Nötig sei ein Gesellschaftsvertrag, der klärt, wie die Ansprüche der Gesellschaft an die Landwirtschaft finanziert werden, sagte die Ministerin am Freitag in Hannover. «Die Gesellschaft hat neue Anforderungen an die Landwirtschaft, und das zu Recht», meinte Otte-Kinast. «Es kann aber nicht sein, dass die Kosten für mehr
Tierwohl, mehr
Klimaschutz und mehr ökologische
Nachhaltigkeit ausschließlich von den Landwirten getragen werden.»
Der sich abzeichnende Umbau der Landwirtschaft werde nach Berechnungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums jährliche Zusatzkosten in Milliardenhöhe verursachen. «Die Mehrkosten einer gesellschaftlich gewünschten landwirtschaftlichen Produktion können nicht weiterhin über schrittweise Verschärfungen des Ordnungsrechts auf die Landwirte abgewälzt werden», sagte die Ministerin. Nach dem Vorbild der von der Bevölkerung gewollten Energiewende, deren Mehrkosten Deutschland weitgehend klaglos zahle, werde das Land auch für die Weiterentwicklung seiner Landwirtschaft zahlen müssen - «entweder an der Ladenkasse oder aus öffentlichen Geldern.»
Sie sei inzwischen überzeugt, dass ein Wandel der Agrarbranche nach dem Vorbild der ökologischen Landwirtschaft der einzige realistische Weg sei, um Landwirtschaft und Gesellschaft wieder miteinander zu versöhnen. Die ökologische Landwirtschaft erziele höhere Markterlöse für ihre
Erzeugnisse, zugleich werde sie mit Prämien unterstützt.
Nach demselben Modell könne auch ein Wandel der konventionellen Landwirtschaft funktionieren, sagte die Ministerin bei einem erstmals organisierten agrarpolitischen Neujahrsauftakt im Ministerium.
Die Beziehung zwischen Gesellschaft und Landwirtschaft leide unter fehlendem Respekt, Alarmismus, Beschuldigungen und populistischer Stimmungsmache, beklagte Otte-Kinast. Die Proteste der Landwirte in den letzten Monaten hätten deutlich gemacht, wie groß die Verzweiflung auf den Höfen ist. Sie hätten auch gezeigt, dass Verbände und die Politik sich darum zu wenig kümmerten.
Allerdings gebe es im Zuge der Proteste auch unsachliche Anschuldigungen an die Adresse der Politik sowie ein bewusstes Vergiften des Gesprächsklimas. Schon in einigen Tagen sind erneute Proteste von Landwirten angekündigt. Mit mehreren Schleppern demonstrierten
Bauern auch am Freitag während des Empfangs der Ministerin.
In Niedersachsen gibt es rund 37.000 Landwirtschaftsbetriebe, von denen rund 60 Prozent im Haupterwerb geführt werden. Nach Angaben der
Landwirtschaftskammer ist Niedersachsen damit
Agrarland Nummer eins: Hier wird fast ein Viertel des gesamten bundesweiten Produktionswertes in der Landwirtschaft von 56 Milliarden Euro pro Jahr erzielt.