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05.11.2010 | 06:35 | Weinbau  

Österreich: Experten erwarten heuer geringste Weinernte seit 13 Jahren

Wien - Die heimische Weinernte wird heuer deutlich unter 2 Mio. hl liegen, eine derart kleine Menge gab es zuletzt 1997.

Weinernte
"Ging man im August noch von einem um 14% unter dem Durchschnitt liegenden Ergebnis von 2,2 Mio. hl aus, so wurde mittlerweile diese Schätzung deutlich nach unten revidiert", berichtet Josef Pleil, Präsident des Österreichischen Weinbauverbandes. Besonders hohe Einbußen verzeichnet heuer Niederösterreich, wobei vor allem das Weinviertel fast um 25% weniger erwartet. Aber auch im Gebiet Wagram sowie dem Kamptal und der Wachau wird mit deutlich geringerer Menge gerechnet.

Der Witterungsverlauf des Jahres 2010 hat den österreichischen Winzern ihr gesamtes Know-how und Können abverlangt. Nach einem Winter, der mit Kälte und im Februar fast frühlingshaften Temperaturen spielte, begann auch der März mit eisigen Temperaturen und endete frühlingshaft. Der April hielt den Westen und Süden Österreichs trocken, in den Weinbaugebieten gab es starke Regenfälle, Hagelschauer und Überflutungen. Im Mai folgten teils viele Niederschläge, dafür wurde an Sonne gespart. Auch der Juni war eher ein holpriger Start in den Sommer. So sorgte Regen und Kälte während des Blütezeitpunktes für Befruchtungsprobleme und verbreitet schwachen Fruchtansatz. Während die Witterung bis Ende Juli relativ trocken war, prägten ab August viele Niederschläge das weitere Vegetationsjahr. Das führte zu hohem Infektionsdruck, was viel Arbeit zur Erhaltung der Traubenqualität bedeutete. Hagel spielte heuer keine so große Rolle. Die kühle und feuchte Witterung im September führte dazu, dass nicht auf eine höhere Gradation der Trauben gewartet wurde, sondern die Lese möglichst gesunder Trauben im Vordergrund stand. Auch Ende Oktober erschwerte die feuchte Witterung die Lesearbeit. 

 
Breite Qualitätsvielfalt 

"Von schlank, fruchtig und säurebetont bis zu reifen, voll ausbalancierten Weinen wird mit dem Jahrgang 2010 in Österreich alles zu finden sein. Der wegen der Traubengesundheit gewählte frühere Lesezeitpunkt ergibt moderate Alkoholgehalte, die den Trinkfluss unterstützen. Freuen kann man sich auf jeden Fall über gute fruchtige und duftige Weißweine, die mit einer pikanten Säure und vor allem einer ausgezeichneten Fruchtbrillanz ausgestattet sind. Auch bei Rotweinen wird es ein fruchtig-würziger Jahrgang", teilt die Österreich Wein Marketing (ÖWM) mit. 

 
Niederösterreich: Erntemenge weit unter dem Durchschnitt 
 
Neben dem schlechten Blütewetter war heuer in Niederösterreich auch ein schwächerer Traubenansatz festzustellen, womit die Erntemenge weit unter dem Durchschnitt liegt. Wettermäßig war Mitte September bereits die eineinhalbfache Jahresniederschlagsmenge zu verzeichnen. Das stellte hohe Ansprüche an die Weingartenarbeit. Von Vorteil war dabei, dass das sehr feuchte Wetter durch die niedrigen Temperaturen im September die Fäulnis nicht weiter gefördert hat. Und so waren Anfang Oktober die ersten Jungweine schon fertig gefüllt am Markt, die Lese für den Grünen Veltliner wurde aber erst richtig begonnen. Die gebietsweise unterschiedlichen Lesezeitpunkte lassen einen interessanten Jahrgang erwarten. 

 
Burgenland: Fruchtige, kernige Weine 
 
Im Burgenland war die Lese im Seewinkel mit Anfang Oktober weitgehend abgeschlossen, nur noch Spezialitäten wurden am Stock belassen. Auch im Mittelburgenland war Zweigelt zu diesem Zeitpunkt weitgehend geerntet, bei Blaufränkisch wurde noch zugewartet, solange es die Traubengesundheit erlaubte. Im Süden begann die Hauptlese erst Mitte Oktober, hier freut man sich auch über mehr Ertrag und weitgehend gesunde Weingärten, da sie von der Witterung dieses Jahr begünstigt waren. Die zeitgerecht gelesenen Trauben lassen heuer einen sehr fruchtigen, kernigen Jahrgang erwarten, der guten Sorten- und Gebietscharakter aufweist. Bei der Menge wird mit einem Minus von 40% gerechnet. 

 
Steiermark: Starke Regenfälle führten zu früher Lese 

In der Steiermark liegt die Erntemenge heuer etwas über dem Vorjahr, aber ebenfalls wetterbedingt unter dem Durchschnitt. Eine gute Blüte mit wenig Verrieselung sowie ein relativ trockener Sommer mit geringen Unwetterschäden ließen auf gute Menge und Qualität hoffen. Doch dann kam viel Regen: Über 400 Millimeter seit August zwangen teilweise zu schneller Ernte, um die bis dahin gute Traubengesundheit nicht zu verlieren und Einbußen durch den Fäulnisdruck in Kauf nehmen zu müssen. Somit war die Lese vielerorts bereits Mitte Oktober zu Ende. Laut Weinbaudirektor Werner Luttenberger wird man sich mit rund 170.00 hl zufriedengeben müssen. Wenn auch die Menge die Erwartungen nicht erfüllt hat - die Qualität des Jahrgangs wird durchaus positiv. Die Weine werden sich sehr frisch präsentieren, eine hervorragende Fruchtigkeit haben und ausreichend Alkohol besitzen. "Die Säure wird knackiger als in den vorigen Jahren sein", so Luttenberger. 

 
Wien: Erntemenge etwas größer als im Vorjahr

Durch gewissenhafte Weingartenarbeit wurde in Wien eine etwas größere Erntemenge als im Vorjahr erreicht, doch die Folgeschäden des großen Hagels aus dem Jahr 2009 an den Rebstöcken drücken immer noch auf den Ernteschnitt. Regional unterschiedlich waren bezirksweise die Traubenqualität und der Fäulnisdruck, so gibt es beim Regen diesseits und jenseits der Donau Unterschiede bis zu 300 mm. Auch in Wien zeigt sich heuer, welcher Betrieb seine Weingartenarbeit gut im Griff hatte. Neben leichten Weinen werden auch gehaltvolle lagerfähige zu finden sein, die sich durch ein gutes Säurerückgrat und Fruchtigkeit auszeichnen. (BMLFUW/AIZ)
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