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07.12.2022 | 06:11 | Energiebranche 

Ökostrom-Ausbau in Gefahr?

Kiel - Die Ökostrom-Branche im Norden hat vor einer Vollbremsung beim Ausbau erneuerbarer Energien gewarnt. Als Gründe nannten Branchenvertreter am Dienstag in Kiel geplante Regelungen zur Strompreisbremse.

Ökostrom-Erzeugung
Droht beim Ausbau von Windstrom, Solar und Biogas eine Pause? Die Branche warnt vor negativen Folgen durch die Strompreisbremse und Begleitregelungen. Viele Millionenprojekte lägen wegen fehlender Planungssicherheit auf Eis. (c) proplanta
Die Bundesregierung riskiere mit aktuellen Plänen zur Übererlösabschöpfung einen Investitionsstau, sagte der Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien Marcus Hrach. «Investitionsprojekte in Millionenhöhe werden in Schleswig-Holstein derzeit ausgesetzt und vielfach sogar ganz gestoppt.»

Laut aktuellem Gesetzentwurf würden nicht nur zusätzliche Gewinne abgeschöpft, sondern auch durch die Krise entstandene zusätzliche Umsätze, sagte Hrach. «Das ist bedrohlich.» Es habe drastische Folgen auf die Wirtschaftlichkeit von Projekten, weil teils immens gestiegene Erzeugungskosten nicht berücksichtigt würden. Unter diesen Rahmenbedingungen seien die Ausbauziele Schleswig-Holsteins nicht zu erreichen. Laut Koalitionsvertrag soll Schleswig-Holstein bis 2030 jährlich 30 bis 35 Terawattstunden Windstrom an Land erzeugen.

Mit einer Strompreisbremse will die Bundesregierung Folgen höherer Preise abfedern. Um das mitzufinanzieren, sollen «kriegs- und krisenbedingte» Überschusserlöse abgeschöpft werden.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur, «der dringend benötigte Ausbau der Erneuerbaren wird nur gelingen, wenn die Branche genug finanziellen Spielraum für Investitionen hat».

Der ursprüngliche Vorstoß des Bundeswirtschaftsministeriums, die Vergütungshöchstgrenzen im Erneuerbare-Energien-Gesetz um 20 Prozent anzuheben, sei genau in die richtige Richtung gegangen. «Das nun einmal mehr auf Betreiben der FDP eine wichtige Regelung für die Erneuerbaren zurückgedreht wurde, ist so unverständlich wie ärgerlich.» Er appelliere an die Verhandelnden in Berlin, an dieser Stelle nachzubessern.

Nach Angaben von Vorstand Michael Möller ist die VR Bank Nord in Projekte mit einem Volumen von 400 bis 500 Millionen Euro involviert. Bei mindestens der Hälfte werde derzeit aber die «Stop-Taste» gedrückt.

Wichtigste Prämissen seien Planungssicherheit und auskömmliche Parameter für eine solide Wirtschaftlichkeit. «Beides ist durch das aktuelle Gesetz gefährdet.» Er sprach von einer «Vollbremsung für die erneuerbaren Energien».

Der Geschäftsführer des Bürgerwindparks Janneby, Jörg Thordsen, kritisierte, dass eine ursprünglich geplante Anpassung der EEG-Umlage von 5,88 Cent je Kilowattstunde aus dem Gesetzentwurf gestrichen wurde. Die Kosten seien stark gestiegen. Ein Windrad mit sechs Megawatt Leistung koste mittlerweile 6,5 Millionen Euro.

«Wir haben derzeit keine Sicherheit, dass wir in Zukunft auskömmlich verdienen können.» Die Branche im Norden sei geprägt durch mittelständische Unternehmen und Bürger-Windprojekte. Vorhaben stünden vor dem Aus, weil sie nur über erhöhtes Eigenkapital finanziert werden könnten.

Gefährdet ist nach Darstellung von Ove Petersen, Mitbegründer von GP Joule, auch der Zubau von Solaranlagen. Solarparkbetreiber seien einst mit gerade so die Kosten deckenden Preisen in Ausschreibungen gegangen. «Wenn bald 90 Prozent der Umsätze - nicht der Gewinne - oberhalb der Erlösobergrenze abgeschöpft werden, ignoriert das völlig die realen Finanzierungsgrundlagen der Parks wie auch die zuletzt stark gestiegenen Kosten der Solarparkbetreiber.» Die Branche wolle sich beteiligen, schlage dafür aber eine Besteuerung vor. «Die beste Strompreisbremse sind Windräder und Solaranlagen.»

Der Geschäftsführer von BioEnergie Gettorf, Martin Lass, rechnet damit, dass aufgrund der Pläne in der Biogasbranche flexible Speicherkraftwerke vom Stromnetz gehen werden. Der durch die Pläne der Regierung entstandene Vertrauensverlust werde die Energiewende um Jahre zurückwerfen.
dpa/lno
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