Der Gießener Virologe Friedemann Weber hält weitere und verschärfte Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie indes für sinnvoll. In Wiesbaden kommt am Mittwoch das Corona-Kabinett zusammen, am Nachmittag (15.30 Uhr) wollen Ministerpräsident Volker Bouffier (
CDU) und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) darüber informieren.
Bund und Länder hatten sich am Dienstag wegen der anhaltend hohen Corona-Infektionszahlen unter anderem darauf verständigt, dass der bis Ende Januar befristete Lockdown bis zum 14. Februar verlängert wird. Damit bleiben etwa die Gastronomie, Freizeiteinrichtungen sowie der Einzelhandel geschlossen.
Zudem wird die Maskenpflicht verschärft. In öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften sollen künftig medizinische Masken zum besseren Schutz vor dem Coronavirus getragen werden. In dem Beschlusspapier von Bund und Ländern ist die Rede von sogenannten OP-Masken oder Mund-Nase-Bedeckungen mit den Standards KN95/N95 oder FFP2. Arbeitgeber müssen künftig wo immer möglich das Arbeiten zuhause ermöglichen. Eine entsprechende
Verordnung soll das Bundesarbeitsministerium befristet bis zum 15. März erlassen.
Der Präsident des hessischen Industrie- und Handelskammertags (HIHK), Eberhard Flammer, teilte am Mittwoch mit: «Auch wir sind in Sorge vor den neuen Corona-Mutationen. Doch die Fortschreibung pauschaler Geschäftsschließungen bis mindestens Mitte Februar ist sehr hart.» Viele Unternehmen würden kaum noch wissen, wie sie liquide bleiben sollen. «Mit der erneuten Lockdown-Verlängerung sehen wir einen Kipppunkt erreicht», mahnte Flammer. «Wir werben für verantwortbare Lösungen, statt den Stillstand einfach fortzuschreiben.»
Der Virologe Weber, Leiter des Instituts für Virologie der Uni Gießen sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die schärferen Maßnahmen: «Ich halte das nicht für Alarmismus.» Die Infektionszahlen seien in Großbritannien nach oben geschossen - das wolle man nicht haben. «Das Szenario ist real, die Möglichkeit besteht auch hier.» Der längere Lockdown sowie die Regelungen zum Homeoffice seien «Schrauben, an denen man noch drehen kann, ohne dass man jetzt komplett die Wirtschaft abwürgt».
Weber sagte weiter: «Aus virologischer Sicht wäre es wirklich besser, drei Wochen komplett den Laden dicht zu machen. Aber natürlich muss die Gesellschaft aushandeln, was sie möchte.» Zu den leicht sinkenden Fallzahlen sagte Weber: «Für mich ist es schon eine Kurve der Hoffnung.» Die Daten würden jetzt, nach den Feiertagen mit unregelmäßigeren Meldungen, repräsentativer. Man könne trotz Unsicherheiten «ganz vorsichtig» einen Trend nach unten ablesen.
Hessens Apotheker erwarten eine steigende Nachfrage nach höherwertigen Masken. «Ich gehe davon aus, dass sich mehr Leute mit Masken eindecken», sagte eine Sprecherin des Hessischen Apothekerverbands in Offenbach. Die Apotheken hätten solche Masken vorrätig. «Sie sind aufgrund der Gratisabgabe an Risikopatienten gut bevorratet», erklärte die Verbandssprecherin. Bei Engpässen könne man innerhalb weniger Tage Nachschub bekommen, die Lieferanten seien zuverlässig. Der Verband empfiehlt, beim Kauf auf eine seriöse Bezugsquelle zu achten. Ein sehr niedriger Preis sei ein Warnzeichen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht Arbeitgeber in der Pflicht, Beschäftigten bei Bedarf Corona-Schutzmasken kostenlos zur Verfügung zu stellen. «Gesundheitsschutz war und ist immer Aufgabe der Arbeitgeber», erklärte Michael Rudolph, Vorsitzender des DGB Hessen-Thüringen. «Hohe Hygienestandards sind die elementaren Voraussetzungen für einen wirksamen
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz», so Rudolph. Deshalb müssten die Arbeitgeber die Masken beschaffen und auch bezahlen. Rudolph forderte die Landesregierungen auf, die Umsetzung in den Betrieben zu kontrollieren. «Hier sehen wir Handlungsbedarf.»
Der Gewerkschafter forderte die Arbeitgeber zudem dazu auf, schnell zu prüfen, welchen Beschäftigten sie die Möglichkeit zur Arbeit von zu Hause aus ermöglichen können. Keinesfalls dürfe dies mit der Betreuung von Kindern verbunden sein.