„Ich sehe die Kraftwerksbetreiber in der Pflicht, hierzu entsprechende Vorschläge zu machen“, betonte der Minister gestern (29.07.) in Stuttgart. Eine Laufzeitverlängerung setze zudem voraus, dass auch weiterhin umfassend in die Sicherheit der Anlagen investiert werde. Sicherheitsfragen müssten überdies offensiv und ohne ein Zuwarten kommuniziert werden. Im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung sei zudem zwingend und zügig auch die Frage nach einer sicheren Endlagerung der radioaktiven Abfälle zu beantworten.
In der letzten Sitzung vor der Sommerpause hatte das Kabinett diese Woche in Stuttgart das Energiekonzept Baden-Württemberg 2020 verabschiedet. Pfister, dessen Ministerium das Energiekonzept federführend erarbeitet hat, stellte dazu fest: „Baden-Württemberg hat damit jetzt ein ambitioniertes und realistisches Energiekonzept. Wir wollen mit dem Konzept aber auch bundespolitische Akzente setzen, indem wir zeigen, wie eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche
Energieversorgung im kommenden Jahrzehnt aussehen muss.“
Ausgesprochen wichtig sei es, so Pfister, Energie effizienter zu verwenden und weniger Energie zu verbrauchen. Deshalb strebe die Landesregierung an, die Energieproduktivität (die Energieproduktivität gilt als Maßstab für die Effizienz im Umgang mit den Energieressourcen) in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2020 im Mittel um mindestens zwei Prozent jährlich zu steigern, den Primärenergieverbrauch zu senken, einen weiteren Anstieg des Stromverbrauchs zu vermeiden und den Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der Nettostromerzeugung bis 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen. Pfister: „Diese Ziele sind ambitioniert und berücksichtigen die spezifische Situation des Landes. Wir stellen uns damit der Notwendigkeit, sparsam mit Energie umzugehen, ermöglichen aber auch ein von uns gewünschtes Wirtschaftswachstum.“
Neben der Energieeinsparung sei der Ausbau der erneuerbaren Energien ein weiterer Schwerpunkt des Konzepts. Die Landesregierung wolle bis zum Jahr 2020 den Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Stromerzeugung auf mindestens 20 Prozent steigern, den Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Wärmebereitstellung auf mindestens 16 Prozent erhöhen und einen Anteil der erneuerbaren Energieträger am Primärenergieverbrauch von mindestens 13 Prozent erreichen, so Pfister.
Im Mittelpunkt der Diskussionen zum Entwurf des Energiekonzepts habe die Stromerzeugung gestanden: „Hier sahen wir uns zum Teil der Kritik ausgesetzt, dass das Land zurückstehe gegenüber der Zielmarke der Bundesregierung, die bis zum Jahr 2020 einen Anteil von 30 Prozent der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch anstrebt. Wir können uns aber im Gegensatz zum Bund nicht die prognostizierte Stromerzeugung aus Offshore-Windenergieanlagen anrechnen lassen, die mehr als fünf Prozentpunkten des Anteils der erneuerbaren Energien am
Stromverbrauch entsprechen soll. Außerdem gehen wir im Gegensatz zum Bund nicht davon aus, dass der Stromverbrauch sinken wird“, stellte der Minister klar. Insofern sei das Ziel des Landes von „mindestens 20 Prozent erneuerbar“ seriös kalkuliert und außerdem nicht gedeckelt. „Die Landesregierung würde einen höheren Anteil ausdrücklich begrüßen. Wir wollen uns aber auch nicht einem unseriösen Bieterwettbewerb anschließen“, verdeutliche Pfister.
Nach Auffassung des Ministers sind die genannten Ziele nur zu erreichen, wenn alle erneuerbaren Energieträger ausgebaut werden. Die Landesregierung setze daher auf Wasserkraft, Bioenergie, Photovoltaik, Geothermie und Windenergie. „Gerade die Windkraft stößt aber, trotz einer erkennbaren Neubewertung, nach wie vor auf Vorbehalte“, bedauerte der Wirtschaftsminister, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass das Energiekonzept mit seinem Bekenntnis zur optischen Wahrnehmbarkeit und zur notwendigen Windhöffigkeit von Standorten ein landespolitisches Umdenken in Gang gesetzt habe.
„Trotz des massiven Ausbaus der erneuerbaren Energieträger brauchen wir aber weiterhin konventionelle Kraftwerke“, stellte der Minister klar. Die Landesregierung mache sich deshalb dafür stark, den Kraftwerksstandort Baden-Württemberg zu erhalten und strebe an, auch zukünftig den größten Teil des Strombedarfs durch Erzeugungskapazitäten im Land abzudecken. Durch eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke und einen gleichzeitigen Ausbau der erneuerbaren Energien solle im Jahre 2020 im Land als Zwischenschritt ein Strom-Mix von maximal 50 Prozent Kernkraft, maximal 30 Prozent fossil und mindestens 20 Prozent erneuerbar erreicht werden.
Der Minister erläuterte, dass das Wirtschaftsministerium das Energiekonzept mit einer Kommunikationskampagne begleiten werde. „Wir wollen damit das Konzept einer breiten Öffentlichkeit bekannt und die für eine Industriegesellschaft wesentlichen aber durchaus auch komplexen Fragestellungen der Energieversorgung verständlich und damit auch nachvollziehbar auf den Punkt bringen. Denn nur durch ein engagiertes und unvoreingenommenes Zusammenwirken von Wirtschaft, Bürgern und Politik sind die ambitionierten Ziele des Konzepts zu erreichen“, so Pfister abschließend. (PD)