Missmanagement und Überkapazitäten haben demnach dramatische wirtschaftliche Verluste für die weltweite Fischereiwirtschaft nach sich gezogen. Für die vergangenen drei Jahrzehnte werden die Verluste auf knapp eineinhalb Billionen Euro geschätzt. Die Umweltstiftung
WWF forderte am Freitag ein konsequentes Umsteuern in der Fischereipolitik. Immerhin entspreche der Verlust der vergangenen Jahrzehnte etwa dem Bruttoinlandsprodukt Italiens, «und der globale Fischerei-Wahnsinn kennt nur Verlierer».
«Nachhaltige Fischerei erfordert den politischen Willen, die Anreize zum Überfischen durch Ansporn für verantwortungsbewusste Planungen zu ersetzen», sagte der bei der Weltbank für Fischerei zuständige Experte Kieran Kelleher. «Es geht nicht nur um Fische und Boote, wir brauchen eine Reform des Fischereiwesens.» So sollten laut dem Report die Zuschüsse abgebaut werden, um die enormen Überkapazitäten zu verringern. «Überfischung bedeutet weniger Fische und höhere Kosten, um diese zu fangen. Und zu viele Fischerboote, das führt dann wegen der überflüssigen Investitionen und Betriebskosten zu verringerten Gewinnen.» Dabei sei die Schätzung der jährlichen Verluste für die Fischerei noch «konservativ», weil unter anderem illegales Fischen und Freizeitfischen nicht in den Bericht mit eingegangen seien.
«Weltweit gesehen ist fast eine halbe Tonne Treibstoff nötig, um eine Tonne Fisch zu fangen», halten Weltbank und
FAO fest. «Es gibt in dem Geschäft auch keinen Gewinner», erklärt der FAO-Fischfachmann Rolf Willman. Denn die Realeinkommen der Fischer gingen zurück, ein Großteil der Industrie werfe keine Gewinne ab, die Fischbestände seien erschöpft und andere Industriezweige zahlten die Rechnung dafür. Der Bericht verlangt zum einen, die Produktivität und die Rentabilität durch weniger Fischerei zu erhöhen. Die Fischbestände wieder aufzubauen, führe zu niedrigeren Kosten für die Fischerei und zu einer nachhaltigeren Fischwirtschaft.
«Die Ozeane werden leergefischt, der Lebensraum Meer wird zerstört», kommentierte der WWF-Meeresexperte Stephan Lutter die neuen Zahlen. «Eine Milliarde Menschen bangen um ihre wichtigste Nahrungsquelle, 77 Prozent der globalen Fischbestände gelten als bis an ihre Grenzen befischt oder überfischt.» Sollte diese Ausbeutung nicht gestoppt werden, könnten die Meere im Jahr 2050 leergefischt sein. Das «kranke System» müsse generalüberholt werden. Weite Teile der Fischindustrie «überleben nur noch, weil die Politik sie Jahr für Jahr mit über 22 Milliarden Euro Steuergeldern am Leben hält.» (dpa)