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03.04.2023 | 10:48 | Imkerei in Not 

Bricht die europäische Honigproduktion zusammen?

Brüssel - Vor einem Zusammenbruch der europäischen Honigproduktion haben die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) gewarnt.

Bienenhaltung
Laut den EU-Dachverbänden befindet sich ein Großteil der Berufsimker in wirtschaftlichen Schwierigkeiten - Markt durch langjährige Verbrauchertäuschung gestört. (c) proplanta
„Ein Großteil der Berufsimker befindet sich mittlerweile in einer verzweifelten Lage“, erklärte der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Honig, Stanislav Jas, in der vergangenen Woche. Zurückzuführen sei das vor allem darauf, dass die traditionellen Marktkräfte von Angebot und Nachfrage seit Jahren durch Tricks zur Täuschung der Verbraucher ausgehebelt würden. Ermöglicht wird das laut Jas durch die unzureichenden europäischen Rechtsvorschriften für Honig.

Neben zu ungenauen Herkunftsangaben führe verfälschter Honig aus Drittstaaten zu einem Preisverfall, so dass die Verbraucher den Wert von echtem Honig nicht mehr einschätzen könnten. Nach Angaben von COPA und COGECA wird bei Honig aus Asien seit Jahren ein durchschnittlicher Wert von 1,5 Euro/kg deklariert, während die mittleren Produktionskosten in der EU den zehnfachen Wert erreichen könnten. „Wir sind nicht in der Lage, unsere Preise an das Niveau von importierten, mit Sirup verfälschten Honigen anzupassen, zumal diese von der Inflation und den natürlichen, wetterbedingten Schwankungen abgekoppelt sind“, so Jas.

Er wies daraufhin, dass der Wert der Bienenzucht für die EU nicht nur an ihrem wirtschaftlichen Gewicht gemessen werden dürfe. Darüber hinaus spielten Honigbienen eine entscheidende Rolle bei der Nahrungsmittelproduktion und beim Erhalt der Artenvielfalt. Nach Schätzungen der EU-Ausschüsse könnte der Niedergang der europäischen Erwerbsimkerei den Verlust von bis zu 5 Millionen Bienenvölkern zur Folge haben; das wäre fast ein Drittel des derzeitigen Bestandes. Angesichts der derzeitigen gesellschaftlichen Herausforderungen müsse das verhindert werden, denn andere Bestäuber konnten das nicht kompensieren.

Systematische Kontrollen

Abhilfe könnten laut Jas schnelle politische Entscheidungen der EU-Kommission schaffen. Konkret fordern die Ausschüsse eine Überarbeitung der Honigrichtlinie, wobei Schwerpunkte auf bessere Verbraucherinformationen und Rückverfolgbarkeit sowie nicht zuletzt verschärfte und systematische Kontrollen gelegt werden sollten. Ferner sprechen sich COPA und COGECA für eine schwarze Liste von Importeuren und Herstellern aus, denen der Zugang zum EU-Markt verwehrt werden sollte.

Fast jeder zweite Importhonig auffällig

Die Europäische Kommission hatte vorvergangene Woche die Ergebnisse einer Untersuchung zum Ausmaß der Verfälschung von Importhonigen mit Zuckersirup vorgestellt. Bei 147 Honigen beziehungsweise 46 % der Proben wurden Auffälligkeiten festgestellt, die auf Verstöße gegen die Vorgaben der EU-Honigrichtlinie hindeuten. Beanstandet wurden viele Honige aus China sowie der Türkei und dem Vereinigten Königreich. Die Quote war deutlich höher als bei einer vergleichbaren Aktion aus den Jahren 2015 bis 2017; damals waren 14 % der Proben als auffällig eingestuft worden.

Nach Einschätzung der EU-Behörden ist das möglicherweise auf verbesserte Analysemethoden zurückzuführen. Eine in der Vergangenheit bewährte Methode, die Isotopenuntersuchungen, habe sich nicht mehr als effektiv erwiesen. Das sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass zur Verfälschung des Honigs nicht mehr Zuckersirup aus Maisstärke oder Zuckerrohr verwendet werde, sondern stattdessen Sirup aus Reis, Weizen oder Zuckerrüben zum Einsatz komme. Laut der Generaldirektion Gesundheit (DG SANTE) ist auch deutlich geworden, dass die Handelsunternehmen mit den Produzenten kooperieren und verschiedene Techniken einsetzen, um ihre Verstöße zu verschleiern.
AgE
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