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19.12.2022 | 10:09 | Wolfsmanagement 
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Debatte um Wölfe in Sachsen

Dresden - Abschuss oder strenger Schutz: Die Meinungen über den richtigen Umgang mit dem Wolf in Sachsen gehen im Landtag weit auseinander.

Problemwolf
Wer hat Angst vorm bösen Wolf? Wenn der Isegrim auf der Tagesordnung des Landtages steht, wird es oft emotional. Schließlich ist der Wolf ein Dauerthema in Sachsen. Eine neuerliche Debatte fiel dagegen eher nüchtern aus. (c) proplanta
Während sich Vertreter von CDU und AfD am Freitag bei einer Debatte über Wölfe für eine Anpassung ihres Schutzstatus' und eine Regulierung der Bestände aussprachen, forderten Linke und Grüne einen besseren Herdenschutz. SPD-Politiker Volkmar Winkler sah zwar beim Status als streng geschütztes Tier keinen Handlungsbedarf, stimmte aber auch einer Reduzierung der Population zu.

Agrar- und Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) räumte zunächst mit Vorurteilen auf und reihte die Debatte in einen größeren Zusammenhang ein. «Niemand siedelt aktiv irgendwo Wölfe an, das sind Prozesse der Natur.» Da komme es auch zu Konflikten. Der Mensch sei bis heute sehr erfolgreich gewesen, Tiere auszurotten.

«Wir stecken in einer ganz fundamentalen Biodiversitätskrise.» Es gebe viele Tiere, die Konflikte verursachen. Und dennoch müsse man etwa mit Biber, Kormoran und Krähe zusammenleben und schauen, wo die realen Probleme sind.

Die Rückkehr des Wolfes sei nicht nur ein Problem, sondern bringe dem Wald auch Vorteile, betonte Günter. Da Wölfe Wild jage, würden die Schäden durch Verbiss junger Pflanzen zurückgehen, der Wald könne sich besser verjüngen. Zudem seien auch die Wildbestände gesünder, weil der Wolf sich schwache und kranke Tiere hole.

Günther ging auch auf Ängste vor Wolfsangriffen ein. Der Mensch gehöre nicht zum Beuteschema des Wolfes, seit seiner Rückkehr Ende der 1990er Jahre habe es nullkommanull Angriffe gegeben. Umgekehrt sei das anders.

Günther listete für diesen Zeitraum 161 Totfunde an Wölfen in Sachsen auf. 109 Tiere seien Verkehrsunfällen zum Opfer gefallen, bei 24 habe man eine natürliche Todesursache festgestellt, in 14 Fällen seien die Tiere illegal getötet wurden, der Rest bleibe unklar. «Das Abschießen findet bereits statt», konstatierte Günther ernüchtert. Wenn es zu Problemen komme, könnten Wölfe auch heute schon legal geschossen werden.

Bei der Weidehaltung seien die Probleme mit dem Wolf dagegen klar, sagte der Minister. Man dürfe die Halter von Nutztieren nicht allein lassen. Sachsen unterstützte den Schutz der Herden und den Verlust durch Risse zu 100 Prozent. Für das zu Ende gehende Jahr bilanzierte Günther 208 Übergriffe auf Nutztiere. In nur der Hälfte aller Fälle habe es einen Mindestschutz für die betroffene Herde gegeben.

Auch zuvor hatten Abgeordnete das Für und Wider beleuchtet. Der Wolf sei zwar eine Erfolgsgeschichte des Artenschutzes, man brauche aber nun eine Anpassung, sagte etwa der CDU-Abgeordnete Georg-Ludwig von Breitenbuch. Verzweiflung und Frustration bei den Landwirten seien groß. Es gehe darum, «eine Mitte zu finden».

René Hein (AfD) hielt die Ausbreitung des Wolfes für ein politisches Versagen. Die durch ihn verursachten Schäden hätten ein vertretbares Maß bei weitem überschritten, die Lebensqualität im ländlichen Raum sei eingeschränkt. Auffällige Wölfe können zwar entnommen werden, aber bisher sei das nicht erfolgt. Man brauche die Ausweisung von Kernzonen für den Wolf und einen Bejagungsplan mit Abschusszahlen.

Linken-Politiker Marco Böhme sah hingegen noch viel Platz für den Wolf in Sachsen und ganz Deutschland. Für eine Bejagung fehle die wissenschaftliche Grundlage. Mit vorbildlichem Herdenschutz könne man Übergriffe verhindern. Wo er nicht funktioniere, würden Wölfe erkennen, dass Nutztiere eine leichte Beute sind.

Volkmar Zschocke von den Grünen mahnte eine sachliche Debatte an und warnte vor Schuldzuweisungen. Populismus helfe den Weidetierhaltern nicht weiter. Die Rechnung «weniger Wölfe gleich weniger Schäden» sei falsch. Man könne nicht mit mehr Abschüssen mehr Sicherheit erzielen. Allein der Herdenschutz sei der einzige Weg zur Lösung des Problems.
dpa/sn
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Kommentare 
maximilian schrieb am 19.12.2022 17:17 Uhrzustimmen(8) widersprechen(36)
Der Tierhalter ist nach der Tierschutznutztierhaltungsverordnung verpflichtet, seine Tiere soweit möglich vor Beutegreifern zu schützen.
Darunter fällt die Pflege und der Erhalt der Schutzzäune, das Futter für die Schutzhunde und die Tierarztkosten.
Landwirtschaftliche Tierhaltung ist nicht das Maß aller Dinge.
maximilian schrieb am 19.12.2022 17:10 Uhrzustimmen(9) widersprechen(18)
Krankes und schwaches Wild ist nicht als Lebensmittel verkehrsfähig. Der Jäger wird sich gern in seiner Hegepflicht vom Wolf helfen lassen.
waldläufer schrieb am 19.12.2022 16:03 Uhrzustimmen(25) widersprechen(6)
Zu Abschnitt 2) da möchte ich Herrn Günther gerne zustimmen; es werden sich auch noch andere Tierarten wie bereits jetzt schon der Elch auf den Weg machen. Sie folgen wie die Wölfe alten Fernwechseln oder erkunden ganz einfach neue Lenebsräume. Frage : warum gesteht man z.B. dem Rotwild nicht auch die freie Verbreitung in Deutschland zu ? Warum gibt es sog. rotwildfreie Gebiete, in denen sich diese Wildart nicht ansiedeln darf ?
zu Abs. 3) : das ist eine interessante Aussage. Frage an die Fischwirte und Berufsfischer, was sie von der über Jahre durch Schonung entstandenen Kormoran- Population halten ? Zu den Krähen gibt es leider viele negative Beispiele, in denen durch Krach und Vollkackerei ganze Straßenzüge beeinträchtigt werden... Und früher oder später wird es irgendwo auch Probleme mit dem Biber geben, wenn Starkregen zu Überschwemmungen führt, weil der Wasserab fluß durch Biberburgen verhindert wird...
zu 4) jeder Jäger ist bestrebt, krankes und schwaches Wild vorrangig zur Strecke zu bringen; dafür brauchen wir in unserer Umwelt nicht überhöhte Wolfsbestände.
zu 6) : der Abschuß von Problemwölfen bleibt in jeder Hinsicht ein Problem. Erst recht dann, wenn wie in Niedersachsen jetzt eine Woche vorher bekannt gegeben wird, wo ein Wolf erlegt werden darf. Ich frage mich ohnehin, wie man einen bestimmten Wolf erkennen will; der Gen- Nachweis steht nicht auf dem Fell drauf...
zu 7) : wird lediglich das reine Material für Zäune erstattet ? Werden auch die Arbeitsstunden erstattet, die durch den Mehraufwand des Auf- und Abbaus der Zäune entstehen ? Wird auch das Hundefutter für die Hütehunde erstattet ? Werden die Tierarztkosten für die Hütehunde erstattet ? Wird die nötige zusätzliche Transportkapazität für Material erstattet usw. usw. Erst dann könnte man von einer 100-prozentigen Unterstützung sprechen. Wenn der Staat überhöhte Wolfsbestände haben möchte, dann muß er für sämtliche Kosten im Zusammenhang damit aufkommen. Dieses in einer Zeit, in der viel Geld an anderer Stelle dringender benötigt wird.
zu 11) : es ist mir schleihaft, wie sich Herr Zschocke zu der Äußerung versteigern kann, daß weniger Wölfe weniger Schäden bedeuten würde. Frage : wieviel Schäden hatten wir denn, als der Wolf noch nicht wieder im Lande war ? Nullkommanull ! Weiterdenken kann helfen !
Mein Fazit : es muß endlich ein Management her und das nicht nur für einzelne Länder mit dem dann üblichen Flickenteppich sondern für den gesamten Staat. Mit Obergrenzen der Populationsdichte und ohne den Wolf wieder auszurotten. Es werden ohnehin laufend weitere Wölfe aus Polen nachrücken.
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