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22.11.2022 | 10:23 | Aktueller Rat Pflanzenschutz 

Getreide: Jetzt noch handeln?

Karlsruhe - Heute berichtet der renommierte Pflanzenschutzberater und Anbauexperte M. Kreh vom Landwirtschaftsamt Ravensburg über den Stand der Wintergerste und des Winterweizens im gesamten Landkreis Ravensburg.

Pflanzenschutz
(c) proplanta
Wintergerste:
Nahezu alle Gerstebestände haben sich in den letzten Wochen sehr stark entwickelt, Bestände von über 500 Trieben/m2 sind keine Seltenheit. Auffallend ist auch die deutliche Aufhellung der Gerste. Zunächst waren vor allem die frühgedrillten Bestände betroffen, nun ist dies aber auch bei später gesäten Beständen der Fall.

Die Ursachen dafür können vielfältig sein. Bei Aufhellungen am Vorgewende oder in Form von Fahrspuren sind Bodenverdichtungen in Kombination mit den erhöhten Niederschlagsmengen der Grund. Befindet sich die Gerstenpflanze über längere Zeit mit den Wurzeln im sauerstoffarmen und nassen Boden entsteht ein starker Stress. Solch eine Stresssituation ist auch die Ursache für Verträglichkeitsprobleme mit Herbiziden.

Achten Sie deshalb darauf, bodenschonend zu arbeiten und verschieben Sie bei schlechter Befahrbarkeit eine anstehende Maßnahme. Bodenverdichtungen bringen nicht nur enorme Ertragseinbußen mit sich, sondern sind auch nicht von heute auf morgen zu beseitigen. Merken Sie sich Stellen, an denen Ihre Gerste jetzt auffallend gelb gefärbt ist und überlegen Sie sich dazu eine Strategie um diese Verdichtungen zu lösen. Eine Möglichkeit dafür ist der Zwischenfruchtanbau nach der Gerstenernte, verwenden Sie dazu tiefwurzelnde Komponenten und achten Sie stets, insbesondere beim Mähdrusch, auf die Befahrbarkeit.

Eine weitere Ursache für die Gelbfärbung kann eine Virusinfektion sein. Die am meisten verbreiteten Viren in der Wintergerste sind das Gelbmosaikvirus und das Gelbverzwergungsvirus. Gegen das Gelbmosaikvirus sind nahezu alle Sorten resistent. In Bezug auf das Gelbverzwergungsvirus haben wir einige Proben aus dem Landkreis Ravensburg zur Untersuchung eingesendet, das Ergebnis steht noch aus.

Das Virus kann durch Blattläuse übertragen werden, haben Sie deshalb besonders die früh gesäten Bestände immer im Blick. Die Proben stammen aus Beständen die Mitte Oktober einen leichten Blattlausbefall hatten und nun typische Anzeichen für einen Virusbefall zeigen. Das Ergebnis werden wir Ihnen, wenn möglich im nächsten Warndienst mitteilen.

Gegen die aktuellen Aufhellungen gibt es im Moment keine sinnvolle pflanzenbauliche Maßnahme. Zeitweise Stressphasen verwachsen sich bei den Gersten auch meist sehr zügig zu Vegetationsbeginn und haben kaum Auswirkungen auf den Ertrag.

Praxistipps: Gegen die Ackerfuchsschwanz Problematik in der Wintergerste kann jetzt noch eine Maßnahme mit Axial 50 (0,9 Liter/ha) vorgenommen werden. Niedrige Temperaturen erhöhen hier die Wirkung, beachten Sie jedoch, dass in der Nacht nach der Maßnahme keine Fröste unter -6°C zu erwarten sind und das Ackerfuchsschwanzpflanzen auch wirklich sichtbar sind.

Winterweizen:
Der klare Appell des Ravensburger Experten an die Betriebe lautet: „Kontrollieren Sie Ihre Winterweizenbestände, insbesondere die Ungräser sollten vor Winter reguliert werden.“ Sollte der Winter teilweise milde Phasen mit sich bringen, so können Gräser die jetzt erst wenige Blätter haben zum Vegetationsbeginn stark bestockt sein. Gerade beim Ackerfuchsschwanz ist dann eine Bekämpfung im Frühjahr nahezu unmöglich.

Bei spät ausgesäten Beständen, nach Körnermais beispielsweise, können Herbizidmaßnahmen bis zu einer Temperatur vom -3°C vorgenommen werden. Beachten Sie jedoch, dass in der Nacht direkt nach der Spritzung keine Fröste von unter -6°C angekündigt sind. Niedrige Temperaturen können zu einer verstärkten Wirkung der Gräserwirkstoffe führen, da Ungräser bei Temperaturen um den Gefrierpunkt die Wirkstoffe nicht schnell genug entgiften.

Speziell für Ackerfuchsschwanzstandorte empfiehlt sich eine sogenannte Nikolausspritzung. Der Ackerfuchsschwanz muss jedoch aufgelaufen sein, denn die hierfür zur Verfügung stehenden Wirkstoffe werden nur über das Blatt aufgenommen. Mögliche Produkte für diese Anwendung sind entweder Axial 50 (1,2l/ha) oder ein Traxos (1,2l/ha). Traxos beinhaltet zum Wirkstoff Pinoxaden noch zusätzlich Clodinafop, dies gehört zwar zur selben Wirkstoffgruppe, doch die Kombination beider Wirkstoffe erhöht die Wirkung gegen den Ackerfuchsschwanz nachweislich.

Praxistipps: Eine mechanische Regulierung der Ungräser, mittels Striegel oder Hacke bei breitem Drillreihenabstand, bietet eine gute Ergänzung zum chemischen Pflanzenschutz und kann diesen auch teilweise voll ersetzen. Für den Erfolg der mechanischen Maßnahme ist ein entscheidender Faktor die Bodenfeuchtigkeit, welche im Verlauf der vergangenen Wochen zu hoch war. Sind die Bedingungen zu Vegetationsstart trocken, kann darüber nachgedacht werden, den Bestand zu striegeln. Dies kann einen dünnen Bestand zur Bestockung anregen.

(Informationen des Landkreis Ravensburg vom 18.11.2022)
LTZ Augustenberg
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