Bundesverbraucherministerin Ilse
Aigner (CSU) hat zu einem Schulterschluss aufgerufen, um die massenhafte Verschwendung von Lebensmitteln deutlich einzudämmen. Damit lasse sich das Ziel der Europäischen Union erreichen, unnötige Nahrungsabfälle bis 2020 zu halbieren, sagte Aigner am Dienstag in Berlin. Landwirtschaft, Industrie, Handel und Verbraucher, aber auch Organisationen wie die Kirchen könnten einen Beitrag leisten. In Deutschland landen laut einer Studie jährlich 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, davon 6,7 Millionen aus Privathaushalten. Der Großteil wäre noch genießbar.
«Jeder kann etwas tun», sagte Aigner anlässlich einer Konferenz ihres Ministeriums zum Thema. Kantinen und Gaststätten könnten etwa mehr kleinere Portionen anbieten. In Geschäften könnte Ware, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bald abläuft, generell im Preis herabgesetzt werden. Von Schuldzuweisungen an bestimmte Akteure halte sie nichts.
Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Gerd Billen, mahnte einen Bewusstseinswandel an. «Lebensmittelverschwendung beginnt im Kopf.» Wo der Staat regulierend eingreifen sollte, müsse sich noch zeigen. Großpackungen wie riesige Popcorntüten in Kinos seien aber sicher nicht sinnvoll.
Die Präsidentin der
Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, sagte, weggeworfene Lebensmittel in Deutschland seien weltweit ein Problem. So würden knappe Anbauflächen in Entwicklungsländern für Lieferungen in Industrieländer besetzt. Eine hohe Nachfrage treibe die Preise. Dies führe in ärmeren Regionen zu Problemen, in denen Menschen bis zu drei Viertel ihres Einkommens für Nahrung ausgeben müssten.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte eine Reform der EU-Agrarsubventionen, die nicht länger Überproduktion finanzieren dürfe. Mit der Belohnung von Chemieeinsatz und industrieller Tierhaltung müsse Schluss sein. FDP-Agrarexpertin Christel Happach-Kasan regte an, bei Trockenwaren wie Nudeln, die fast unbegrenzt lagerfähig sind, einen Verzicht auf das Mindesthaltbarkeitsdatum zu prüfen. Es wird oft als Verfallsdatum verstanden, obwohl Waren länger genießbar sind. (dpa)