Die vom Parlament beschlossene Verlängerung des GVO-Moratoriums soll laut
Bundesrat genutzt werden, um eine Regelung für diesen Bereich auszuarbeiten. Am 30. Januar 2013 hat die Landesregierung die Vernehmlassung über die gesetzgeberischen Änderungen eröffnet, die für eine Regelung der Koexistenz zwischen konventionellen und GVO-Kulturen erforderlich sind.
Der Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) im Außerhumanbereich ist seit 2003 im
Gentechnikgesetz (GTG) und in der Freisetzungsverordnung (FrSV) geregelt.
Seit der Annahme einer Volksinitiative im Jahr 2005 gilt in der Schweiz jedoch ein
Moratorium für GVO in der Landwirtschaft, welches bis Ende 2013 befristet ist. Am 12. Dezember 2012 stimmte das Parlament einer Verlängerung des GVO-Moratoriums bis Ende 2017 zu.
Das Nationale Forschungsprogramms (NFP) 59 gelangte zum Schluss, dass die heute auf dem Markt erhältlichen GVO-Sorten für die Schweizer Landwirtschaft keinen offenkundigen Vorteil gegenüber konventionellen Kulturen bieten. Indessen darf für die Zukunft die Möglichkeit des Anbaus von GVO nicht ausgeschlossen werden.
Die Verlängerung des Moratoriums soll dem Parlament die nötige Zeit verschaffen, um eine abschließende Regelung über die Verwendung von GVO in der Landwirtschaft zu erarbeiten. Denn das NFP 59 hat unter anderem aufgezeigt, dass die gegenwärtige Gesetzgebung die erforderliche Rechtssicherheit nicht gewährleistet.
Damit diese Arbeiten baldmöglichst in Angriff genommen werden können, hat der Bundesrat ein ganzes Paket von gesetzgeberischen Änderungen in die Vernehmlassung geschickt, die nach dem Auslaufen des Moratoriums die Koexistenz von konventionellen und GVO-Kulturen gewährleisten sollen. Laut GTG müssen traditionelle Kulturen vor unerwünschten Vermischungen mit GVO geschützt werden, und die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten zwischen GVO-freien und GVO-haltigen Produkten muss garantiert sein. Zudem muss die unkontrollierte Ausbreitung von GVO gemäß GTG auch weiterhin verhindert werden.
Isolationsabstände, Information und GVO-freie GebieteDas GTG wurde um einige neue Bestimmungen erweitert. Diese präzisieren insbesondere die Maßnahmen, die beim GVO-Anbau zum Schutz von herkömmlichen Kulturen getroffen werden müssen. Dazu gehören namentlich die einzuhaltenden Isolationsabstände sowie die Information der Behörden. Außerdem muss die Trennung der Warenflüsse über die gesamte Produktionskette hinweg garantiert sein.
Zum Vernehmlassungspaket gehört auch die Gentechnik-Koexistenz-Verordnung (Verordnung über Maßnahmen in der Landwirtschaft zur Koexistenz von gentechnisch veränderten Pflanzen und nicht gentechnisch veränderten Pflanzen, KoexV), die diese Bestimmungen konkretisiert.
Die neuen Bestimmungen bieten ferner die Möglichkeit, ein Gebiet als «GVO-freies Gebiet» auszuscheiden, wenn sich die Umsetzung der Koexistenzmaßnahmen schwierig gestaltet - zum Beispiel, weil die Parzellen klein oder zerstückelt sind - und dies dem Wunsch sämtlicher betroffener Produzenten entspricht. Dieselbe Maßnahme können die Kantone auch zum verbesserten Schutz von Flächen mit hohem Naturwert treffen. Damit trägt der Bundesrat der Frage nach den Kosten und Vorteilen des GVO-Anbaus in der Schweiz Rechnung.
Prüfung sicherheitsbezogener Aspekte bei der Bewilligung von GVO-Sorten
Die Koexistenzregelung legt fest, welche Maßnahmen zum Schutz konventioneller Kulturen und der Umwelt vor unerwünschten Vermischungen mit GVO zu treffen sind. Die Frage nach der Sicherheit von GVO für Mensch und Umwelt wird dabei ausgeklammert. Sie ist Gegenstand des Bewilligungsverfahrens für das Inverkehrbringen, das für jede GVO-Sorte verpflichtend ist. Im Zuge dieses seit 2003 vorgeschriebenen Verfahrens wird überprüft, dass ein GVO die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt nicht gefährdet, etwa weil er sich unkontrolliert ausbreitet, sich mit Kultur- oder Wildpflanzen auskreuzt oder Nicht-Zielorganismen schädigt. Die künftige Koexistenzregelung gilt somit ausschließlich für GVO, die als ausreichend sicher beurteilt wurden und in Verkehr gebracht werden dürfen.
Die Vernehmlassung dauert bis zum 15. Mai 2013.
Situation in der Europäischen Union 2003 hat die Europäische Kommission Leitlinien über die Koexistenz beschlossen und den Mitgliedsstaaten empfohlen, nationale Instrumente zu entwickeln. Diese Leitlinien zielen in erster Linie darauf ab, die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten zu garantieren. 2010 empfahl die Europäische Kommission den EU-Mitgliedern, eigene Koexistenzmaßnahmen zur Vermeidung des unbeabsichtigten Vorhandenseins von GVO in konventionell und biologisch angebauten Kulturpflanzen auszuarbeiten.
Gegenwärtig wird ein umstrittener neuer Vorschlag diskutiert, wonach die Mitgliedsländer die generelle Möglichkeit erhalten sollen, den GVO-Anbau auf ihrem Gebiet einzuschränken oder zu verbieten. Außerhalb der Europäischen Union verfügen nur wenige Länder über eine Koexistenzregelung. In den wichtigsten GVO-produzierenden Ländern wie die Vereinigten Staaten, Argentinien, Brasilien, Indien oder Kanada ist die Koexistenz gesetzlich nicht geregelt. (bafu)