Es drehe sich bei dieser Frage alles um Geld, sagte Fell der Deutschen Presse-Agentur. «Letztlich geht es um die Schaffung eines Wirtschaftssystems, in dem Renditen mit
Klimaschutz erwirtschaftet werden und nicht wie heute mit Investitionen in Klimaschädigung.» Schon heute arbeiteten in Deutschland 300.000 Menschen in der Öko-Energie-Branche; in Zukunft könnten es bis zu eine Million sein. Fell, der das Erneuerbare-Energien-Gesetz für Deutschland federführend mitausgearbeitet hat, verweist auf ein neues Konzept von ihm, dass er gerade auch im Büro von Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger vorgestellt hat.
«Ich halte die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2030 für möglich», betonte der energiepolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. Haupthindernis seien die Gewinninteressen der großen Konzerne, die fast ausschließlich ihre Geschäfte mit der fossilen und atomaren Wirtschaft machten, erklärte Fell zu seinem Konzept.
Die weltweite Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2030 koste weniger als die Hälfte der globalen Brennstoffrechnungen, die bis dahin für den Kauf von fossilen und atomaren Brennstoffen anfielen. In seinem Konzept verweist Fell auf Berechnungen der US-Forscher Mark Z. Jacobsen und Mark A. Delucchi, die die Kosten der Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2030 auf etwa 100.000 Milliarden US-Dollar taxieren.
Nach einer Schätzung der Energy Watch Group würden im gleichen Zeitraum aber etwa 200.000 Milliarden US-Dollar für den Kauf von Brennstoffen benötigt. Einige Länder würden derzeit stärker als Deutschland umsteuern. Fell berichtet von China, wo 70 Fabriken für Windkraftanlagen entstünden. «Eine gigantische Entwicklung.» Angesichts der aktuellen Debatte und der Marktmacht der Konzerne sieht er nur eine Chance, Deutschland und andere führende Länder vom Nutzen der totalen Öko-Energiewende zu überzeugen, wenn die Finanzindustrie grün wird.
Er hält das Ziel einer Begrenzung der
Erderwärmung auf zwei Grad für viel zu hoch. «Schon bei 0,9 Grad Celsius Erderwärmung sind die Klimafolgen dramatisch.» Bereits heute seien die Auswirkungen des Klimawandels deutlich sichtbar, betont Fell und verweist die Brände in Russland und die
Überschwemmungen in Pakistan in diesem Sommer. Neben einer drastischen Reduzierung der klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen käme es daher auch auf eine Kohlenstoffreinigung der Atmosphäre an, etwa durch eine Aufforstung. (dpa)
Hintergrund:
Brandenburg bei erneuerbaren Energien Vorreiter
Auf dem Weg zur Versorgung mit erneuerbaren Energien hat Brandenburg die Nase vorn. Zu den Schlusslichtern gehören das Saarland, Berlin und Hessen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien.
Brandenburg wurde 2008 in der Summe mehrerer Kriterien «Gesamtsieger», weil es seine Möglichkeiten zur Förderung und Nutzung von erneuerbaren Energien vorbildlich genutzt hat - bereits bis 2020 wird dort eine rein erneuerbare Stromversorgung für möglich gehalten. In einzelnen Bereichen sieht das Bild etwas differenzierter aus. So lag Schleswig-Holstein bei der Gewinnung seines Strombedarfs dank der Windenergie mit stolzen 42 Prozent vor Brandenburg.
Berlin kommt auf nur 0,2 Prozent Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Bayern hält bei der Erzeugung von Solar-Strom den Spitzenplatz, Baden-Württemberg bei «erneuerbarer Wärme». Auch bei der Nutzung der Wasserkraft sind die süddeutschen Länder Spitze, während es - auch wegen der Ferne zur stürmischen Küste - beim Einsatz von Windenergie noch hapert.
Die im Gesamtvergleich weit abgeschlagenen Länder haben Besserung gelobt. So will Hessen bis 2015 auf einen ehrgeizigen Öko-Anteil von 15 Prozent kommen. Das Saarland setzt auf einen Masterplan «Neue Energie». Erneuerbare Energien deckten 2009 rund 10,1 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland. Beim Strom waren es sogar 16,1 Prozent. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen glaubt, dass Erneuerbare bereits 2030 den gesamten Strombedarf decken könnten. Die Bundesregierung geht bis 2020 hier von 38,6 Prozent aus.