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20.12.2010 | 03:30 | Biogas-Wirtschaft  

Regionale Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft nicht der Biogasbranche anlasten

Berlin - Zum Entschließungsantrag der niedersächsischen Landesregierung zur Steuerung des weiteren Ausbaus der Nutzung von Biomasse zur Biogaserzeugung, der morgen in den Bundesrat eingebracht wird, nimmt der Geschäftsführer des Biogasrat e.V., Reinhard Schultz Stellung:

Biogas

Die Biogas-Wirtschaft kann manche der Motive, die die Niedersächsische Landesregierung zu dem Entschließungsantrag zur Steuerung des weiteren Ausbaus der Nutzung von Biomasse zur Biogaserzeugung bewogen hat, durchaus verstehen. Wie in dem Antrag zutreffend dargestellt, gibt es in wenigen Veredelungsregionen eine sehr hohe Dichte an Großvieh, Maisanbau und Biogasanlagen. Dies ist jedoch nicht Ergebnis der Biogasförderung und erst Recht kein deutschlandweites Problem, sondern Ergebnis mangelhafter Steuerung durch die Landwirtschaft, ihre Selbstverwaltung und der Landesregierung selbst.


Die wenigen Maismonokulturen sind Ergebnis von Regionalversagen

In 364 von 413 Landkreisen in Deutschland liegt der Anteil des Maisanbaus an den Ackerflächen bei ca. 12,6 Prozent, in 175 Landkreisen sogar unter 10 Prozent. Lediglich in 15 Landkreisen liegt der Anteil bei über 50 Prozent, regelmäßig aber gepaart mit einem überdurchschnittlichen Grünlandanteil. Diese fraglos sehr dichten Maiskulturen werden jedoch ausschließlich durch die Futtermittelproduktion getrieben und nur mit einem unterdurchschnittlichen Anteil durch Energieerzeugung. Im Übrigen wird der größte Anteil der Flächen, auf denen Energiepflanzen angebaut werden für Biokraftstoffproduktion (80 Prozent) genutzt und weniger für die Biogaserzeugung (20 Prozent), so Aufgrund der besseren CO2-Bilanz wird der Anteil der Gasproduktion steigen und die klassische Biokraftstoffproduktion verdrängen, aber nicht die Futtermittelproduktion. Insgesamt werden überhaupt nur 2 Mio. Hektar von insgesamt 12 Mio. Hektar Ackerfläche für den Anbau von Energiepflanzen genutzt.


Deswegen empfiehlt der Biogasrat e.V. den Landesregierungen:

  • Über freiwillige Selbstvereinbarungen, Ordnungs- oder Raumordnungsrecht dazu beizutragen, dass die Flächennutzung in Veredelungsregionen geordnet, Maismonokulturen vermieden und Fruchtfolgen auch im Sinn des Cross Compliance eingehalten werden. Wenn der Bundesgesetzgeber dazu beitragen kann, sollte der Bundesrat ihn dazu auffordern. Es gibt keinen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen der Errichtung von Biogasanlagen und dem Anstieg des Pachtpreisniveaus, wie eine Umfrage des schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministeriums vom Sommer 2009 belegt. Auch die im Selbst in Regionen mit einer hohen Konzentration an Biogasanlagen hatten betroffene Landwirte in der Befragung in erster Linie die zunehmende Zahl großer Betriebe, hohe Viehbesatzdichten sowie den vergangenen "Boom" in der Landwirtschaft als Ursachen für den Anstieg der Pachtpreise genannt. In vielen Regionen mit hohen Pachtpreisen war zudem bereits ohne Biogas ein hohes Preisniveau gegeben, wie vorangegangene Erhebungen belegen.

Das vergangene Preishoch auf den Agrarrohstoffmärkten hat ganz klar dazu beigetragen, dass viele landwirtschaftliche Betriebe durch höhere Erlöse in der Lage waren, höhere Pachten zu zahlen. Dies hat einen Preisauftrieb bei Ackerflächen verursacht. Die Schuld hierfür der Biogasbranche in die Schuhe zu schieben, ist schlicht unredlich, zumal Biogasanlagenbetreiber in der Summe nur drei Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche für den Anbau von Biogaspflanzen zur Biogaserzeugung nutzen.

Allerdings sieht auch der Biogasrat e.V. falsche Weichenstellungen in der Biogasförderung, die im Zuge der geplanten Novelle des EEG 2012 beseitigt werden sollten. Das bezieht sich auch auf die fehlerhafte Ausgestaltung des Güllebonus, der einen zusätzlichen Maisanbau befördert hat, statt ihn zu verhindern. Bis dahin sollten besonders betroffene Länder Instrumente gemeinsam mit der Landwirtschaft entwickeln, mit denen sie regionale Fehlentwicklungen künftig vermeiden können. Eine Absenkung des Niveaus der Biogasförderung insgesamt - wie von Niedersachsen gefordert - würde jeden weiteren Zuwachs an Biogas- und Biomethanerzeugung verhindern.


Biogas ist nachhaltig und universell einsetzbar

Unter der Voraussetzung, dass Nutzungskonkurrenzen vermieden werden, ist Biogas einer der wenigen erneuerbaren Energieträger, der universell einsetzbar und speicherbar ist und in der bestehenden Gasnetzinfrastruktur zu jeder gewünschten Anwendung gebracht werden kann. Deswegen hat die Bundesregierung in ihrem Energieprogramm die Ziele des IKEP erneuert, nach denen neben dezentralen Anwendungen bis zum Jahr 2020 6 Milliarden m³ und bis zum Jahr 2030 10 Milliarden m³ Biomethan ins deutsche Erdgasnetz eingespeist werden sollen. Diese Ziele wurden mit Zustimmung des Bundesrates auch in der Gasnetzzugangsverordnung erneuert. Biomethan ist in der Stromerzeugung, im Wärmemarkt, als Kraftstoff und als Industriegas einsetzbar. Derzeit wird geprüft, wie Biomethan als Regelenergie zur Sicherung der Netzstabilität gegenüber den sehr volatilen Einspeisungen von Wind und Fotovoltaik eingesetzt werden kann. Erneuerbare sollen die Erneuerbaren regeln.


Forderungen an das neue EEG 2012

Im Hinblick auf die EEG-Novelle sieht der Biogasrat e.V. folgende Möglichkeiten, die jedoch sorgfältig beraten werden müssen, und die manche von Niedersachsen vorgetragene Optionen einschließen:

  • Das große Potenzial an biogenen Reststoffen zur Biogaserzeugung muss durch eine geeignete Förderstruktur gehoben werden, auch um die Bedeutung der NawaRo zu relativieren.

  • Das schafft auch Zeit für die notwendige Diversifizierung der Energiepflanzen. Neben Mais werden die Rübe und viele andere Pflanzen mit hohen Energieträgen zur Biogaserzeugung erheblich beitragen können. Feldversuche mit anderen Getreidearten, Mischkulturen - die auch einen hohen Beitrag zur Biodiversität leisten können - sind sehr erfolgsversprechend.

  • Gülle sollte weiterhin zur Biogaserzeugung eingesetzt werden, aber ohne Anreiz gleichzeitig den NawaRo-Einsatz hochzufahren.

  • Eine einsatzstoffunabhängige auskömmliche Grundvergütung zu schaffen, die die bisherige Grundvergütung und den NawaRo-Bonus umfasst, und die bei entsprechender Anwendung um den KWK-Bonus ergänzt wird. Die Vergütung der Gülle-Vergärung sollte abgekoppelt und gesondert geregelt werden. Alle anderen Boni können wegfallen.

  • Alle dezentralen Biogasanlagen mit nachgeschalteter KWK, die nicht ins Erdgasnetz einspeisen, sollten hocheffizient sein und einen überzeugenden Beitrag zur Wärmeversorgung leisten. Deswegen sollte dezentrale Wärmenetze für Ortsteile und Gewerbebetriebe errichtet werden, die durch räumlich sinnvoll platzierte Biogasanlagen versorgt werden. Neben Hofanlagen sollte es mehr kooperativ von der Landwirtschaft betriebene Biogasanlagen geben, die ein Optimum an Effizienz und Ertrag bringen.

  • Die Vergütungsstruktur des EEG für Biomethan sollte für große KWK-Anlagen in den Städten und in Industriebetrieben geöffnet werden. Biogaspolitik ist nachhaltige Energiepolitik, die der Versorgungssicherheit und dem Klimaschutz dient. Die ist aber auch ein bedeutender Beitrag zur Förderung eines positiven Strukturwandels in den ländlichen Räumen. (biogasrat)
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