«Integrierter Pflanzenschutz heißt, alle verfügbaren vorbeugenden, nicht-chemischen und chemischen Maßnahmen zu nutzen, um die Pflanzenbestände gesund zu erhalten, wobei die chemischen Maßnahmen auf ein notwendiges Minimum zu beschränken sind», sagte Frank Ewert, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Zentrums für Agrarlandforschung (ZALF).
Dazu gehörten die Bodenbearbeitung, erweiterte
Fruchtfolge und die Förderung von Nützlingen wie Marienkäfern, die pro Tag jeweils 100 bis 150
Blattläuse vertilgten. Es fehle bisher an der breiten Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes.
Die Widerstandskraft der Pflanzen und des Systems müsse so gestärkt werden, dass erst ganz zuletzt auf chemische Pflanzenschutzmittel zurückgegriffen werden müsse, sagte Ewert. Digitale Technologien zur Erfassung der Erreger, der erwarteten Schäden und der präzisen Behandlung unter Nutzung von Sensorik, Robotik und Künstlicher Intelligenz seien vielversprechend, fänden aber nur langsam Eingang in die Praxis.
«Die Landwirte brauchen jetzt ein starkes und konkretes Signal zur flächendeckenden Digitalisierung, gezielte Beratung und Förderprogramme zur Unterstützung des Integrierten Pflanzenschutzes und den Einsatz geeigneter Technologie durch die Politik», sagte Ewert.
Das
Bundesagrarministerium hatte Anfang Dezember Einschränkungen und Verbote zum Einsatz von
Glyphosat in Kraft gesetzt. Danach ist der Einsatz direkt vor der Ernte, in Wasserschutzgebieten, Heilquellenschutzgebieten und Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten verboten.
Es gilt auch in Naturschutzgebieten, Nationalparks und gesetzlich geschützten Biotopen sowie Grünland und Wald. Auf Acker- und Grünland, das sich nicht in solchen Schutzgebieten befindet, gelten Ausnahmeregeln, so bei «Problemunkräutern». Glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel sind laut Bundesagrarministerium mit
Übergangsfrist in der gesamten EU noch bis zum 31. Dezember 2023 zugelassen.
Aus Sicht von Ewert könnte auch der Mischfruchtanbau dazu beitragen, Unkraut und Krankheiten von Feldern fern zu halten. So sollten zwischen den Pflanzen jeweils andere Arten stehen, die für bestimmte
Erreger nicht anfällig seien und so die Ausbreitung einschränkten, sagte er.
«Forschung und Praxis sind allerdings erst am Anfang, diese Systeme zu verstehen und die richtigen Pflanzenarten und -sorten dafür bereitzustellen.» Das ZALF teste dies derzeit in einem Landschaftslabor und baue viele Arten gleichzeitig und nebeneinander auf Feldern an, um die Effekte etwa im Vergleich zu Krankheitsbefall und Wetterextremen zu untersuchen.
Pflanzen sollten so verteilt werden, dass
Wildkräuter sich nicht ausbreiten könnten, sagte der Experte. Bei Mais seien beispielsweise die Reihenabstände sehr groß und gäben Wildkräutern zu viel Raum.
Auch die mechanische
Unkrautbekämpfung - wie Striegeln oder Hacken - könne stärker eingesetzt werden, um Pflanzenschutzmittel zu reduzieren. Dies sei aber meist aufwendiger und kostspieliger als der Einsatz der Pflanzenspritze.
Erprobt werden nach seinen Angaben erste Agrarroboter für die Unkrautbekämpfung, von denen sich die Forscher Effizienzgewinne versprechen. Schnell und gezielt werde nur dort gearbeitet, wo es notwendig sei. Aus seiner Sicht gebe es Chancen für einen Umstieg, der allerdings auch mit höheren Lebensmittelpreisen und Ertragseinbußen verbunden sein werde.