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12.03.2015 | 06:02 | Energiezukunft 

Stromkonzerne in der Zange: Eon und RWE kämpfen um die Zukunft

Essen/Düsseldorf - Deutschlands größte Versorger Eon und RWE verlieren in der Energiewende Milliarden - die Stromriesen müssen mit Sparprogrammen, Jobkürzungen und alternativen Geschäftsideen gegensteuern. 

Milliardenverlust Energiewende?
RWE sieht sich im «Tal der Tränen», bei Eon erwarten Experten tiefrote Zahlen: Deutschlands Stromversorger stecken in der Krise fest. Nennenswerte Preissenkungen für die Verbraucher gab es bisher aber nicht. Und Kritiker verweisen auf eine Mitschuld der Konzerne. (c) proplanta
Ob Eon-Chef Johannes Teyssen und sein RWE-Kollege Peter Terium mit ihren Rezepten Erfolg haben, bleibt abzuwarten. Eon hat sich für eine Abspaltung von Gas, Kohle und Atomkraft entschieden - RWE behält alles unter einem Dach. Die wichtigsten Baustellen:

Rückgang bei der konventionellen Stromerzeugung

Mit seinen Gas- und Kohlekraftwerken verdient RWE wegen des Absturzes der Börsenstrompreise immer weniger Geld. Doch gleichzeitig werden fossile Anlagen gebraucht, um die Versorgungssicherheit in Zeiten der noch schwankenden Ökostrom-Einspeisung zu gewährleisten. Das Ergebnis aus der Stromerzeugung schrumpfte bei RWE 2014 um fast ein Drittel auf knapp eine Milliarde Euro. Den Betrieb als Reserve für ein sicheres Stromnetz will sich das Unternehmen bezahlen lassen, was die Politik aber ablehnt. Auch bei Eon ging die konventionelle Erzeugung zurück - weil Gaskraftwerke kaum liefen, zwei Kohleblöcke und die Kernkraftwerke Grohnde sowie Isar 2 länger stillstanden und der warme Winter generell den Absatz drückte. Eon prüft zusammen mit drei kommunalen Versorgern die Stilllegung eines Gaskraftwerks im bayerischen Irsching - einer der modernsten Anlagen in ganz Europa.

Auf zahlreiche Kraftwerke im Ausland schrieb Eon Milliarden ab - das ist die Hauptursache für den Rekordverlust unterm Strich für 2014. Die Düsseldorfer prüfen zusammen mit drei kommunalen Versorgern die Stilllegung eines Gaskraftwerks im bayerischen Irsching - einer der modernsten Anlagen in ganz Europa. Die Branche fordert Geld für das Bereithalten von Energie in windarmen und dunklen Zeiten. Das habe nichts mit «Hartz IV» für Kraftwerke zu tun, sagte Eon-Chef Johannes Teyssen zu einer Aussage von SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel.

Kaum Entlastung für die Stromkunden

Die Stromkunden merken von den Tiefstpreisen an der Strombörse wenig, die Verbraucherpreise haben bei vielen Anbietern zuletzt nur ganz leicht nachgegeben. Nach Schätzungen des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz dürfte die Ökostrom-Umlage - sie macht rund 18 Prozent des Strompreises von Haushaltskunden aus - für die Endverbraucher und Unternehmen im nächsten Jahr aber nicht merklich steigen. Und Eon hat versichert, die dreistelligen Millionenkosten für den Firmenumbau nicht auf den Strompreis aufzuschlagen.

Sparen und Abbauen

RWE spart an Sachausgaben und Personal und verkauft Beteiligungen oder ganze Firmen wie seine Öltochter Dea. Der Mitarbeiterstand schrumpfte dadurch bis Ende 2014 um rund 5.000 auf knapp 60.000 Vollzeitstellen. Das Sparprogramm wurde von 1,5 Milliarden Euro bis Ende 2015 auf 2 Milliarden Euro bis 2017 verlängert und aufgestockt. Weitere 1.200 Jobs sollen in den nächsten Jahren wegfallen. Ähnlich bei Eon: 10.500 Jobs bauten die Düsseldorfer in den vergangenen Jahren ab, 1.500 weitere Stellen sollen 2015 noch gekappt werden.

Nur langsames Wachstum bei den Erneuerbaren

Die großen Hoffnungen auf sichere Gewinne durch die erneuerbaren Energien haben sich zunächst nicht erfüllt. 2014 schrumpfte bei RWE das Ergebnis aus der Sparte sogar um fast ein Zehntel - unter anderem, weil in Spanien Fördersätze drastisch gekürzt wurden. 2015 hofft RWE auf deutlich wachsende Gewinne, weil zwei große Windparks vor Wales und Helgoland voll ans Netz gehen. Auch Eon setzt auf mehr Einkünfte aus der Windkraft. An der teuren Aufholjagd sind die Konzerne aus Sicht von Kritikern wie Greenpeace aber zum Teil selbst Schuld: Sie hätten die Wende zum Ökostrom verschlafen und müssten nun die Konsequenzen tragen.

Zwang zu Innovationen

Mit kundennahen Angeboten wollen sich die Versorger retten. Doch das Geschäft ist kleinteilig, die Einnahmen sind nicht mit den satten Kraftwerksgewinnen von früher zu vergleichen. Mehrere hunderttausend «Smart Home»-Anlagen zur Steuerung von Licht und Heizung im Eigenheim hat RWE verkauft. Da mehr Privatleute auch Strom erzeugen, brauchen sie Speicher und Leitungen. Auch «Smart Metering» - die bedarfsgenaue Messung und Abrechnung nach variablen Tarifen anstelle pauschaler Abschläge - ist ein Thema. Um für diesen Technologiesprung fit zu sein, ändert Eon seine Struktur radikal: Erneuerbare Energien, Netze und Kundenlösungen stehen im Mittelpunkt. Konventionelle Erzeugung, globaler Energiehandel sowie die Erkundung von Öl- und Gasvorkommen werden komplett ausgelagert. Die Aufspaltung des Konzerns kostet erst mal wieder Geld: einen dreistelligen Millionenbetrag.

Holpriger Atomausttieg

Nach dem Schock von Fukushima vor genau vier Jahren traf der bis 2022 beschlossene Atomausstieg die Stromkonzerne auf dem falschen Fuß. Sie hatten auf Laufzeit-Verlängerung für ihre profitablen Kernkraftwerke gesetzt - nun vollzog die Bundesregierung unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe in Japan die Rolle rückwärts. Eon forderte wegen entgangener Gewinne 380 Millionen Euro Schadenersatz für das dreimonatige Atom-Moratorium nach dem Erdbeben und Tsunami, RWE 235 Millionen. Auch gegen die Steuer auf Kernbrennstoffe wehren sich die Unternehmen. Umstritten bleibt die Finanzierung des Rückbaus der Nuklearanlagen: Kritiker befürchten, dass die Rücklagen der Konzerne für die milliardenteuren Arbeiten nicht ausreichen könnten.
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