Die Qualitäten streuen stark, so dass die Mühlen großen Aufwand betreiben müssen, um geeignete Partien herauszufiltern. Die
Getreidepreise bleiben hoch - auch angesichts zunehmender Flächenkonkurrenz durch Energiepflanzen. Diese Prognosen gab der Verband Deutscher Mühlen e. V. (VDM) auf seiner Jahrespressekonferenz in Berlin. Ein scharfer Wettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel und im Backgewerbe erschwert auskömmliche Preise für Mahlerzeugnisse. „Mehl ist viel mehr wert, als es derzeit kostet“, sagte der VDM-Vorsitzende Hans-Christoph Erling.
Nach einem langen Winter, einem zu trockenen Frühjahr und sehr wechselhaftem Wetter in der Ernte erwartet der
VDM einen Rückgang der
Getreideernte um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr auf knapp 41 Mio. Tonnen (2010: 44,0 Mio.). Davon werden voraussichtlich auf Weizen 22,5 Mio. Tonnen (23,8 Mio.) und auf Roggen höchstens 2,5 Mio. Tonnen (2,9 Mio.) entfallen. Die Mühlen sind konfrontiert mit starken regionalen Qualitätsschwankungen, enttäuschenden Proteingehalten und sinkenden Fallzahlen. Sie werden dennoch alles daran setzen, wie gewohnt Mehle und Schrote mit besten Backeigenschaften zu liefern, sagte Erling. Nach Preishöchstständen im Wirtschaftsjahr 2010/11 erwartet der Mühlenverband eine Seitwärtsbewegung der Getreidepreise auf hohem Niveau. Allerdings finden sich die hohen Rohstoffkosten noch nicht im vollen Umfang in den Mehlpreisen wieder.
Mehlproduktion und Verbrauch in Deutschland gewachsen
Im Wirtschaftsjahr 2010/11 haben die 580 Mühlen in Deutschland 7,98 Mio. Tonnen Getreide vermahlen, ein Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum (7,90 Mio. Tonnen). Daraus haben sie 6,44 Mio. Tonnen Mahlerzeugnisse hergestellt, 5,68 Mio. Tonnen Weizen- und 758.000 Tonnen Roggenmehl. Mit 562.000 Tonnen konnten zehn Prozent der Weizenmehle im Ausland abgesetzt werden, ein Beweis für die Wertschätzung deutscher Mahlerzeugnisse.
Rund 6.000 Beschäftigte erwirtschaften in den Mühlen einen Jahresumsatz von knapp 2,5 Milliarden Euro. Auch in schwierigen Zeiten erweisen sich die deutschen Mühlen als verantwortungsvolle Arbeitgeber: „Wir haben in der Krise keine Arbeitsplätze abgebaut“, bilanzierte Erling. Handwerkliche und industrielle Mühlenbetriebe engagieren sich mit einer vorbildlichen Ausbildungsquote von fast 10 Prozent intensiv in der Ausbildung ihres Nachwuchses für die fachlich hoch qualifizierten Jobs der Branche und sorgen auch so für die Zukunft vor.
Deutsche essen wieder mehr Backwaren
Der Verbrauch von Backwaren ist im Wirtschaftsjahr 2010/11 um drei Prozent auf 84,9 Kilogramm pro Kopf und damit auf das Niveau der vergangenen zehn Jahre gestiegen, nach einem kleinen Zwischentief im Vorjahr (82,4 kg). Dies geht aus den Jahresproduktionszahlen für Backwaren auf der Grundlage von Brotgetreide-Mahlerzeugnissen im Backgewerbe und verwandten Bereichen hervor. Über 90 Prozent der Deutschen greifen täglich in den Brotkorb. „Eine mit Blick auf die Gesundheit erfreuliche Entwicklung“, kommentierte der Ernährungswissenschaftler Dr. Heiko Zentgraf von der GMF Vereinigung Getreide-, Markt- und Ernährungsforschung auf der Pressekonferenz in Berlin.
Mehlvielfalt liefert wertvolle Ballaststoffe
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) rät in ihren aktuellen Nährstoffempfehlungen für die Bevölkerung dazu, mehr Lebensmittel zu essen, die reichlich „Kohlenhydrate mit Ballaststoffen“ liefern. Dies wird ernährungsmedizinisch untermauert und konkret zur Krankheitsprävention in Bezug gesetzt. Ballaststoffe spielen eine besonders wichtige Rolle auf der Empfehlungsliste, denn davon werden deutlich zu wenig gegessen. Nach Ergebnissen der Nationalen Verzehrsstudie II des Max Rubner-Instituts sind Getreideerzeugnisse mit 41 Prozent die mit Abstand wichtigsten Ballaststoffquelle der Deutschen - vor Obst (21 %), Gemüse (16 %) und Kartoffeln (6 %).
„Das liegt u.a. mit daran, dass auch die so genannten‚ Weißmehle‘ nicht nur Stärke-Kohlenhydrate, sondern auch respektable Ballaststoffmengen liefern“, so Zentgraf. Selbst nach den sehr restriktiven EU-Richtlinien könnten alle deutschen Typenmehle als ‚Ballaststoffquelle‘ bezeichnet werden, denn sie enthielten mehr als die dafür mindestens notwendigen drei Prozent – und sind in dieser Hinsicht den meisten Obst- und Gemüsesorten deutlich überlegen. Es muss also nicht immer „Vollkorn“ sein, sondern es gilt beim Backen im privaten Haushalt die in Deutschland angebotene Mehlvielfalt zu nutzen: „Die Ballaststoffzufuhr lässt sich bereits deutlich steigern, wenn die Hälfte des Weizenmehls der Typen 405/550 gegen Weizenvollkornmehl ausgetauscht, Weizenmehl der Type 1050 eingesetzt oder anteilig Roggenmehl für herzhafte Gebäcke verwendet wird“, rät etwa der Münchner Ernährungsmediziner Professor Dr. Hans Hauner. (vdm)