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15.12.2022 | 05:52 | Energiekosten 

Geplante Energiepreisbremsen ernten Kritik

Berlin - Vor der geplanten Verabschiedung der Energiepreisbremsen im Bundestag gibt es deutliche Kritik an den Plänen.

Energiekosten-Management
Teure Energie - helfender Staat: Kurz vor der Weihnachtspause sollen die Pläne zu den Energiepreisbremsen Gesetz werden. Doch aus der Sicht von Kritikern ist schon jetzt klar, dass bald neue Schritte folgen müssen. (c) Eisenhans - fotolia.com
Der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Gewerkschaft Verdi warnten am Mittwoch in Berlin vor großen Belastungen durch hohe Energiepreise trotz der Preisbremsen. Auch die Industrie zeigte sich unzufrieden.

Die Preisbremsen sollen am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden und die steigenden Energiekosten abfedern. Bürgerinnen und Bürger sowie kleine und mittlere Unternehmen sollen von ihren Lieferanten 80 Prozent ihres Erdgasverbrauchs zu 12 Cent je Kilowattstunde beziehungsweise 80 Prozent ihres Wärmeverbrauchs zu 9,5 Cent je Kilowattstunde erhalten.

Industriekunden sollen von ihren Lieferanten 70 Prozent ihres Erdgasverbrauchs zu 7 Cent je Kilowattstunde oder 70 Prozent ihres Wärmeverbrauchs zu 7,5 Cent je Kilowattstunde erhalten.

Zuletzt hatten sich die Ampel-Fraktionen noch auf Entlastungen auch für Menschen geeinigt, die zum Beispiel mit Öl oder Pellets heizen. Zudem wird eine Begrenzung von Boni und Dividenden in Unternehmen eingeführt, die von den Bremsen profitieren.

Verdi-Chef Frank Werneke sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die soziale Balance der Maßnahmen stimmt nicht.» Die Leistung der Regierung bei der Sicherheit der Energieversorgung verdiene die Note befriedigend, bei den Preisinstrumenten aber nur ausreichend bis mangelhaft.

«Beispielsweise Mieterinnen und Mieter einer schlecht isolierten Zweizimmerwohnung haben kaum eine Chance, 20 Prozent einzusparen», so der Verdi-Chef. «Über den Daumen bedeutet das für sie eine Verdoppelung der Preise im Verhältnis zu 2021. Damit sind unverändert viele Menschen überfordert.»

Die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Ramona Pop, sagte der dpa: «Die Preisbremsen bremsen - aber sie sind an einigen Stellen verbesserungsbedürftig, weil sie nicht gezielt wirken.» Wie immer bei «One-size-fits-all» gebe es Unschärfen und Ungerechtigkeiten. Wer viel verbraucht habe, solle mehr bekommen als diejenigen, die schon in der Vergangenheit sparsam unterwegs waren. Gebraucht hätte es ein Mindestkontingent für jene, die in den letzten Jahren bereits gespart haben. 

Werneke sagte: «Unterm Strich bedeutet das für die Mieter mit niedrigem oder mittlerem Einkommen aufs Jahr gerechnet eine Unterstützung von einigen 100 Euro. Besitzer eines großen Hauses mit höheren Verbräuchen werden gegebenenfalls mit mehreren tausend Euro unterstützt.»

Pop sagte zudem: «Die Frage bleibt offen, ob die Regierung genug unternommen hat, um Energiesperren zu verhindern.» Sie sprach sich für einen Automatismus aus - «stattdessen müssen sich aber die Verbraucher selbst um die finanzielle Unterstützung bei drohenden Energiesperren kümmern».

Die Verbraucher könnten zwar Abwendungsvereinbarungen abschließen und die Versorger sollten auf die Menschen zugehen, die bereits überhöhte Rechnungsstände haben. «Es fehlt aber, dass die Abschlagszahlungen wieder nach unten angepasst werden können.»

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, hatte bereits am Vortag gewarnt, dass Entlastungen wegen der hohen Energiepreise zu spät oder gar nicht bei energieintensiven Firmen ankämen. Die Gaspreisbremse, die für große Industrieverbraucher ab Januar greifen soll, sei viel zu bürokratisch angelegt, sagte er der dpa.

Werneke und Pop machten sich dafür stark, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern mit einem neuen Instrument von direkten staatlichen Zahlungen geholfen werden kann. «Es ist dringend erforderlich, 2023 Haushalte mit geringem bis mittleren Einkommen direkt zu unterstützen - als «Energiegeld»», forderte Werneke.

Pop sagte, Deutschland brauche dringend ein System von sozial gestaffelten Direktzahlungen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) habe gesagt, dass die Entwicklung eines solchen Systems noch 18 Monate dauern solle. «Für direkte Zahlungen sollten staatliche Stellen die Steuer-ID-Nummern mit IBAN-Nummern verknüpfen können», sagte Pop.

«Die Familienkasse und die Rentenkasse wickeln bereits große Zahlungen ab. Man kann sich daran ein Beispiel nehmen, um so ein solches System von Direktzahlungen aufzubauen.» Für das geplante Klimageld sei ohnehin ein Mechanismus von Direktzahlungen nötig, damit Zahlungen der privaten Haushalte für die CO2-Bepreisung auch wieder vollständig zurückgezahlt werden könnten.
dpa
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