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26.06.2023 | 12:18 | Schweinehaltung in der Krise 

Schweinehaltung: ISN warnt vor anhaltender Aufgabewelle

Münster/Damme - Den Schweinehaltern und insbesondere den Sauenhaltern in Deutschland läuft die Zeit davon. Trotz der inzwischen wiedererlangten Rentabilität geben weiterhin zahlreiche Betriebe aufgrund der nach wie vor fehlenden Planungssicherheit und Perspektiven auf.

Schweinehaltung in der Krise
Trotz inzwischen wiedererlangter Rentabilität geben weiterhin zahlreiche Betriebe aufgrund der nach wie vor fehlenden Planungssicherheit und Perspektiven auf. (c) proplanta
Vor diesem Hintergrund mahnte der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN), Dr. Torsten Staack, am Mittwoch (21.6.) erneut einen „echten Dialog" zwischen der Politik und der Branche an. Dabei gehe es um die konkrete Koordination mit allen Ressorts, die für den Umbau der Tierhaltung relevant seien, damit endlich wirksame und umsetzbare Lösungen für die Schweinehalter herauskommen, erklärte Staack bei einem Pressegespräch in Münster.

Der Geschäftsführer verwies auf die zahlreichen Regelungslücken. Diese machten es den Schweinehaltern derzeit nahezu unmöglich, Investitionsschritte vorzunehmen. Vor allem die Sauenhalter würden im Dunkeln gelassen. Hinzu komme, dass sich Regelungen und Förderprogramme widersprächen. Staack warnte vor einer anhaltenden „Aufgabewelle“. Die ersten Ergebnisse der Mai-Viehzählung zeigten, dass schon wieder mehr als jeder zehnte Betrieb die Schweinehaltung innerhalb nur eines Jahres aufgegeben habe. Der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes sprach von einem „großen Trauerspiel“.

Für die Landwirte sei es „hoch frustrierend“. Dies gelte insbesondere für die Schweinehalter, die sich schon auf den Weg gemacht hätten. „Wir drehen momentan zwar sehr viel Geld, haben aber auch deutlich höhere Kosten“, skizzierte Dierkes die aktuelle Marktlage. Der ISN-Vorsitzende warnte mit Hinweis auf die hohen politischen Kosten, dass es der deutschen Schweinehaltung wie der Textilindustrie gehen könnte. In Zukunft werde dann - wie heute bei den Textilien - Billigware aus dem Ausland importiert.

Hoher Spezialisierungsgrad

Staack wies darauf hin, dass die großen Sauenhalter einen hohen Spezialisierungsgrad aufwiesen. Dadurch bleibe ihnen gegebenenfalls nur der Ausstieg. Die Folgen für den nachgelagerten Bereich und die ländlichen Gebiete seien heute schon zu sehen. Der ISN-Geschäftsführer sieht aber noch Chancen für die Transformation der Schweinehaltung, allerdings nur dann, wenn unter anderem die Konstruktionsfehler beim Tierhaltungskennzeichnungsgesetz behoben werden.

Nach derzeitigem Stand beziehe sich das Labeling nur auf ein kleines Marktsegment von 10 % des in Deutschland vermarkteten Schweinefleischs. Anpassungen sind laut dem ISN-Geschäftsführer außerdem beim Bau- und Umweltrecht unumgänglich: „Die Stallumbaubremse ist nach wie vor fest angezogen, weil weitere wichtige Rechtsbereiche - wie beispielsweise das Umwelt- und Emissionsrecht - noch nicht entsprechend angepasst sind.“ Das „Puzzle passt nicht zusammen“, so das Fazit von Staack.

Rechtstreitigkeiten vorprogrammiert

Der auf Genehmigungsverfahren in der Landwirtschaft spezialisierte Prof. Jörg Oldenburg erläuterte, dass sich die Emissionen erhöhten, wenn Schweineställe aus Tierschutzgründen geöffnet würden. Der dazu enthaltene Satz in der Technischen Anleitung Luft (TA Luft) sei jedoch viel zu vage. Da seien Rechtstreitigkeiten schon vorprogrammiert, stellte Oldenburg fest. Deshalb müsse die Politik nun „klare Zahlen auf den Tisch legen". Die Landwirte brauchten endlich Klarheit. Laut Oldenburg müssen von den Sauenhaltern in den nächsten Jahren aufgrund anstehender Fristen für die Umbauten der Deckzentren und der Abferkelställe viele Entscheidungen getroffen werden. Wenn die Betriebe aber nicht wüssten, wie sie diese Investitionen finanzieren sollten, würden sie aufgeben.

Zu rasche Änderungen

Zu den Betroffenen zählt die Sauenhalterin Luisa Kruthaup. Die Ferkelerzeugerin berichtete, dass sie in ihrem Betrieb mit 450 Sauen rund 1,5 Mio. Euro investieren müsse, um die angehobenen Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu erfüllen. „Das kann ich aber nicht, wenn die Änderungen in kurzer Zeit schon wieder nicht mehr ausreichen und ich die Investition so in den Sand setze“, erklärte Kruthaup. Investieren könne sie nur, wenn die höheren Kosten zur Erzeugung eines Ferkels am Ende auch gedeckt würden.
AgE
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