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29.06.2012 | 11:03

Solarförderkürzung ist beschlossene Sache

Solarbranche
(c) proplanta
Quo vadis Energiewende?

Die Energiewende sei in vollem Gange und auf dem bestem Wege, aus ihren ganzen Kinderkrankheiten herauszuwachsen. So umschreibt SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier das Selbsturteil der Bundesregierung über ihre Energiewende, die vor einem Jahr am 30. Juni im Bundestag beschlossen wurde.

Doch Steinmeier sieht das anders und spricht von verheerenden Signalen. «Das wirkliche Risiko für unsere wirtschaftliche Zukunft ist der fast komplette Verlust von Planbarkeit und Investitionssicherheit in der Energiewirtschaft», sagt der SPD-Politiker. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.


Was bedeutet der Kompromiss zur Solarförderung?

Für Hausbesitzer sind es trotz Einschnitten gute Nachrichten. Der von Bundestag und Ländern im Vermittlungsausschuss beschlossene Kompromiss bedeutet, dass es für Dachanlagen 19,50 Cent statt bisher 24,43 Cent pro Kilowattstunden gibt.

Zudem wird weiterhin der ganze eingespeiste Strom vergütet. Größere Dachanlagen (10 bis 40 Kilowatt) bekommen künftig 18,50 Cent, das ist mehr Geld als zunächst geplant.


Warum lohnt sich eine Solaranlage trotz der Kürzungen?

Wegen weiter fallender Modulpreise. Und der Förderbetrag wird 20 Jahre lang gezahlt. Sechs-Kilowatt-Anlagen sind schon für rund 10.000 Euro mit Montage und Netzanschluss zu haben, sagt Bernd Schüßler vom Fachmagazin Photon.

An sehr guten Standorten seien durchaus noch zweistellige Renditen möglich. Mit einem Kilowatt lassen sich 825 bis 1.050 Kilowattstunden pro Jahr produzieren. Zudem lohnt sich bei den hohen Strompreisen auch die Nutzung des Stroms zum Eigenverbrauch.

Hierfür soll es in Kürze ein millionenschweres Förderprogramm mit zinsverbilligten Krediten für Stromspeicher, etwa Batterien, geben.


Was ist problematisch an dem Kompromiss?

Er kommt letztlich der chinesischen Solarbranche zugute, weil der Deckel bei 52.000 Megawatt zu einem massiven Zubau bei Solarparks führen kann, die mit chinesischen Modulen bestückt werden. Höhere Forschungsgelder sollen deutsche Unternehmen im Wettbewerb mit der chinesischen Konkurrenz stärken, sagt Umweltminister Peter Altmaier.

Zudem ist das Netz für so viel Solarstrom oft nicht fit genug, und die Belastung der Bürger könnte zu stark steigen. Viele Politiker blicken mit Sorge auf den 15. Oktober, wenn die von den Bürgern über den Strompreis zu zahlende Ökostrom-Umlage für 2013 bekanntgegeben wird. Sie könnte pro Haushalt um 50 Euro pro Jahr steigen.


Wo hakt es noch?

Das Thema Energiesparen kommt nicht recht voran. Ein Steuerbonus von einer Milliarde Euro für energetische Gebäudesanierungen scheitert weiterhin am Widerstand der Länder, die zu hohe Steuerausfälle fürchten.

Mehr Sanierungen werden als kleines Konjunkturprogramm gesehen, zudem werden 40 Prozent der Energie in Gebäuden verbraucht.

«Energieeffizienz macht die Wirtschaft auch unabhängiger von immer teureren Gas- und Ölimporten und dämpft die Kosten der Energiewende», sagt Christian Noll von der Unternehmensinitiative Energieeffizienz.


Was ist mit dem Netz- und Speicherausbau?

Bis zum 10. Juli können Bürger sich noch an der ersten Runde der Konsultation zum neuen Netzentwicklungsplan beteiligen. Binnen zehn Jahren sollen 3800 Kilometer an neuen Stromautobahnen gebaut werden, davon vier lange Höchstspannungstrassen vom Norden in den Süden.

Bis Ende des Jahres soll dies per Gesetz festgezurrt werden, der Bund will hier mehr Kontrolle übernehmen, damit es mehr Tempo gibt. Das größte Problem: Bei den Nordsee-Windparks fehlen Netzanschlüsse. Hier drohen massive Verzögerungen und Milliarden an Zusatzkosten.

Um mehr Ökostrom speichern zu können, wird ein Seekabel nach Norwegen gebaut, dort stehen riesige Pumpspeicherkapazitäten zur Verfügung.


Hat Steinmeier angesichts der ganzen Baustellen nicht doch recht?

Zum Teil ja. Bei der Solarförderung wird ständig nachgebessert, die Energiebranche dringt daher auf eine grundlegende Reform bei der Förderung erneuerbarer Energien.

Es könnte auch am Einspeisevorrang für Wind- und Solarstrom gerüttelt werden, weil sich sonst neue Gas- und Kohlekraftwerke womöglich nicht lohnen. Die Regierung dreht ständig an bestimmten Schräubchen, Investoren klagen über Unklarheit, was langfristige Planungssicherheit betrifft.

Letztlich ist einiges auf dem Weg - aber viele vermissen eine ordnende Hand. Die Sorge ist, dass die Eurokrise die Energiewende noch schwieriger machen könnte. (dpa)
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