In einem Schreiben an die EU-Kommissare Dr. Dacian
Ciolos, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Janez Potoènik, Umwelt, und Günther Oettinger, Energie, forderte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd
Sonnleitner,
Gülle müsse auch dann als Wirtschaftsdünger eingestuft werden, wenn dieser in einer landwirtschaftlichen Biogasanlage vergoren wird.
Hintergrund für den Brief des DBV-Präsidenten ist eine Auseinandersetzung zwischen der
EU-Kommission und der Bundesregierung über eine dementsprechende Regelung im deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetz als nationale Umsetzung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie. Die Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission drängt darauf, Gülle für Biogasanlagen in den Anwendungsbereich des europäischen Abfallrechts einzustufen. Dies widerspreche den Regelungen der Abfallrahmenrichtlinie, sei fachlich nicht gerechtfertigt und hätte weitreichende negative Konsequenzen, auch für den Umwelt- und
Klimaschutz, betonte Sonnleitner.
Sonnleitner hob gegenüber den EU-Kommissaren hervor, dass unabhängig von der zwischengeschalteten energetischen Nutzung der Zweck der Düngung bestehen bleibe. Die Regelung, wonach Gülle durchgehend als Wirtschaftsdünger eingestuft wird, wenn die Vorschriften des Düngerechts erfüllt sind und in einer Biogasanlage nur Gülle und landwirtschaftliche Materialien wie beispielsweise Mais vergoren werden, müsse beibehalten werden, betonte Sonnleitner.
Landwirtschaftliche Biogasanlagen würden sonst, wenn sie Gülle verwerten, als Abfallbehandlungsanlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz und dem Abfallrecht eingestuft. Dies hätte eine enorme Zunahme an unnötiger Bürokratie sowie hohe Investitionskosten zur Folge, kritisierte Sonnleitner. Es wäre absurd, so Sonnleitner, dass bei einem tierhaltenden Betrieb ohne Biogasanlage die Gülle als Dünger anfalle, sich die Gülle aber in Abfall verwandele, wenn der Betrieb eine Biogasanlage betreibe. Wenn der gleiche Betrieb später die Gärreste wiederum auf den Flächen ausbringe, handele es sich wiederum um Dünger. Das entstehende Durcheinander wäre den Landwirten nicht zu vermitteln und für die Behörden nicht mehr kontrollierbar. Betroffen wäre auch der ökologische Landbau, wo der Wirtschaftsdünger einen besonders hohen Stellenwert hat.
Die Einstufung von Gülle als Abfallstoff würde den Zielen der EU und Deutschlands zum Ausbau erneuerbarer Energien völlig zuwider laufen, so Sonnleitner. Die im EEG vorgesehene besondere Förderung der Vergärung von Gülle würde konterkariert. Im schlimmsten Fall würden deswegen wieder vermehrt Biogasanlagen ohne Güllenutzung gebaut werden und hierdurch die Nutzungskonkurrenzen weiter ansteigen, denn reine NaWaRo-Anlagen seien vom Anwendungsbereich der Abfallrahmenrichtlinie ausdrücklich ausgenommen. (dbv)