Letzte Ernte mit Quote: Zuckermarkt bereitet sich auf Marktreform
In wenigen Tagen steigt wieder weißer Qualm aus den Fabriken. In Deutschland beginnt die Verarbeitung der Zuckerrüben, die sogenannte Kampagne. Ladung für Ladung werden die Rübenanbauer die hellen, unscheinbaren Knollen zur Verarbeitung in die Werke bringen, mancher Landwirt mit einem mulmigen Gefühl. Ein letztes Mal regelt die europäische Zuckermarktordnung in dieser Saison die Produktion über Mengenquoten und einen Mindestpreis für die Rüben. Danach ist Schluss.
Nach der
Milchquote kippt mit der Quote für den Zucker die letzte Bastion der alten, in die Märkte unmittelbar eingreifenden EU-Agrarpolitik. 2017 öffnet sich die Zuckerbranche für den Weltmarkt. «Wir sehen Chancen, aber machen uns auch Sorgen», sagt Fred Zeller, Geschäftsführer des Verbands Süddeutscher Zuckerrübenanbauer. «Bislang haben wir Sicherheit, aber die fällt bald weg.»
Seit 1968 ist vorgegeben, wie viele Rüben die Bauern produzieren dürfen und wie viel Geld sie dafür von den Herstellern mindestens bekommen. Derzeit seien das mit Zulagen rund 30 Euro pro Tonne, sagt Zeller. Für ein Kilogramm Zucker braucht man etwa sechs bis acht Rüben. Der Verbrauch von Zucker wird mit Rüben allein aber nicht gedeckt. Die EU importiert zum Beispiel Rohrzucker aus Brasilien. Mit dem Wegfall der Quote, so die Hoffnung, könne auch innerhalb der EU mehr produziert und der Zucker-Import verringert werden.
In Zentraleuropa stehen die Chancen dafür gut. Auch wenn die Ernte in diesem Jahr eher durchschnittlich ausfallen wird, sind die Klima-Bedingungen für Zuckerrüben hier optimal. Mit dem Ende der Quote steigt aber auch die Konkurrenz der Rübenanbauer untereinander. «Es wird sowohl in Deutschland als auch im Rest von Europa Verdrängung geben», meint Zeller. Auch der zweitgrößte Zuckerproduzent in Europa, Nordzucker, rechnet damit, dass die höhere Kapazitätsauslastung einen direkten Einfluss auf Preise und Wettbewerbsdruck haben wird.
Mit mehr Konkurrenz durch Produzenten außerhalb der EU rechnet Dominik Risser, Sprecher des europäischen Branchen-Primus Südzucker, dagegen nicht. Die europäischen Produzenten kämpfen zurzeit mit niedrigen Zuckerpreisen. Diese lägen unter dem Weltmarktniveau, meint Risser. «Für Konkurrenzproduzenten ist es deshalb nicht attraktiv, nach Europa zu kommen.»
Die Sorge der Landwirte, die Produzenten könnten versuchen, die Preise zu drücken, will Risser zerstreuen. Produzenten und Anbauer seien eine «Schicksalsgemeinschaft». Beide Unternehmen haben bereits neue Verträge verhandelt. «Die meisten Abschlüsse für die neuen Zuckerrübenlieferungsverträge hat
Nordzucker mittlerweile unter Dach und Fach», sagt Unternehmenssprecherin Tanja Schneider-Diehl. Im Süden sieht es ähnlich aus.
Mit dem Ende der Quote setzen die Unternehmen außerdem auf neue Export-Möglichkeiten, die bislang nur eingeschränkt möglich waren. Nordzucker hatte dies bereits in der Vergangenheit angekündigt. Und auch Risser von
Südzucker erklärt: «Wir sehen da eine Chance auf uns zukommen.»