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31.08.2010 | 19:19 | Atompolitik  

Merkel will schnelle Atom-Entscheidung

Berlin - Kanzlerin Angela Merkel will die schwarz-gelbe Koalition beim brisanten Thema Atomenergie nun schnell auf eine Linie bringen.

Merkel will schnelle Atom-Entscheidung

Bei einem Treffen im Kanzleramt vereinbarte die CDU-Vorsitzende mit den zuständigen Ministern weitere Gespräche noch in dieser Woche, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa in Berlin am Dienstag. Möglicherweise würden dann am Sonntag die Eckpunkte für die Milliardenbeiträge der Atomwirtschaft, die Laufzeitverlängerung der Meiler und die Sicherheitsanforderungen festgelegt, hieß es. In der Union mehren sich zwar Forderungen, die Atomkraftwerke lange zu betreiben - möglichst 20 Jahre. Doch allem Anschein nach bewegen sich die Koalitionäre auf einen Kompromiss zu, der die AKWs mit einer Jahreszahl im unteren zweistelligen Bereich länger am Netz ließe.

Merkel hatte einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren fachlich vernünftig genannt, aber bereits erkennen lassen, dass diese Spanne eventuell nicht ausgenutzt werde. So hatte Regierungssprecher Steffen Seibert erklärt, laut Gutachter würde sich schon eine «niedrigere zweistellige Verlängerung der Laufzeiten» positiv auf Energiepreise, Versorgungssicherheit und Minderung des CO2-Ausstoßes auswirken. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sieht bei langen Laufzeiten eine Gefahr für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Er will lieber unterhalb von 10 Jahren bleiben. Viel längere Laufzeiten hätten seiner Argumentation zufolge kaum Effekte für Klimaschutz und Strompreise.

Dagegen plädiert FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle für 12 bis 20 Jahre, damit sich der Aufwand überhaupt lohne. CDU-Bundestagsabgeordnete plädierten für bis zu 20 Jahre längere Laufzeiten für Atomkraftwerke. Der Wirtschaftsexperte Joachim Pfeiffer sagte dem «Hamburger Abendblatt» (Dienstag): «Das Motto lautet: je länger, desto besser», sagte Pfeiffer. Es sei sachlich geboten, 20 Jahre umzusetzen. Auch der energiepolitische Fraktionssprecher Thomas Bareiß plädierte für 20 Jahre. Die CSU will mindestens 15 Jahre. Die Koalition muss dann aber mit einer Verfassungsklage mehrerer Länder sowie der SPD und der Grünen rechnen.

Die Anti-Atom-Bewegung kritisierte, die Regierung wolle die Öffentlichkeit mit einem «Etikettenschwindel» täuschen. «Denn hinter den Kulissen wird nicht über Jahre verhandelt, sondern über Reststrommengen», sagte der Sprecher der Organisation «ausgestrahlt», Jochen Stay. Bei den künftigen Laufzeiten sei entscheidend, wie hoch die jährlich produzierte Strommenge pro Reaktorblock angesetzt werde. Schon heute sind ältere Meiler wegen Störungen oft gar nicht am Netz. Wenn die Regierung in ihrem Konzept aber pro Betriebsjahr einen durchgehenden Reaktorbetrieb mit entsprechend hohen Stromkontingenten ansetze, entspreche die errechnete Jahreszahl bis zur Stilllegung der Kraftwerke nicht der Realität. «Da können aus einer behaupteten Laufzeitverlängerung von 10 Jahren schnell 15 oder mehr Jahre werden», sagte Stay.

Schon im Jahr 2.000 beim rot-grünen Atomkonsens mit den Stromkonzernen sei dieser Umrechnungsfehler gemacht worden. In einem Gespräch mit Röttgen, Brüderle und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beriet Merkel über die Schlussfolgerungen aus dem am Montag vorgelegten Gutachten zur Energieversorgung. Eine Jahreszahl für die Verlängerung der Atomlaufzeiten wurde noch nicht näher besprochen, hieß es. Jedes Ressort solle nun für sich die Lage klären. Danach gebe es ein gemeinsames Vorgehen. «Die Sache macht jeden Tag Fortschritte», hieß es nach dem Treffen.

An diesem Mittwoch will das Bundeskabinett zunächst über eine Brennelementesteuer sprechen, diese aber noch nicht beschließen. Ende September wird über diese Steuer für die Atomwirtschaft dann im Zusammenhang mit dem Energiekonzept entschieden. Derzeit ist aber offen, ob die Steuer tatsächlich erhoben wird. Fest steht nur, dass die Stromkonzerne ab 2011 jährlich 2,3 Milliarden Euro zur Sanierung des Bundeshaushalts zahlen sollen. Die Ankündigung der Steuer gilt als Druckmittel der Regierung für die Atomwirtschaft. (dpa)

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