren Westen einen Totalschaden in ihren Mais- und Sojabeständen zu beklagen. Allerdings ist die Saison zu weit fortgeschritten, als dass eine andere Kultur nachgebaut werden könnte. Der Sturm hat laut Marktanalysten die jüngsten Ernte- und Bilanzschätzungen des USDA für Mais und
Sojabohnen quasi „pulverisiert“.
Das Washingtoner Agrarressort hatte das diesjährige heimische Maisaufkommen gegenüber der Juli-Schätzung noch um 7 Mio. t auf 388,0 Mio. t und die landeseigene
Sojaproduktion von 112,5 Mio. t auf 120,4 Mio. t heraufgesetzt, beides basierend auf ersten Ertragsschätzungen für 2020 aus der Befragung von Farmern.
Ideale WuchsbedingungenBevor der Sturm den Cornbelt heimsuchte, waren die Wuchsbedingungen für beide Kulturen als nahezu ideal eingestuft worden, weshalb viele
US-Farmer mit sehr guten Erträgen gerechnet hatten. Die
Sturmschäden wird das USDA erst in seinen Septemberbericht einarbeiten, der in vier Wochen erscheint.
Die
Terminbörse von Chicago reagierte indes mit kräftigen Kursaufschlägen auf den verheerenden Tornado: Der vordere Septemberkontrakt für Sojabohnen verteuerte sich an den ersten vier Tagen der abgelaufenen Handelswoche unter dem Strich um 3,1 % auf 8,95 $/bu (278 Euro/t); der Maisfuture mit gleicher Fälligkeit legte sogar um mehr als 5 % auf 3,24 $/bu (108 Euro/t) zu. Hätte der Sturm Anfang voriger Woche nicht den Mittleren Westen so schwer getroffen, wären die Kurse Marktexperten zufolge sehr wahrscheinlich weiter gesunken.
Zurückhaltung bei der RapsvermarktungDie an der Matif gehandelten Raps- und Maiskontrakte haben allerdings bisher kaum vom Rückenwind aus Chicago profitieren können. Terminraps zur Andienung im September kostete am vergangenen Donnerstag kurz vor Handelsschluss 378 Euro/t; bereits seit Anfang Mai pendelt diese Laufzeit in der recht engen Spanne zwischen 370 Euro/t und 390 Euro/t.
In Europa sind viele Landwirte noch mit der Ernte beschäftigt und stellen die Vermarktung deshalb zunächst hintenan. Zu Jahresbeginn waren an der Terminbörse für Rapssaaten zeitweise Preise über 400 Euro/t aufgerufen worden, was der eine oder andere Erzeuger für den Verkauf erster Teilmengen genutzt hatte.
Deshalb herrscht aktuell kein großer Verkaufsdruck beim Raps. Die ebenfalls in Paris gelisteten Maisfutures werden kaum zur Preisabsicherung genutzt, weshalb die Notierungen für das Grobgetreide eher informativen Charakter haben. Vorigen Donnerstag schloss der Maiskontrakt zur Abrechnung am Jahresende in Paris bei 164 Euro/t, nachdem bei dieser Laufzeit Mitte Juli mit 181 Euro/t das bisherige Jahreshoch erreicht worden war.