Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
16.01.2011 | 02:38 | Geringer Kraftstoffbedarf 

Raffinerien leiden unter Überkapazitäten

Hamburg - Uwe Franke, der Chef des Mineralölkonzerns BP in Deutschland und einigen angrenzenden Ländern, hatte schon vor Wochen öffentlich gewarnt.

Zapfsäule
(c) proplanta
Die Mineralölwirtschaft habe in Europa mit drastischen Überkapazitäten zu kämpfen und die Zukunft der Branche in Deutschland sei bedroht, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Nun ist es soweit: Zwei Jahre Suche haben nicht gereicht, um einen Käufer für die Shell-Raffinerie in Hamburg-Harburg zu finden. Nun drohen Zerschlagung und Ausverkauf, 300 der 570 Arbeitsplätze stehen auf der Kippe.

Der Verbrauch von Mineralölprodukten sinkt seit vielen Jahren. Das ist so gewollt; die Politik in der EU will umsteuern von fossilen auf erneuerbare Energieträger. Das bedeutet zum Beispiel, dass Benzin und Diesel vermehrt mit sogenannten Biokraftstoffen gemischt werden. In Deutschland läuft gerade die Einführung von Benzin mit einem Bio- Ethanolanteil von zehn Prozent an. Somit wird weniger Öl benötigt. Ob die Umweltbilanz der Biokraftstoffe wirklich positiv ist, wird mittlerweile auch von Umweltorganisationen bezweifelt. Ihre Förderung ist aber geltende Politik.

Schon vor dem Trend zu Biokraftstoffen ging der Verbrauch wegen der immer effizienteren Motoren und Heizungsbrenner zurück. Für Benzin und Heizöl reduzierte sich die Nachfrage in den vergangenen zehn Jahren um rund ein Viertel. Einzig Dieselkraftstoff legte noch zu, weil mehr Pkw mit einem Dieselmotor gekauft wurden und die Transportleistung der Logistikwirtschaft weiter zunahm, also mehr Lkw unterwegs waren. Im Jahr 2009 verarbeiteten zwölf Raffineriestandorte in Deutschland 115 Millionen Tonnen Rohöl zu Benzin, Diesel und Heizöl. Der Verbrauch lag mit 104 Millionen Tonnen deutlich darunter. Und ging im Jahr 2010 bis Oktober weiter zurück, bei Benzin um 2,1 Prozent, bei Heizöl um 2,9 Prozent. Nur Diesel verzeichnete ein Plus von 3,2 Prozent.

Die Raffinerien sind nur zu 80 Prozent ausgelastet. Schon in den achtziger Jahren wurden als Folge der Ölkrisen in Deutschland 16 Raffineriestandorte mit einer Kapazität von 62 Millionen Tonnen stillgelegt. Danach war Deutschland Importland für Ölprodukte und die Raffinerien konnten mit guter Auslastung laufen. Seit 2007 liegt die Verarbeitungskapazität der deutschen Raffinerien wieder über dem Verbrauch. Die Margen sind gering, in manchen Jahren negativ, auch wenn das angesichts der hohen Benzinpreise und der Milliardengewinne der Ölkonzerne kaum jemand glaubt. Die Gewinne stammen aus der Förderung von Öl und Gas, danach wird bis zum Verkauf an den Endverbraucher nicht mehr viel verdient.

Bislang konnten zumindest die überschüssigen Benzinmengen in die USA exportiert werden, wo es während der Sommermonate regelmäßig zu Engpässen und erhöhter Nachfrage kam. Doch dieses Schlupfloch wird kleiner; der Markt kommt in den USA zunehmend ins Gleichgewicht und benötigt weniger Importe. Gleichzeitig nehmen in Ländern wie Indien oder im Nahen Osten riesige Raffinerien die Arbeit auf, die weitgehend für den Export produzieren, auch nach Europa. Sie verschärfen den Konkurrenzdruck.

Mit dem Ende der Raffinerie Hamburg-Harburg gehen rund 5,5 Millionen Tonnen Raffineriekapazität aus dem Markt. Auch die Conoco- Raffinerie in Wilhelmshaven, mit 13,5 Millionen Tonnen Kapazität die zweitgrößte deutsche Spritfabrik, produziert seit 2009 nicht mehr und wird wohl nicht wieder angefahren. Damit reduzierte sich die Verarbeitungskapazität der deutschen Raffinerien auf rund 100 Millionen Tonnen und entspricht ungefähr dem Marktvolumen. Doch bis 2020 wird ein weiterer Rückgang des Benzin- und Heizölverbrauchs um rund ein Viertel erwartet. Für die Raffinerien gibt es noch keine Entwarnung. (dpa)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Kommen wirklich Fahrverbote am Wochenende?

 Motorenhersteller Deutz stellt sich bei alternativen Antrieben neu auf

 Vom Kampf ums Öl zur Klimawende: Internationale Energieagentur wird 50

 Strengere CO2-Regeln für LKW und Busse in der EU

 Kraftstoff aus Erneuerbaren: Millionen-Investition auf der Kippe

  Kommentierte Artikel

 Deutsche Verbraucher offen für abgelaufene Lebensmittel

 Brandenburger Dackel wohl von Wolf angegriffen

 Tag des Wolfes - Bauern machen Druck für vereinfachten Abschuss

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung