Tierhaltung im Spagat zwischen Tierwohl und Emissionsreduktion
Rheda-Wiedenbrück - Die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere in Deutschland soll tier- und umweltfreundlicher werden, doch nicht immer gehen diese Ziele konform, beispielsweise beim Offenstall mit seinen Emissionen.
Für eine nachhaltigere Tierhaltung müssen viele Maßnahmen optimiert werden. Tier- und Umweltbelange sollen mehr in Einklang gebracht werden. (c) proplanta
Wie sich dies in Einklang bringen und die Tierhaltung nachhaltiger entwickelt werden kann, wurde laut Mitteilung von Tönnies kürzlich beim Workshop der Tönnies Forschung gGmbH in der Klosterpforte in Marienfeld diskutiert. Die eine Quintessenz für eine optimale Haltung gebe es nicht, stellte der Vorsitzende des Kuratoriums der Tönnies Forschung, Prof. Hans-Joachim Bätza, fest.
Stattdessen gebe es eine Fülle von Bausteinen, die es lohne zu verbessern. Bätza nannte hierbei die Futtereffizienz, optimierte Stallbedingungen, selektive Züchtung, das Gesundheitsmanagement, die emissionsarme Fütterung, Managementsysteme für Gülle und Mist, alternative Proteinquellen sowie Bildung und Schulung. Laut dem Geschäftsführer der gemeinnützigen Forschungsplattform, Dr. Gereon Schulze Althoff, kann durch Optimierung und Kombination dieser und weiterer Maßnahmen eine nachhaltige Nutztierhaltung wachsen, die sich konsequent am Tier ausrichtet und zugleich Umweltbelange berücksichtigt.
Dafür brauche es langlebige, gesunde und resiliente Nutztiere sowie ein genetisches Leistungsniveau, das dem Produktionspotenzial des verfügbaren Futters entspreche. „Alles in allem ist das nichts anderes als eine professionelle Kreislaufwirtschaft“, erläuterte Schulze Althoff.
Weniger tierische Produkte konsumieren
Prof. Friedhelm Taube von der Universität Kiel vertrat die Ansicht, dass zur Sicherung der Welternährung eine Verringerung des Konsums tierischer Lebensmittel in den reichen Ländern nötig ist. Für die deutsche und europäische Landwirtschaft bedeute dies für den Bereich Milcherzeugung, dass Milch zukünftig primär vom Grünland erzeugt werden sollte und nicht, wie aktuell zunehmend, vom Acker mit Futtermais und Konzentratfuttermitteln.
Darüber hinaus sei das Maß der Tierhaltung an die Erfüllung der Ökosystemleistungen in den Bereichen Wasserschutz, Klimaschutz und Biodiversität anzupassen. „Mit der Kombination aus Elementen des Ökolandbaus im Futterbau mit Kleegrassystemen und des integrierten Landbaus im Marktfruchtbau hin zu ‚Hybridsystemen‘ wird die Zielerreichung der europäischen Farm-to-Fork-Strategie bei gleichzeitig hohem Produktionsniveau gewährleistet“, so der Wissenschaftler. Dies sei durch Politik und Handel zu unterstützen.
Prämien für Ökosystemleistungen
Der Vorstand des Tierparks „Arche Warder“, Prof. Kai Frölich, mahnte eine Orientierung der Nahrungsmittelproduktion an die Nachhaltigkeit an. Wichtig sei hierbei eine detaillierte Bestimmung und Unterscheidung geeigneter Flächen, die entweder im Rahmen von Precision Farming intensiv oder bei weniger Ertragspotenzial in einer extensiven Landwirtschaft genutzt würden.
„Dabei müssen klein- und mittelbäuerliche Strukturen erhalten bleiben und Landwirte mit dieser Nutzungsform gezielt unterstützt werden“, betonte Frölich. Staatliche Förderinstrumente sollten nicht mehr wie bislang die Größe der Fläche berücksichtigen, sondern sich überwiegend am Ausmaß der jeweiligen Ökosystemleistungen orientieren, beispielsweise dem Konzept der Gemeinwohlprämie des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL).
Offenklimastall muss nicht stinken
Lars Broer von der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) Nord-West berichtete über Untersuchungsergebnisse, wie die Geruchsausbreitung bei Außenklimaställen begrenzt werden kann. Die Emissionen gingen vorwiegend vom Funktionsbereich des Absetzortes von Kot und Harn aus. Deshalb sollten die Buchten strukturiert sein. Der Auslauf sollte unbedingt überdacht sein und der „Toilettenbereich“ aus Spaltenboden bestehen, denn je trockener dieser sei, desto weniger Ammoniakemissionen gebe es.
Bernhard Feller von der Landwirtschaftskammer NRW wies darauf hin, dass Bestandsgebäude nicht einfach geöffnet und zum Außenklimastall umgebaut werden könnten. Die Genehmigung dafür unterliege dem Immissions- und Naturschutzrecht „und stellt damit eine wesentliche Hürde dar“, erklärte Feller. Moderne und neue Stallbaukonzepte müssten heute die Anforderungen höherer Tierwohlstandards, geringerer Umweltwirkungen und der Arbeitswirtschaft erfüllen sowie eine wirtschaftliche Haltung ermöglichen.