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05.03.2010 | 17:42 | Erneuerbare Energien 

Umweltministerin Margit Conrad: „EEG-Novelle bedeutet Flurschaden für die energiepolitische Verlässlichkeit“

Mainz - „Die Entscheidung des Bundeskabinetts zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist ein Flurschaden für verlässliche Rahmenbedingungen, vor allem was das Vertrauen in die Erfolgsgeschichte EEG betrifft.“

Umweltministerin Margit Conrad: EEG-Novelle bedeutet Flurschaden für die energiepolitische Verlässlichkeit
Dies stellte gestern die rheinland-pfälzische Umweltministerin Margit Conrad fest. Der Erfolg der Solarenergie basiere auf einer enormen Entwicklungsleistung vieler Akteure am Markt. „Knowhow entsteht und entwickelt sich nur dort, wo ein gesicherter nationaler Markt vorhanden ist. Innovationen müssen sich bezahlt machen. Die bisherige Verlässlichkeit des EEG war ein Erfolgsrezept. Jetzt, wo das EEG Früchte trägt und sich immer mehr Exportchancen auftun, stoppt die Koalition diese Dynamik. Sie verhindert eine Energieversorgung, die unabhängig ist von Monopolen und Oligopolen und von teuren Energieimporten.“

„Niemand wird bestreiten, dass eine über die jährliche Degression nach EEG hinausgehende zusätzliche Reduzierung der Einspeisevergütung möglich ist. Aber in planbaren Schritten!“ Weiterhin kritisiert sie das faktische Aus für Freiflächenanlagen (bis auf wenige Ausnahmen) durch die beabsichtigte Streichung der Förderung von Freiflächensolaranlagen auf Ackerflächen. „Selbstverständlich müssen Solaranlagen auf den ertragreichen landwirtschaftlichen Vorrangflächen ausgeschlossen werden. Minderwertige Grenzertragsstandorte sind aber unter bestimmten Bedingungen geeignet.“

In der Solarbranche arbeiten bundesweit 58.000 Beschäftigte. „Wichtig ist, dass mit der EEG-Novelle auch Investitionen und Arbeitsplätze in der gesamten Wertschöpfungskette gefährdet werden“, so Conrad. „Dies kostet Arbeitsplätze vom Anlagenbauer über Projektentwickler bis zum Installationsbetrieb vor Ort. Und dies schwächt die Innovationskraft und den Marktauftritt deutscher Unternehmen in einem weltweiten Wachstumsmarkt, der sich – Studien zufolge – bis zum Jahr 2020 weltweit vervierfachen wird.“ Grundsätzlich positiv zu bewerten sei der Ansatz, dass Direktverbraucher begünstigt werden. Dies entlaste die EEG-Umlage und spare Infrastrukturkosten (z. B. Netze).

„Die Bundesregierung vernichtet tausende zukunftsträchtige Arbeitsplätze, insbesondere bei Herstellern und Subunternehmen“, sagte Fred Jung, Vorstand der juwi-Gruppe. „Sie schadet aber auch den Verbrauchern, denn sie zerstört mit dem Wegfall der Förderung von Ackerflächen die großen Billigmacher im Solarsegment. Strom von kleinen Dach-Anlagen wird um mehr als ein Drittel teurer vergütet als Solarstrom vom Acker. Ohne die Ackerfläche wird nicht nur wichtiges Potenzial für die kommunale Wertschöpfung verschenkt, sondern auch die große Chance, schnell mit günstigem Solarstrom die Kosten für die Verbraucher zu senken.“


Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz

Die Entscheidung des Kabinetts habe ganz konkret Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz. Conrad: „Viele Kommunen und Kreise haben mit dem Ziel „100 Prozent Erneuerbare Energien“ Energiekonzepte entwickelt, die Photovoltaik inklusive Freiflächenan-lagen beinhalten. Konkrete Planungen bestehen.“

Als Beispiel nannte sie das Donnersberger Energiekonzept, dem circa 15 geplante Freiflächenanlagen weg brechen. „Zuvor waren die Flächen auf Eignung oder auch Nutzungskonkurrenzen hin untersucht worden. Von einer „Zupflasterung“ kann daher keine Rede sein.“ Der Verzicht auf solche Flächen bedeute auch Verzicht auf Einnah-men und Wertschöpfung im ländlichen Raum. Die Biomasse aus der Landwirtschaft hat deutlich weniger Energieerträge pro Hektar als Photovoltaik. Die Photovoltaik nimmt auch bei den kommunalen Energiekonzepten und im Mix der verschiedenen regenerativen Energietechnologien im Landkreis Alzey-Worms einen zentralen Stellenwert auf dem Weg ein, mittelfristig die Stromversorgung zu 100 Prozent aus alternativen Energien zu sichern.

„In Alzey-Worms werden auf Dach- und Fassadenflächen öffentlicher Gebäude in zunehmenden Maße Photovoltaik-Anlagen eingerichtet“, sagte Landrat Ernst Walter Görisch. Die kurzfristige und erhebliche Absenkung der Einspeisevergütung macht nun vielen Gemeinden einen Strich durch ihre Kalkulationen und schränkt die Wirtschaftlichkeit ihrer Investitionen stark ein. Ebenso ist die geplante gänzliche Aufhebung der Photovoltaik-Förderung für Ackerflächen auch aus kommunaler Sicht kritisch zu bewerten. Bei der Ausweisung von Flächen im Außenbereich gingen die Kommunen ohnehin sehr sorgfältig und verantwortungsvoll vor. Ziel ist, geeignete ertragsschwache Flächen für Photovoltaik-Anlagen zu nutzen. „Es bedarf hier keiner staatlichen Sanktionen, sondern vielmehr sind die Gemeinden auf der Suche nach intelligenten Lösungen wie beispielsweise einer Ausweisung von Photovoltaik-Anlagen in Wasserschutzgebieten, wodurch die Ziele von Boden- und Wasserschutz kombiniert werden bei gleichzeitigem Ausbau der regenerativen Energiequellen“, erklärte Görisch. 

Landschaftsplaner Bernhard Gillich erläuterte: „Um den Strom, der in einem Solarpark mit 1 Hektar Größe produziert wird, alternativ zum Beispiel in einer Biogasanlage zu erzeugen, werden bis zu 25 Hektar Maisanbaufläche benötigt; Solarparks sind somit eine flächensparende regenerative Energiequelle. Durch die Errichtung von Solarparks eventuell entstehende Landnutzungskonflikte mit Landwirtschaft, Erholung, Landschaftsbild oder Naturschutz lassen sich, wie viele Beispiele in Rheinland-Pfalz zeigen, durch eine gute Standortplanung auf Ebene des Flächennutzungsplanes entschärfen. Da für die Errichtung eines Solarparks grundsätzlich die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich ist, ist gewährleistet, dass durch die Beteiligung von Behörden und der Öffentlichkeit sowie durch Entscheidungen der betroffenen Kommune die vor Ort angemessenen Belange Berücksichtigung finden. Das ist gelebte Demokratie."


Nutzung von Sonnenenergie ist Teil zukunftsfähiger Energieversorgung

Im bundesweiten Vergleich belegt Rheinland-Pfalz bei der Photovoltaik (installierte Leistung pro Einwohner) und bei der Solarwärmeerzeugung pro Dachfläche Platz drei. „Die Nutzung der Sonnenenergie zur Strom- und Wärmeversorgung ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Energieversorgung mit dem Ziel, den Anteil der Erneuerbaren Energien bis zum Jahre 2020 auf mindestens 30 Prozent des Stromverbrauchs zu steigern“, sagte Conrad.

Die Photovoltaik-Installationsleistung für das Land lag im vergangenen Jahr bei rund 110 Megawattpeak  (bis einschl. November 2009), die kumulierte installierte Leistung bei  rund Megawattpeak. Der jährliche Zubau hat sich stetig gesteigert – von unter 50.000 KW (2005) auf über 110.000 KW (2009).

„Unser Unternehmensziel ist es, den Anteil der dezentralen Stromerzeugung auf 50 Prozent des Trierer Verbrauchs zu erhöhen“, sagte Dr. Olaf Hornfeck, Vorstand der Stadtwerke Trier SWT-AöR. „Solarstrom könnte 15 bis 20 Prozent dieser Energie liefern. Aber diese Zahl erreichen wir nur, wenn wir Dachanlagen und Freilandanlagen auf Brachflächen, Ausgleichsflächen und Grünland realisieren dürfen. Es ist ein Fehler, dass bisher zulässige Standorte zukünftig nicht mehr nach EEG vergütet werden. Aus meiner Sicht sollte man von Projekt zu Projekt entscheiden, wo Ackerland als Standort für erneuerbare Energien in Frage kommt. Die Nutzung von Freiflächen als Solarstandort ist für Kommunen besonders in wirtschaftsschwachen Gebieten oft die einzige Möglichkeit, langfristig und sicher Einnahmen zu generieren.“

Der Umsatz aus der Errichtung von Photolvoltaikanlagen lag 2008 bei ca. 6,2  Milliarden Euro. Von den  58.000 Menschen, die in der solaren Branche arbeiten, gehören  bundesweit ein Drittel und in Rheinland-Pfalz  sogar ca. 60 Prozent dem Handwerk und Installationsgewerbe an. Conrad: „Gerade der Bereich der Erneuerbaren Energien generiert seit Jahren immer mehr zukunftsfähige Arbeitsplätze. Diese darf die Bundesregierung nicht gefährden.“ (PD)
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