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25.11.2007 | 09:26

Weizenweltmarkt etwas bullisher

Wien/Brüssel - Die Börsen in den USA reagieren weiterhin empfindlich auf Informationen in Richtung einer möglichen Verknappung des Weizenangebots aus der kommenden Ernte 2008.

Weizen
(c) proplanta

Trockenheit in einigen Gebieten in den USA führte zu einer Stabilisierung der Weizenpreise auf dem Weltmarkt. Nach einigem Zögern - gebremst auch vom extrem starken Euro (23.11.2007: EUR 1,- entspricht USD 1,481) als Exporthemmer - schloss sich auch die Pariser MATIF ab Mitte der Woche den seit Tagen "bullisheren" Untertönen an der Chicagoer CBOT an. Dort erreichte Weizen am Mittwoch wieder einmal ein "limit up", also den maximal möglichen Kursgewinn an einem Handelstag.

Neben Spekulation bestimmen Wettermeldungen das Geschehen an den US-Börsen, erklärte die EU-Kommission am Donnerstag im Verwaltungsausschuss Getreide in Brüssel. Österreichs Weizenmarkt leidet dagegen zurzeit an einem ähnlichen Phänomen wie seine Fußball-Nationalmannschaft: Die erste Halbzeit stark begonnen, dann kontinuierlich nachgelassen und jetzt in der Pause vor der zweiten Halbzeit die Beschwörung frischen Elans und einer Steigerung zu ursprünglicher Stärke in der zweiten Halbzeit. 

Zurzeit lassen sich hierzulande kaum nennenswerte Weizenmengen bewegen, und im Windschatten der wochenlangen Lustlosigkeit der internationalen Märkte sinken die Preise Woche für Woche moderat. So gaben an der Wiener Produktenbörse diesen Mittwoch die Notierungen für Premium- und Qualitätsweizen um weitere EUR 4,- pro t und die von Mahlweizen um EUR 4,50 pro t nach. Dennoch zeigen sich Händler zuversichtlich, dass Markt und Preise nach dem Jahreswechsel neue Dynamik entfalten könnten, da sich an den Basics einer global knappen Versorgung keineswegs etwas verändert habe und sich die Stimmung wieder zum Positiven wenden könnte. Beim Brotgetreide wies das Kursbarometer in Wien vergangene Woche auch beim Mahlroggen leicht nach unten.

Österreich: Mais verliert seinen Preisvorsprung gegenüber Westeuropa
Einen deutlichen Ruck und Dämpfer für die hochgeschraubten Preisvorstellungen der Erzeuger setzte es dagegen beim Futtermais: Die Wiener Notierung brach um EUR 13,- pro t ein, womit sie praktisch auf das Niveau der Maisnotierung an der Pariser MATIF abrutschte. "Gegenüber Westeuropa ist momentan bei uns kein Aufpreis mehr am Markt durchsetzbar", kommentiert ein Marktbeteiligter.

Bisher hielt in dieser Saison ein knapp versorgter Maismarkt in der zentraleuropäischen Binnenlage - vor allem als Folge der Missernte in Ungarn - auch hier in Österreich trotz einer guten Maisernte die Preise spürbar über jenen in Westeuropa. In den vergangenen Jahren blieben sie ja wegen Mengendrucks aus Ungarn in der Regel unter der Latte der MATIF-Notierungen. Zwar drücke die ungarische Maisernte derzeit nicht auf die benachbarten Märkte, der Markt beim östlichen Nachbarn übe aber trotz Halbierung seines Maisertrages gegenüber dem Vorjahr auch keinen Sog aus, berichten Händler. Von ihrem Hoch vor der Ernte verloren mittlerweile übrigens auch die Terminkurse an der MATIF deutlich.

Auch die Zuschlagspreise für den Verkauf von ungarischem
Interventionsmais lagen diese Woche um rund EUR 10,- pro t niedriger als beim letzten Tender vor zwei Wochen: Die Kommission gab am Donnerstag 9.966 t Mais zu EUR 196,11 pro t frei. Dagegen verteuerte sich an den - wegen der GVO-Importverbote der EU hierzulande aber weniger relevanten - US-Börsen der Mais US yellow corn von USD 184,88 (EUR 124,84) pro t fob Golf am 08.11. auf USD 186,31 (EUR 125,81) pro t am 22.11., so die EU-Kommission im Verwaltungsausschuss.

Mit dem Abkühlen der europäischen Preise wurde offensichtlich auch der größte Verarbeiter in Österreich, der Stärkekonzern AGRANA, auf dem Maismarkt der Ernte 2007 aktiv. Die Wiener Börse notierte erstmalig in diesem Wirtschaftsjahr Industriemais. Mit EUR 203,- bis 206,- pro t etablierte sich der Stärkemais um EUR 2,- pro t über dem Futtermais. Allerdings sollen auch hier noch keine wirklich großen Mengen gehandelt werden, heißt es.

IGC erhöht Weizen-Ernteschätzung 2007 - plus 4% Weizenfläche 2008
Der internationale Getreiderat IGC in London erhöhte gestern,
Donnerstag, seine Schätzung der globalen Weizenerzeugung für die laufende Saison 2007/08 auf 603 Mio. t (Vormonat: 602 Mio. t).
Gegenüber 2006/07 wäre dies ein Plus von 12 Mio. t Weizen, berichtet die Fachzeitung Ernährungsdienst (ED). Eine größere Weizenerzeugung weist der IGC vor allen für Argentinien, die GUS-Staaten sowie die EU aus. Die globale Maismenge 2007/08 sieht der IGC aktuell bei 767 Mio. t (Vormonat: 766 Mio. t) nach 699 Mio. t 2006/07.

Ein höheres Aufkommen wird neben der EU für die Ukraine, Indien sowie Brasilien prognostiziert. Für das kommende Wirtschaftsjahr 2008/09 geht der IGC davon aus, dass die globale Anbaufläche für Weizen auf gut 222 Mio. ha (Vormonat: 220 Mio. ha) steigen wird. Das wäre ein Plus von 4% gegenüber 2007/08. Der Grund für den verstärkten Anbau von Weizen wird vor allem in den boomenden Preisen am Weltmarkt gesehen.

Spekulation um Weizenpreis 2008 - mittelfristig anhaltend gute, sprunghafte Preise
Die Konferenz "GlobalGrain2007" in Genf war dieser Tage Schauplatz für erste Spekulationen um den Weizenpreis der kommenden Ernte 2008: Der Chicagoer Analyst AgRessources sieht die globale Weizenproduktion 2008 auf knapp 650 Mio. t von aktuell 609 Mio. t anwachsen, weil hohe Preise Landwirte zu mehr Anbau ermutigten, so Firmenchef Dan Basse laut Berichten von Reuters. Dagegen könnte die weltweite Maisernte wegen der Ausdehnung der Weizenflächen um 1,5 bis 2% fallen. Erstmalig seit 2004 sieht er eine Chance, dass im kommenden Jahr die globale Getreideerzeugung den Bedarf wieder decken könnte.

Sollten nicht wieder Wetterextreme die Ernteaussichten verfinstern, rechnet Basse mit einem Abkühlen der europäischen Weizenpreise aus der Ernte 2008 auf rund EUR 200,- pro t. 2007/08 sind die Weizenpreise in Europa ja bekanntlich von rund EUR 180,- nach der Ernte im September kurzfristig auf die Rekordhöhe von EUR 300,- emporgeschnellt, ehe sie seither wieder auf rund EUR 220,- zurückgefallen sind. 

Basse sieht auf die Branche 2008 "bullishe, dynamische und volatile Agrarmärkte" zukommen. Aber anders als 2007/08 mit nahezu täglich linear steigenden Preisen wird man sich auf einen viel stärker in beide Richtungen ausschlagenden Markt mit größeren Preissprüngen nach oben und unten vorbereiten müssen. Dies ist zurzeit auch schon in Europa spürbar. Waren in den vergangenen Jahren Bewegungen bei Getreidenotierungen - sowohl auf Termin- als auch auf Kassamärkten - von EUR 1,- bis 2,- pro t die Regel und beschäftigten Analysten, so sind die Märkte jetzt schon mit kurzfristigen Notierungssprüngen von EUR 5,- bis 10,- oder noch mehr konfrontiert,betonen auch heimische Experten.

Mittelfristig scheint das Stimmungsbarometer den Landwirten aber
freundlich: "Die Landwirte können erwarten, dass die hohen Preise
anhalten", so Basse, denn die Zunahme des weltweiten Verbrauchs, vor allem in Südost-Asien, werde für zumindest zehn bis 20 Jahre für eine positive Grundstimmung sorgen. Produktionszuwächse würden höchstens ein neuerliches Überhitzen verhindern können. Laut Experten sieht es auch für den Ölsaatenmarkt in Zukunft nach hohen Preisen aus. Bei wachsender Nachfrage werde die Erzeugung trotz Intensivierung nicht voll nachkommen und die Märkte blieben nur knapp versorgt.

Trockenheit beflügelt aktuelle US-Weizenpreise
In der laufenden Saison habe zuletzt Trockenheit in den südlichen
Weizenanbaugebieten der USA die Notierungen an den US-Börsen wieder befestigt. Soft red winter habe sich von USD 320,29 (EUR 216,28) pro t fob Golf am 08.11. auf USD 325,19 (EUR 219,5) pro t am 22.11. verteuert. Hard red winter habe sich in diesem Zeitraum kaum verändert und kostete diesen Donnerstag USD 334,50 (EUR 225,88) pro t fob Golf, berichtete die europäische Kommission gestern im Verwaltungsausschuss. Die Ernte in Argentinien sei nur mäßig, führte die Kommission weiter aus. Aus der Ukraine seien keine Weizenexporte vor März zu erwarten, obwohl die Ernteschätzung dort von 37,5 Mio. t auf 38,5 Mio. t nach oben korrigiert wurde.

EU importiert massiv Getreide - Kommission erleichtert Import durch Zollbefreiung
Die EU-Mitgliedstaaten führen weiterhin größere Getreidemengen
ein, die zudem durch den schwachen US-Dollar noch attraktiver werden. Zwischen dem 07.11. und dem 20.11. waren es 656.000 t Mais, die zum größeren Teil nach Spanien, gefolgt von Italien, gehen.

In Deutschland wurden in diesem Zeitraum Einfuhrlizenzen für 67.000 t Mais gestellt. Weiters wurde in diesem Zeitraum der Import von 273.250 t Sorghum und 85.000 t Weizen einfacher und mittlerer Qualität beantragt. Schließlich vergab die Kommission Importlizenzen für 90.200 t Weizen hoher Qualität, die vor allem im Vereinigten Königreich und in Italien nachgefragt wurden. Im Rahmen der EU-Binnenmarktausschreibung erhielten in dieser Woche 29.849 t Weizen aus ungarischen Interventionsbeständen den Zuschlag zu einem Mindestpreis von EUR 210,52 pro t. 

Die EU-Kommission soll heute, Freitag, ihren lang angekündigten
Vorschlag vorlegen, wonach die Einfuhrzölle für Weizen und Gerste für den Rest der Saison auf null gesetzt werden sollen. Hafer soll davon ausgenommen werden, darauf bestanden Finnland und Schweden. Eine Entscheidung wird im EU-Agrarministerrat im Dezember angestrebt. Sollten die Weltmarktpreise wider Erwarten deutlich fallen, hat die Kommission eine Notbremse eingebaut. Sollte der Weltmarktpreis für eine Getreideart auf unter EUR 182,34 pro t fob fallen, wolle die Kommission wieder einen Einfuhrzoll festsetzen. 

Die Einfuhrzölle für Weizen hoher Qualität, Mais, Sorghum und
Roggen betragen zurzeit wegen der hohen Weltmarktpreise ohnehin null. Weizenimporte mittlerer und niedriger Qualität müssen im Rahmen von besonderen Kontingenten bisher mit EUR 12,- pro t verzollt werden und Futtergerste mit EUR 16,- pro t. Die Getreideeinfuhren in die EU 2007/08 summierten sich bis Mitte November auf 12,5 Mio. t und haben sich gegenüber der Vorsaison verdoppelt. Die Kommission möchte mit ihrem Vorschlag das Angebot in der EU wegen der knappen Versorgung stabilisieren.

Russland gab bei Export vor Zolleinführung kräftig Gas - Weitere Restriktion möglich
Vor der Einführung von Exportzöllen auf Weizen und Gerste gaben
die russischen Getreideexporteure noch ordentlich Gas. Die Ausfuhren überschritten im Monat Oktober erstmals in der Geschichte die Marke von 3 Mio. t. Damit fielen sie umfangreicher aus als erwartet, konstatiert das Moskauer Consulting- und Forschungszentrum für Agrarökonomie Sovecon.

Indes stellte Landwirtschaftsminister Alexej Gordejew laut seinem Ressortpressedienst am Donnerstag ab Januar oder Februar 2008 weitere Exportrestriktionen in den Raum: "Die neuen Beschränkungen für den Export von Getreide müssten laut unseren Prognosen im Jänner oder Februar 2008 eingeführt werden, sollte der Anstieg der Preise am Weltmarkt anhalten und Russlands Getreideexport auf dem derzeit hohen Niveau weitergehen." Nach der Rekordmarke vom Oktober erwartet er im November immerhin auch noch 2 Mio. t Getreideexport, obwohl in diesem Monat schon eine Exportsteuer von 10% auf Weizen und von 30% auf Gerste eingehoben wird. Im gesamten Wirtschaftsjahr stehe ein Exportpotenzial von 12 bis 13 Mio. t Getreide zur Verfügung. (pos/mö/pom)

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