Nach einer erneut guten Ernte in diesem Jahr brauchen sich die rd. 50 Brauereien im Land um den Hopfennachschub keine Sorge zu machen. Beim Malz aber zeichnet sich ein Versorgungsengpass ab. Denn Malz wird aus Gerste gemacht, überwiegend aus Sommergerste, die deshalb auch
Braugerste genannt wird. Die Anbaufläche für Braugerste in Rheinland-Pfalz wird aber seit Jahren kleiner und hat 2010 einen historischen Tiefststand von 42.100 Hektar erreicht. Das sind noch einmal 14 Prozent weniger als im Vorjahr, als der bisherige Tiefstwert gemessen worden war. Gegenüber der größten Anbauflächenausdehnung von 1988 beträgt der Rückgang dramatische 58 Prozent. Setzt sich die Entwicklung fort, wird Qualitätsbraugerste als heimischer Rohstoff für Bier aus Rheinland-Pfalz knapp.
Eine langjährige Analyse der
Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz zur Entwicklung von Anbauflächen, Erträgen, Marktwarenrisiko und Preisen bei Braugerste, Weizen und Raps macht deutlich, dass die eher schwache Wettbewerbsposition der Braugerste im Vergleich zu anderen Marktfrüchten die Entscheidung vieler Landwirte herbeiführt, aus dem Braugerstenanbau auszusteigen. In den 1980er und -90er Jahren noch flächenstärkste Getreideart ist die Braugerste mittlerweile auf weniger als die Hälfte der Weizenfläche abgesunken und wurde sogar schon vom früheren Exoten Raps überholt.
Anders als man vermuten könnte ist es nicht die Ausdehnung des Energiepflanzenanbaus, der für den Rückgang der Braugerstenfläche um etwa 40.000 Hektar in den letzten zehn Jahren verantwortlich gemacht werden kann. Ursache ist vielmehr, dass sich verstärkt seit 1990 die Erträge von Braugerste und Weizen deutlich zu Lasten der Braugerste auseinander entwickelt haben, was darauf zurückzuführen ist, dass es bei Weizen einen größeren Züchtungsfortschritt im Ertrag gibt als bei der Baugerste. Aber nicht nur die Ertragsdifferenz, sondern auch die gegenüber dem Weizen ungleich höheren Qualitätsanforderungen der Abnehmer schwächten die Wettbewerbsposition des Braugerstenanbaues. Wurden bei Braugerste strenge Qualitätskriterien in den letzten zehn Jahren zu einem sehr hohen Prozentsatz nicht erreicht, konnte beim Weizen insgesamt marktfähige Ware geerntet werden. Preisabschläge haben so den Ertragswert und somit die Rendite des Braugerstenanbaus im Vergleich zum Weizen massiv belastet.
Hält die Entwicklung an, geht die Landwirtschaftskammer davon aus, dass die Braugerste sich aus den Höhengebieten verabschieden wird, ohne dass es zu einer Ausweitung in der Pfalz und Rheinhessen kommt. Dann gilt die Rohstoffsicherung mit Qualitätsbraugerste zukünftig als gefährdet Damit im bisherigen Braugerstenland Rheinland-Pfalz Qualitätsbraugerste sich nicht zu einer Nischenkultur entwickelt, ist nach Auffassung der Kammer Gegensteuern erforderlich. Das aber werde nur in einer konzertierten Aktion von Züchtern, Landwirten, Handel, Mälzereien, Brauereien und den verschiedenen Vertreterverbänden möglich sein. (lwk-rlp)