Hochpathogene aviäre Influenza breitet sich in Deutschland aus - Erstmals Nutztierhaltungen in Sachsen und Brandenburg betroffen - Erster Virus-Fund in Baden-Württemberg bei Mäusebussard. (c) proplanta
Wie das Gesundheitsministerium in Potsdam am Dienstag, 29.12.20, mitteilte, wurde 2020 erstmals der hochpathogene Geflügelpesterreger vom Typ H5N8 in einer Kleinsthaltung mit gut 50 Tieren im Kreis Spree-Neiße festgestellt. „Leider ist das eingetreten, womit wir bereits gerechnet haben. Nun sind auch in Brandenburg Nutztierbestände von der Tierseuche betroffen“, erklärte die Staatssekretärin im Gesundheitsressort, Anna Heyer-Stuffer.
Im benachbarten Sachsen hat die Tierseuche ebenfalls die Nutztierhaltung erreicht. Betroffen war nach Angaben des Dresdner Sozialministeriums vom Freitag, 25.12.20, eine große Gänsehaltung nahe Grimma im Landkreis Leipzig mit rund 9.000 Elterntieren. „Es ist schon sehr herausfordernd, dass nach der Corona-Pandemie und der Afrikanischen Schweinepest (ASP) mit der Geflügelpest uns jetzt der dritte Krisenfall ereilt. Aber unsere Strukturen der Tierseuchenbekämpfung sind vorbereitet“, erklärte Sachsens Sozialministerin Petra Köpping.
Sie rief alle Tierhalter dringend auf, die erlassenen Vorschriften einzuhalten, um eine Ausbreitung der Vogelpest zu verhindern. Neben der Keulung aller Tiere im betroffenen Betrieb wurde in dessen Umkreis von 3 km beziehungsweise 10 km ein Sperr- und Beobachtungsgebiet errichtet. Dort gelten neben der Aufstallungspflicht und einem Verbringungsverbot von Geflügel sowie deren Produkte weitere umfangreiche Einschränkungen für die Geflügelhalter.
Erster Virusnachweis in Baden-Württemberg
Am Weihnachtstag wurde die hochpathogene aviäre Influenza (HPAI) erstmals auch in Baden-Württemberg festgestellt, und zwar bei einem Mäusebussard an einem Weiher bei Donaueschingen. Die Landkreise Schwarzwald-Baar-Kreis und Tuttlingen haben ab dem 28. Dezember jeweils per Allgemeinverfügung eine kreisweite Stallpflicht für alle Arten der Geflügelhaltung verfügt. Landwirtschaftsminister Peter Hauk mahnte die Geflügelhalter, „ihre Tiere bestmöglich vor einem Seucheneintrag über Wildvögel zu schützen“. Soweit möglich, sollten die Tiere aufgestallt oder unter Schutzeinrichtungen gehalten werden. Die Bürger wurden aufgerufen, verendete oder kranke wildlebende Wasservögel und Greifvögel den zuständigen Veterinärbehörden zu melden.
Norden stark betroffen
Im Norden Deutschlands ist das hochpathogene Vogelgrippe-Virus ebenfalls aktiv. Neben zahlreichen neu infizierten Wildvögeln wurde am Dienstag, 29.12.20, auch ein Ausbruch in einer Haltung mit 1.800 Gänsen im schleswig-holsteinischen Kreis Dithmarschen gemeldet. „Der aktuelle Fall zeigt, dass die Gefahr eines Viruseintrags in unsere Hausgeflügelhaltungen bei dem derzeitigen Infektionsdruck in der Umwelt nach wie vor hoch ist.
Die Lage bleibt landesweit dynamisch“, erklärte Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht und rief die Halter zur Wachsamkeit auf. Dem Kieler Agrarressort zufolge sind bundesweit neben Schleswig-Holstein Geflügelpestnachweise bei Wildvögeln in elf weiteren Bundesländern erfolgt und in vier weiteren Bundesländern Fälle von Geflügelpest bei Hausgeflügel bestätigt worden. Dazu gehörte auch Mecklenburg-Vorpommern, wo dem dortigen Landwirtschaftsministerium zufolge am Dienstag voriger Woche das für Geflügel tödliche Virus in einer privaten Hobbyhaltung mit 40 Tieren im Kreis Nordwestmecklenburg nachgewiesen wurde.
„Der vorliegende Fall zeigt noch einmal sehr deutlich, dass wir auch weiterhin überaus achtsam sein müssen bei der Geflügelpest“, erklärte Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus. Ihm zufolge ist das Seuchengeschehen im Nordosten bisher nicht so stark wie von November 2016 bis März 2017, jedoch hätten 2020 schon mehr als 100.000 Stück Geflügel wegen der Vogelgrippe gekeult werden müssen.
Gefahr für niedersächsische Putenmäster
In Niedersachsen hat es zuletzt vermehrt Fälle der aviären Influenza in Nutztierbeständen gegeben. Laut dem „TierSeuchenInformationsSystem“ (TSIS) war die hochpathogene Geflügelpest erstmals Mitte November in einem Legehennenbestand bei Aurich aufgetreten. Kurz vor dem Weihnachtsfest waren nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums in Hannover ein Mastputenbetrieb im Landkreis Oldenburg mit 13.000 Tieren sowie ein Putenerzeuger mit 17.000 Tieren im Landkreis Cloppenburg betroffen, deren Tiere getötet werden mussten. Ressortchefin Barbara Otte-Kinast stellte daraufhin den Tierseuchenkrisenfall für Niedersachsen fest. Ab dem Weihnachtsfest gab es TSIS zufolge noch fünf weitere Virusausbrüche in Putenbetrieben im Landkreis Cloppenburg. Nach Angaben des Kreises mussten dort bisher insgesamt 64.550 Puten gekeult werden.
Frankreich mit Problemen
Auch in Frankreich hat sich die Geflügelpest weiter ausgebreitet. Wie das Pariser Landwirtschaftsministerium mitteilte, waren zum Dienstag, 29.12.20, landesweit zwölf Betriebe betroffen, die alle im Südwesten des Landes angesiedelt sind. In jedem Fall seien die üblichen Maßnahmen ergriffen worden, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Seit November sind den Ressortangaben zufolge in Frankreich insgesamt 21 Ausbrüche bei Haus- und Nutztieren registriert worden.
Um den Seuchenzug zu bremsen, wurden laut Ministerium die Befugnisse der Präfekten erweitert. Demnach können jetzt gezielt präventive Keulungen in der Nachbarschaft von bestätigten Ausbrüchen angeordnet werden, und zwar für als anfällig geltende Arten in einem Umkreis von 1 km und für nicht aufgestalltes Nutzgeflügel in einem Radius von 3 km. Nach Angaben der französischen Plattform zur Überwachung der Tiergesundheit (ESA) wurden im Zeitraum vom 21. bis zum 27. Dezember in Europa insgesamt 65 neue Fälle gemeldet, von denen 48 auf Wildvögel und 16 auf Nutztiere entfielen. Seit dem 20. Oktober wurden laut ESA insgesamt 83 Ausbrüche in Betrieben bestätigt, 15 in Privathaltungen und mehr als 730 bei Wildvögeln.