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25.02.2010 | 10:08 | Heringsnwachwuchs 

Fischerei und Klimaschwankungen entscheiden über das Schicksal der Nordsee-Heringe

Hamburg/Braunschweig - Der Hering zählt für die Nordseefischer traditionell zu den ganz wichtigen Arten.

Fischerei und Klimaschwankungen entscheiden über das Schicksal der Nordsee-Heringe
Allein im letzten Jahr landeten deutsche Fischer rund 37.500 Tonnen dieser in großen Schwärmen auftretenden Fische an. In den 90er Jahren waren es noch deutlich weniger, die Bestände galten als überfischt. Forscher des Johann Heinrich von Thünen-Instituts (vTI) in Hamburg haben jetzt herausgefunden, dass die Bestandsschwankungen offenbar wesentlich stärker als bislang vermutet auf eine Kombination aus Fischereiaktivität und klimazyklischen Veränderungen im Nordatlantik zurückzuführen sind. Ein auf Nachhaltigkeit abzielendes Fischereimanagement wird sich daran orientieren müssen.

Die Bestände des Nordseeherings hatten sich von dem niedrigen Niveau Mitte der 1990er Jahre wieder gut erholt. Seit kurzem ist jedoch ein erneuter Rückgang der geschlechtsreifen Heringe zu beobachten. Die Produktion von Fischbeständen wird generell durch zwei Prozesse bestimmt: zum einen durch die Zunahme der Biomasse aufgrund von Wachstum, zum anderen durch die Erzeugung des Nachwuchses, auch Reproduktion oder Rekrutierung genannt. Beide Prozesse werden durch Veränderungen der Umwelt beeinflusst, die natürlichen oder menschlichen Ursprungs sein können (z. B. Klima, Strömungsverhältnisse, Fischerei).

Der allmählich stärker werdende Bestandsrückgang ist offenbar durch mehrere aufeinander folgende, sehr schwache Nachwuchsjahrgänge bedingt. Obwohl die vorhandenen Elterntiere genügend Eier produzieren, wachsen diese nicht in ausreichender Stückzahl über das Larvenstadium hinaus, sodass zu wenig Heringe bis zur Geschlechtsreife gelangen. Ein internationales Forscherteam um Dr. Joachim Gröger vom vTI-Institut für Seefischerei hat jetzt mit Hilfe mathematischer Modelle gezeigt, dass der Reproduktionserfolg des Nordseeherings von dem Zusammenwirken verschiedener Klimazyklen wesentlich mitbestimmt wird. Sie untersuchten dazu Datenreihen der so genannten Nordatlantischen Oszillation (NAO) und der Atlantischen Multi-Dekadischen Oszillation (AMO) aus den letzten 50 Jahren. Bei der NAO handelt es sich um zyklische Schwankungen des Druckverhältnisses zwischen dem Islandtief im Norden und dem Azorenhoch im Süden des Nordatlantiks, der AMO-Index beschreibt die zyklischen Temperaturveränderungen der Wasseroberfläche im Nordatlantik.

Danach sind niedrige Temperaturen der Wasseroberfläche im Winter, speziell im Februar, für den geringen Überlebenserfolg der Larven über das Dottersackstadium hinaus verantwortlich, wenn gleichzeitig die Nordatlantische Oszillation sehr niedrige Werte aufweist. Dies gilt unabhängig vom Fischereidruck auf die Elterntiere. Bei hohen Werten hingegen verliert sich der Zusammenhang zwischen Temperatur und Überlebenserfolg des Nachwuchses. Da sich die Effekte mit einer Verzögerung von 3 bis 5 Jahren auswirken, ist zu vermuten, dass sie nur indirekt auf die Heringslarven Einfluss nehmen, zum Beispiel über Veränderungen der Strömungsmuster, der Winddrift und die Verfügbarkeit geeigneter Nahrung. Ein sporadisch auftretender Kannibalismus dürfte ebenfalls letztlich klimatische Ursachen haben, da über die Änderungen in den Meeresströmungen die räumliche Überlappung von älteren Heringslarven mit erwachsenen Heringen beeinflusst wird.

Ihre Ergebnisse haben Joachim Gröger und Mitarbeiter jetzt im Fachblatt „ICES Journal of Marine Science“ veröffentlicht. Sie konnten zum Beispiel statistisch nachweisen, dass der Rekrutierungseinbruch in den 1970er Jahren, anders als bisher angenommen, nicht allein durch Überfischung verursacht wurde, sondern durch eine Kombination von Klimaeinfluss und Überfischung. „Ein verantwortliches Fischereimanagement muss den Fischereidruck frühzeitig an derartige Umweltveränderungen anpassen“, folgert Gröger. „Auf diese Weise haben die Fischer die Chance, einen Bestandszusammenbruch wie in den 70er Jahren künftig verhindern zu können.“ (vTI)
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