Futtermittelfirmen müssen die Behörden bei eigenen Kontrollen von Tierfutter künftig über alle Ergebnisse informieren, beschloss das Kabinett am Mittwoch. Bisher galt dies nur beim Verdacht auf überhöhte Giftwerte. Die Meldepflicht für bedenkliche Werte soll auf Privatlabore ausgedehnt werden. Außerdem ist ein Dioxin-Frühwarnsystem mit vierteljährlichen Berichten geplant.
Bundestag und
Bundesrat müssen noch darüber entscheiden.
«Wir werden die Lebensmittelkette sicherer machen», sagte Bundesverbraucherministerin Ilse
Aigner (CSU). Mit den neuen Meldepflichten könnten die Kontrollbehörden schneller reagieren. «Diese Regelungen werden wir auch auf EU-Ebene vorantreiben.» Die schärferen Auflagen gehören zu einem Aktionsplan von Aigner.
Die Verbraucherorganisation
Foodwatch sprach von Alibi-Maßnahmen und forderte einen Test aller Futtermittelzutaten. Ein Sprecher von Aigner sagte jedoch, alle Bestandteile sollten untersucht werden.
Die Grünen im Bundestag halten den Kabinettsbeschluss für einen Tropfen auf den heißen Stein. «Das löst die Probleme nicht», sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn der dpa. Die SPD-Fraktion dringt auf eine vollständige Auflistung aller Inhaltsstoffe von Futtermitteln. Die Linksfraktion verlangte, alle Futtermitteltests offenzulegen.
Als Auslöser des Skandals gilt der Futtermittel-Unternehmer Harles und Jentzsch aus Schleswig-Holstein, der Futterfett und Industriefett gemischt hatte. Gesundheitsgefahr für Verbraucher bestand nach Expertenangaben nicht. Bundesweit waren noch 280 Höfe - meist Schweinemäster - vorsorglich gesperrt, davon 277 in Niedersachsen.
Die Ermittlungen gegen Harles und Jentzsch werden noch mehrere Wochen dauern. Die beschlagnahmten Unterlagen wie Rechnungen und Buchungsbelege seien noch nicht komplett ausgewertet, sagte Oberstaatsanwalt Ralph Döpper von der Staatsanwaltschaft Itzehoe auf Anfrage. Er wolle sich wegen des laufenden Verfahrens nicht zu Spekulationen äußern, dass bei der Produktion vorsätzlich und systematisch gepanscht worden sein könnte.
Experten der
EU-Kommission bewerteten die Arbeit der Behörden in Niedersachsen zur Aufarbeitung des Dioxin-Skandals positiv. Das Team habe keine Mängel festgestellt, teilte das
Agrarministerium in Hannover nach einer Stellungnahme der Kommission mit. Zuvor gab es Vorwürfe, bei der Aufarbeitung seien Fehler passiert.
Als nächste Vorhaben kündigte Aigner eine Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe, eine vorgeschriebene Trennung von Futterfett und Industriefett und mehr Verbraucherinformationen an. Sie fordert auch schärfere Strafen, was Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) skeptisch sieht. Aigner zeigte sich auch zuversichtlich, die geplante Liste von Futtermitteln EU-weit umzusetzen, obwohl dies zunächst auf Widerstand gestoßen war. (dpa)